Neue Akten: Prozess um Tankstellen-Mord in Idar-Oberstein verlegt

Die Hauptverhandlung gegen den mutmaßlichen Todesschützen von Idar-Oberstein hat gerade erst begonnen, da gerät der Prozess bereits ins Stocken. Wegen neu aufgetauchter Akten musste die Verhandlung auf Freitag verlegt werden.
Der Prozess gegen den mutmaßlichen Todesschützen von Idar-Oberstein wurde vertagt. Foto: Boris Roessler/dpa-Bildfunk
Der Prozess gegen den mutmaßlichen Todesschützen von Idar-Oberstein wurde vertagt. Foto: Boris Roessler/dpa-Bildfunk

Vor etwa einem halben Jahr war in einer Tankstelle in Idar-Oberstein ein Mitarbeiter nach einem Streit um die Corona-Maßnahmen von einem Kunden erschossen worden. Am gestrigen Montag (21. März 2022) begann am Landgericht Bad Kreuznach der Mordprozess gegen den 50-jährigen mutmaßlichen Täter. Er soll den 20-jährigen Kassierer im September 2021 getötet haben, weil dieser ihn mehrfach auf die Maskenpflicht hingewiesen hatte, so die Anklage.

Staatsanwaltschaft legt neue Akten vor

Der Prozess geriet jedoch gleich nach der Verlesung ins Stocken. Grund war die Vorlage von neuen, umfangreichen Akten, die die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz erst am vergangenen Donnerstag vorgelegt hatte. Die Verteidigung habe von diesen jedoch erst am Montag erfahren. Auch von dem Ermittlungsverfahren, das das Landeskriminalamt (LKA) im Auftrag der Koblenzer Behörde geführt hat, sei den beiden Verteidigern zuvor nichts bekannt gewesen. Auf deren Antrag wurde der Prozess daher unterbrochen.

Verteidigung will das neue Material vor dem geplanten Geständnis sichten

Die Verteidigung soll nun Gelegenheit haben, die Lage zu bewerten und mit dem Klienten zu besprechen. Dieser sitzt zurzeit in Untersuchungshaft. Nach einer Unterredung am Mittwochabend wollen die Anwälte Alexander Klein und Axel Küster entscheiden, ob der Prozess bereits am Freitag fortgesetzt wird. Sollten nach ihrer Einschätzung neue Sachverhalte aufgetaucht sein, die Auswirkung auf eine geplante Stellungnahme haben, könnte die Verhandlung auch bis zum 31. März vertagt werden. Der Angeklagte wollte laut Klein ursprünglich bereits am Montag ein Geständnis ablegen und seine Reue ausdrücken. Streitpunkte könnten jedoch die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe sein, die die Staatsanwaltschaft dem 50-Jährigen zur Last legt.

Psychologisches Gutachten und Ermittlungen zu Querdenker-Verbindungen

Die neuen Akten umfassten rund 1.300 Seiten, so die Verteidigung nach einer ersten Prüfung während einer Sitzungsunterbrechung. Darunter befände sich auch ein 26 Seiten starkes psychologisches Gutachten über den 50-Jährigen. Inhalt soll zudem auch die mögliche Verbindung des Angeklagten zur „Querdenker“-Szene sein. Die Ermittlungen des LKA richteten sich laut Oberstaatsanwältin Nicole Frohn jedoch nicht gegen den mutmaßlichen Schützen selbst, sondern gegen Dritte. Der Maskengegner habe sich demzufolge zwar mit den Theorien von Corona-Leugner:innen befasst, sei aber nicht aktiv in einer Gruppe oder Organisation tätig gewesen.

Maskengegner habe „ein Zeichen setzen“ wollen

Der Deutsche hat die Tat bei einer Vernehmung bereits gestanden. Nach seiner Festnahme soll er laut Anklage erklärt haben, dass er sich seit langem durch die Corona-Beschränkungen belastet gefühlt und daher beschlossen habe, „ein Zeichen zu setzen“. Da er gewusst habe, dass er an die politischen Verantwortlichen für die Maskenpflicht nicht herankomme, habe er seinen Zorn gegen den Tankstellen-Mitarbeiter gerichtet, so Oberstaatsanwältin Frohn. Der Vorwurf lautet neben Mord auch auf unerlaubten Waffenbesitz.

Angeklagter im Prozess mit Mutter des Opfers und Presse konfrontiert

Den Ansturm der Presse beim Prozessauftakt habe der 50-Jährige mit verschränkten Armen, gebeugtem Kopf und geschlossenen Augen über sich ergehen lassen, so die Deutsche Presse-Agentur. Wie alle im Gerichtssaal habe er eine Maske getragen. Diese zog er im Lauf des Prozesses mit Erlaubnis der Vorsitzenden Richterin Claudia Büch-Schmitz jedoch aus. Nur wenige Meter entfernt saß bei der Eröffnung die Mutter des 20-jährigen Opfers, die in der Verhandlung als Nebenklägerin auftritt. Bis Mitte Mai sind bislang noch zwölf weitere Verhandlungstermine angesetzt.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur