Der Schock sitzt tief am Tag nach dem tödlichen Familiendrama in Beckingen-Haustadt. „Warum hat der Mann zur Waffe gegriffen?“, fragen sich viele betroffen. Dass der 64-jährige Vater, im Ort durch sein langjähriges kommunalpolitisches Engagement bekannt und verwurzelt, am Neujahrstag seinen 29 Jahre alten Sohn erschossen haben soll, ist für viele, die den mutmaßlichen Täter gekannt haben, schlicht unvorstellbar.
Er wird von Menschen, die ihn kennen, gegenüber der SZ als umgänglich und ruhig charakterisiert. Der Mann galt nach übereinstimmenden Schilderungen als Gemütsmensch, den nichts so schnell aus der Ruhe bringen konnte.
Neben dem an Neujahr getöteten Sohn hat der 64-jährige Mann eine ältere Tochter. Die Familie wird als solide, unauffällig und im Ort gut integriert beschrieben. Das Verhältnis zum Sohn war dem Vernehmen nach jedoch problematisch.
Nach dem Drama treiben viele Fragen die Menschen um: War es Notwehr? Die Angst vor seinem Sohn, der nach Aussagen von Haustadtern schwierig war? Oder sind ihm nach den Eskapaden, die sich der 29-Jährige in der Vergangenheit geleistet haben soll, die Nerven durchgegangen?
Sohn war offenbar sehr auffällig
„Ich kenne ihn als ruhigen und besonnenen Mann“, charakterisiert Haustadts Ortsvorsteher Jürgen Kredteck den Familienvater. Mehr will er nicht zu der Tragödie sagen. Beckingens Bürgermeister Thomas Collmann beschreibt den mutmaßlichen Täter mit den gleichen Attributen. „Ich kann die Sache nicht fassen. Es ist einfach nur tragisch.“ Weiter will sich der Verwaltungschef, ein ehemaliger Polizist, nicht äußern. „Ich habe nicht genug Informationen.“
Doch eines weiß er bestimmt: Der Sohn soll sehr auffällig gewesen sein, so dass seine ehemaligen Kollegen in der Vergangenheit eingreifen mussten. Collmanns Aussage bestätigt der Bericht der Landespolizei Saarbrücken: „Das Opfer galt als psychisch auffällig und gab in den vergangenen Tagen und Monaten häufig Anlass für polizeiliches Einschreiten.“
Das wurde im sozialen Umfeld der Familie ähnlich gesehen. Von Drogenproblemen ist die Rede, auch davon, dass der 29-Jährige daheim Hausverbot gehabt habe.
Vor wenigen Tagen soll der junge Mann noch wegen eines versuchten Fahrraddiebstahls in Beckingen bei der Polizei auffällig geworden sein. In sozialen Netzwerken kursierte nach dem Familiendrama ein älteres Handyvideo, in dem das spätere Opfer einen Bekannten anpöbelt und ihm heftige Gewalt androht.
Kein Haftbefehl
Nach Aussagen eines Haustadters soll der junge Mann kurz vor der Tat nahe den Häusern seiner Eltern, in denen diese Wohnungen vermietet haben, randaliert haben. „Das war nicht das erste Mal, dass er solch einen Rabatz gemacht hat“, berichtet ein Ortsansässiger der SZ. Er habe schon mal die Haustür des Mietshauses eingetreten, seine Eltern hätten diese dann reparieren lassen, berichtet der Mann weiter.
Im Ort selbst habe der junge Mann nur wenige soziale Kontakte gehabt, auch nicht unter Altersgenossen. Die genauen Umstände und der Ablauf der tödlichen Auseinandersetzung bleiben weiter im Dunkeln – ebenso wie die Frage, woher die Waffe stammte, aus der die tödliche Schüsse auf den 29-Jährigen abgegeben worden war.
Nach SZ-Informationen wird kein Haftbefehl gegen den Mann erlassen. Es lägen keine hinreichenden Haftgründe vor, heißt es. Laut Obduktion hat der Sohn drei Schussverletzungen in Bauch und Oberkörper erlitten, an denen er gestorben ist.