Trauma-Expertin: Opfer der Amokfahrt von Trier durch Prozess psychisch extrem belastet

Die Opfer der Amokfahrt in Trier vom 1. Dezember 2020 finden nach Aussage der Trauma-Expertin Sybille Jatzko knapp ein Jahr nach der Tat noch keine Ruhe. Das liege aktuell auch an dem belastenden Gerichtsprozess. Vor allem das Verhalten des Angeklagten mache vielen zu schaffen.
Knapp ein Jahr nach der schrecklichen Amokfahrt in Trier, können die Opfer und Hinterbliebenen weiter nicht zur Ruhe kommen. Symbolfoto: picture alliance/dpa | Harald Tittel
Knapp ein Jahr nach der schrecklichen Amokfahrt in Trier, können die Opfer und Hinterbliebenen weiter nicht zur Ruhe kommen. Symbolfoto: picture alliance/dpa | Harald Tittel

Bald ist es ein Jahr her, dass in Trier bei einer Amokfahrt fünf Menschen getötet und Dutzende verletzt wurden. Ein Mann war mit seinem Geländewagen durch die Trierer Fußgängerzone gerast und hatte dabei gezielt Menschen angefahren. Als mutmaßlicher Täter steht seit dem 19. August ein 52-Jähriger vor dem Landgericht Trier. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten fünffachen Mord und versuchten Mord in 18 weiteren Fällen vor.

Trauma-Expertin: Opfer der Amokfahrt von Trier kommen nicht zur Ruhe

Die Tat lässt Opfer bis heute nicht los, sagt die Trauma-Expertin Sybille Jatzko. Es sei vor allem der derzeit vor dem Landgericht Trier laufende Prozess gegen den mutmaßlichen Amokfahrer, der „sehr viel Wut und sehr viel Ärger“ auslöse, so Jatzko gegenüber Deutschen Presse-Agentur am Sonntag.

Verhalten des Angeklagten belastet Opfer besonders

Besonders das Verhalten des angeklagten 52-Jährigen mache den Opfern zu schaffen, da dieser keine Angaben mache und keinerlei Anzeichen von Reue zeige. „Die ganze Zeit ist sehr belastend und lässt die Menschen nicht zur Ruhe kommen“, erklärt Jatzko weiter. Sie begleitet mit ihrer Stiftung „Katastrophen Nachsorge“ Angehörige, Betroffene und Traumatisierte in Trier begleitet.

Nach Einschätzung von Jatzko könne es für viele Betroffene bald besonders belastend werden. Nämlich dann, wenn die demnächst die schreckliche Tat als Augenzeug:innen vor Gericht beschreiben müssen. „Es kann bei einigen dann zur Reaktivierung der traumatischen Symptome kommen: Das heißt Bilder, die durch die Traumatisierung separat abgespeichert wurden, kommen wieder hoch“, so Jatzko. Traumahelfer:innen müssten den Betroffenen dann gezielt zur Seite stehen.

Gedenkveranstaltung am Jahrestag wichtig für „Schicksalsgemeinschaft“

Laut Jatzko ist die Gedenkveranstaltung am Jahrestag der Trierer Amokfahrt sehr wichtig. Opfer und Hinterbliebene seien zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ geworden. Die gemeinsame Teilnahme an der Gedenkveranstaltung stütze und verbinde sie. „Das bedeutet ein Aufgehobensein, ein Sich-nicht-so-alleine-Fühlen und den Schmerz teilen“, erklärt die Trauma-Expertin. Der Gedenktag sei unter diesem Hintergrund für alle in der Stadt Trier wichtig.

Jatzko geht davon aus, dass nach dem Prozess endlich „mehr Ruhe in die Schicksalsgemeinschaft“ einkehren werde. „Dann kann man sich auch mehr fokussieren auf Hilfen, die dann noch nötig sind“. Aktuell ist der Prozess noch bis Ende des Januars 2022 terminiert. Ob es dann zu einem rechtskräftigen Abschluss kommt, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur