„Großfamilien“-Mitglieder aus dem Saarland sollen zu „Clan-Fehde“ in NRW angereist sein – Ermittlungserfolg nach Tumulten

In Nordrhein-Westfalen hatte sich vor acht Monaten eine bundesweit beachtete Massenschlägerei zwischen zwei "Großfamilien" zugetragen. Dabei war es unter anderem zu gefährlichen Körperverletzungen und versuchten Tötungsdelikten gekommen. Einige der "Großfamilien"-Mitglieder waren laut einem Medienbericht eigens aus dem Saarland angereist, um "die Angelegenheit 'zu klären'". Jetzt soll die Mordkommission "Wartburg" Dutzenden Personen konkrete Tatbeteiligungen nachgewiesen haben.
Hier zu sehen: eine Aufnahme vom 15. Juni 2023. Polizisten stehen bei der Massenschlägerei und schirmen eine Gruppe von Personen ab. Foto: dpa-Bildfunk/Marc Gruber/7aktuell
Hier zu sehen: eine Aufnahme vom 15. Juni 2023. Polizisten stehen bei der Massenschlägerei und schirmen eine Gruppe von Personen ab. Foto: dpa-Bildfunk/Marc Gruber/7aktuell

Ermittlungen nach Massenschlägerei in NRW abgeschlossen

Acht Monate nach einer Massenschlägerei in Castrop-Rauxel/Nordrhein-Westfalen sind die Ermittlungen der Polizei abgeschlossen. Dem Innenministerium zufolge konnte man insgesamt 69 beteiligte Personen identifizieren. Allerdings habe die Mordkommission „Wartburg“ nur 32 auch eine konkrete Tat nachweisen können, hieß es aus Ermittlerkreisen. Dabei gehe es um versuchte Tötungsdelikte, den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung sowie des Landfriedensbruchs. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte am heutigen Donnerstag (22. Februar 2024): Die Ermittlungsakten seien der zuständigen Staatsanwaltschaft in Dortmund übergeben worden. Zuerst hatte die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ (kurz: WAZ) über den aktuellen Ermittlungsstand berichtet – unter dem Titel „Ermittlungserfolg nach Clan-Fehde – NRW weist 32 Verdächtigen Beteiligung an Tumulten in Castrop-Rauxel nach“.

Auseinandersetzung mit Baseballschlägern, Dachlatten und Messern

In der Ruhrgebietsstadt waren Mitte Juni 2023 zwei Gruppen aneinandergeraten. Vorangegangen war ein privater syrisch-libanesischer Familienstreit. Die Auseinandersetzung mündete im Einsatz von unter anderem Baseballschlägern, Dachlatten und Messern. Dabei erlitten sieben Menschen Verletzungen. Zunächst in Lebensgefahr schwebte ein 23 Jahre alter Syrer nach Messerstichen. Er war notoperiert worden. Die Gewaltausbrüche hatten bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und eine Diskussion um eine mögliche Fehde zwischen „Großfamilien“ im Ruhrgebiet entfacht.

„Großfamilien“-Mitglieder aus dem Saarland sollen zu „Clan-Fehde“ in NRW angereist sein

Wie aus dem Bericht der WAZ hervorgeht, waren zu dem Streit am 15. Juni 2023 „einige der Familienmitglieder“ eigens aus anderen Bundesländern angereist, um „die Angelegenheit ‚zu klären'“. So sollen unter anderem Personen aus dem Saarland, Niedersachsen, Berlin und Baden-Württemberg angereist sein. Laut WAZ war vor der Eskalation „ein anberaumtes ‚Versöhnungsgespräch'“ zwischen den „Familienoberhäuptern“ gänzlich „aus dem Ruder“ gelaufen.

Nach Tumult alles vorbei? „Falsch gedacht“

Im Gespräch mit der WAZ sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU): „Die jungen Männer, die sich im Sommer in Castrop-Rauxel die Köpfe einschlugen, haben gedacht, dass nach dem Tumult alles vorbei sei. Falsch gedacht“. Mit höchster Sorgfalt habe die Polizei Beweise gesichert – obwohl sie das Tatgeschehen anhand von Bild- und Videoaufnahmen in schlechter Qualität rekonstruieren musste. Zudem waren Beamt:innen bei den Ermittlungen auf ein „überwiegend sehr unkooperatives Verhalten“ gestoßen, so der Innenminister laut Zeitungsbericht.

Auseinandersetzung am Tag danach auch in Essen

Nach der Schlägerei in Castrop-Rauxel war es am Tag danach auch in der Innenstadt von Essen zu einer Auseinandersetzung zwischen Libanesen und Syrern gekommen. Bei dem Polizeieinsatz wurden laut Polizei vier Beamt:innen durch Pfefferspray verletzt. Die Ermittlungsverfahren gegen zwei Beschuldigte waren im Oktober 2023 eingestellt worden.

„Die Kriminalität, die aus Familienstrukturen heraus begangen wird, findet nicht immer nur als organisierte Kriminalität im Hinterzimmer statt“, hatte etwa Reul bei einer Sondersitzung des Innenausschusses im NRW-Landtag zu den Vorkommnissen gesagt. Dem Innenminister zufolge gehören ebenso spontane Gewaltausbrüche auf der Straße zum Phänomen der „Clankriminalität“.

Zum Begriff „Clankriminalität“

Der Begriff ist umstritten. Kritiker:innen sind der Ansicht, „Clankriminalität“ stigmatisiere und diskriminiere Menschen mit Migrationshintergrund alleine aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit und Herkunft.

Verwendete Quellen:
– Westdeutsche Allgemeine Zeitung
– Deutsche Presse-Agentur