Schmerzensgeld für Missbrauch: Auf Bistümer rollen hohe Zahlungen zu

Elf Jahre nach der Aufdeckung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche können Opfer ab Anfang 2021 höhere Summen beantragen. Die Bistümer bereiten sich auf Zahlungen vor. Im Saarland und in Rheinland-Pfalz wurden Hunderte Kinder und Jugendliche missbraucht.
Zwischen 1946 und 2014 soll es mehr als 3.600 Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche gegeben haben. Foto: Patrick Pleul/dpa-Bildfunk
Zwischen 1946 und 2014 soll es mehr als 3.600 Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche gegeben haben. Foto: Patrick Pleul/dpa-Bildfunk
Zwischen 1946 und 2014 soll es mehr als 3.600 Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche gegeben haben. Foto: Patrick Pleul/dpa-Bildfunk
Zwischen 1946 und 2014 soll es mehr als 3.600 Opfer sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche gegeben haben. Foto: Patrick Pleul/dpa-Bildfunk

Die katholischen Bistümer in Rheinland-Pfalz und im Saarland stellen sich nach der Neuregelung der Anerkennungszahlungen für Missbrauchsopfer auf hohe Zahlungen ein. Das Bistum Speyer zum Beispiel rechnet damit, dass sich die Höhe der Leistungen auf insgesamt drei bis vier Millionen Euro erhöhen werde, wie Sprecher Markus Herr sagte.

Opfer sollen bis zu 50.000 Euro bekommen können

Bislang wurden dort rund 482.000 Euro an 55 Betroffene gezahlt. Nach einem Beschluss der deutschen Bischöfe vom September sollen Opfer sexuellen Missbrauchs künftig auf Antrag Ausgleichszahlungen von bis zu 50.000 Euro erhalten. Anträge können ab dem 1. Januar 2021 gestellt werden.

Gremium wird über Höhe entscheiden

Die Höhe der Einmalzahlungen wird von einem unabhängigen Entscheidungsgremium individuell festgelegt: Das Gremium aus sieben Personen soll bis Ende des Jahres stehen, teilte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) in Bonn mit. Angestrebt werde eine „möglichst zeitnahe Bearbeitung“ der Anträge. Für Betroffene, die zuvor bereits Leistungen in Anerkennung des Leids erhalten haben, gebe es ein verkürztes Verfahren: „Um die Gefahr der Retraumatisierung zu minimieren“, hieß es.

Bistum Trier bewilligte bislang 105 Anträge

Seit 2010 hat das Bistum Trier, das sich auch über Teile des Saarlandes erstreckt, 105 Anträge auf „finanzielle Leistungen in Anerkennung des erlittenen Leids“ bewilligt und insgesamt 506.000 Euro (Stand September 2019) an Opfer gezahlt. Das sind im Schnitt rund 5.000 Euro pro Person. Man gehe davon aus, dass ein Teil der Betroffenen erneut einen Antrag stellen werde, sagte Sprecherin Judith Rupp. Eine Prognose zur Höhe der weiteren Zahlungen sei derzeit „reine Spekulation“, weil man nicht wisse, wie viele Anträge stellen und welche Summen zugesprochen würden.

Zahlungen kommen nicht aus Kirchensteuer

Die notwendigen Summen würden aber entsprechend „vorgehalten“ und stammten ausschließlich aus Mitteln des Bischöflichen Stuhls – also nicht aus der Kirchensteuer, teilte das Bistum Trier mit. Im Bistum Speyer kommt das Geld für Missbrauchsopfer aus dem Verkaufserlös des Bistumshauses St. Josef in Speyer, in dem zuletzt die Zentrale des Diözesan-Caritasverbandes untergebracht war. Das Haus gehöre zum Bischöflichen Stuhl, der über eigenes Vermögen verfüge.

Dem Gremium gehören keine Mitarbeiter der Kirche an

Das Bistum Mainz begrüßt die Neuregelung zur Anerkennung des Leids als „transparentes und unabhängiges Verfahren“. Das Gremium, das über die Zahlungen entscheide, werde mit Fachleuten aus Medizin, Recht, Psychologie und Pädagogik besetzt. Die Mitglieder dürften keine Mitarbeiter der katholischen Kirche sein. Das Gremium werde auch die Auszahlung der Summen anweisen: „Auf diesem Wege soll das Verfahren beschleunigt werden, was viele Betroffene angemahnt haben“, sagte Bistumssprecher Tobias Blum.

Kritik von vielen Opfern

Die Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche hatten lange auf eine Neuregelung der Zahlungen gedrängt. Vielen sind die jetzt anvisierten Summen zu niedrig. Opferverbände hatten bis zu 400.000 Euro pro Fall gefordert.

Mehr als 1.000 Beschuldigte

Im Herbst 2018 hatte die katholische Kirche die sogenannte MHG-Studie und damit Zahlen zu sexuellem Missbrauch öffentlich gemacht. Demnach sind bundesweit in den Personalakten von 1946 bis 2014 insgesamt 1.670 Kleriker wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger beschuldigt worden. Es gab 3.677 Opfer. In Rheinland-Pfalz und im Saarland wurden Hunderte Kinder und Jugendliche missbraucht.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur