Das sind die offenen Fragen im Fall der Kusel-Morde

Nahezu zweieinhalb Wochen sind seit den tödlichen Schüssen auf Yasmin B. und Alexander K. nahe Kusel vergangen. Einiges in dem Fall konnten Ermittler:innen bereits an Tageslicht bringen. Derweil sind viele Fragen noch unbeantwortet. Was Polizei und Staatsanwaltschaft klären müssen:
Beide Tatverdächtige waren in Sulzbach (hier im Bild) festgenommen worden. Foto: BeckerBredel
Beide Tatverdächtige waren in Sulzbach (hier im Bild) festgenommen worden. Foto: BeckerBredel

Im Fall der tödlichen Schüsse auf die Polizeikräfte Yasmin B. (24) und Alexander K. (29) im Landkreis Kusel gibt es, auch rund zweieinhalb Wochen nach den Morden, noch viele offenen Fragen. Vor allem gilt es, Folgendes zu beantworten:

Wer hat auf die Polizisten geschossen?

Als Tatverdächtige befinden sich momentan die Saarländer Andreas S. (38) und Florian V. (32) in Untersuchungshaft. Es besteht der Verdacht des gemeinschaftlichen Mordes sowie der Wilderei. Die Annahme der Staatsanwaltschaft: Beide Verdächtigen haben auf die Polizist:innen geschossen. Vergangenen Freitag hatte der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) mitgeteilt: Die Schüsse könnten aufgrund der „Dynamik des Geschehens“ nicht nur von einer Person stammen.

Bei der Polizei hatte V. allerdings ausgesagt, dass lediglich S. auf die Beamt:innen gefeuert habe. Der Aussage des 32-Jährigen zufolge soll ihm der ältere Tatverdächtige auch gedroht haben: „Find‘ meinen Ausweis! Sonst lege ich dich neben die zwei“, heißt es in einem Bericht des „Focus“.

Der Verteidiger des 32-Jährigen sagte zur „Bild“: An den mutmaßlichen Tatwaffen, dem Schalldämpfer, dem Zielfernrohr und den sichergestellten Patronen seien keine DNA-Spuren seines Mandanten entdeckt worden. Ergeben hätten die kriminaltechnischen Untersuchungen.

Derweil stehen die Ergebnisse einer sogenannten Schmauchspurenuntersuchung bei S. und V. noch aus, so der „SR“. Dabei geht es um Rückstände, die sich beim Abfeuern einer Waffe auf der Kleidung oder der Haut ablegen können.

Woher stammen die Tatwaffen?

Laut „SR“ ist im Saarland eine eigene Ermittlungsgruppe zum Fall der Kusel-Morde gegründet worden. Insgesamt zwölf Beamt:innen sollen die Ermittlungen unterstützen. Die Gruppe befasst sich auch mit der Frage: Woher stammen die Tatwaffen? In diesem Zusammenhang würden vor allem Informationen zum Um- und Vorfeld der Tat gesammelt sowie untersucht.

Bislang ist klar: Zum Zeitpunkt der Tat hatte der verdächtige Andreas S. weder eine Erlaubnis zum Besitz der Waffen noch einen Jagdschein, so die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern. Laut „Bild“ sei dem 38-Jährigen bereits 2008 „wegen fehlerhafter Nutzung von Schusswaffen die Zuverlässigkeit abgesprochen“ worden. Nach Verstößen gegen die sogenannte „Kirr-Ordnung“ habe S. im März 2020 auch endgültig seinen Jagdschein verloren.

Bei Durchsuchung des Wohnhauses des 38-Jährigen stellten Einsatzkräfte jedenfalls zahlreiche Waffen sicher, darunter befinden sich nach Angaben der Polizei Kurz- und Langwaffen, eine Armbrust sowie ein Repetiergewehr. Insgesamt fanden die Behörden bei Durchsuchungen in zwei Gebäuden 19 Waffen. Darunter sollen sich womöglich auch die mutmaßlichen Tatwaffen befinden. Woher also hatte Andreas S. die Waffen? Auch diese Frage ist noch offen.

Angaben des Landkreistages Saar zufolge wisse man, dass S. seine Waffen offiziell in mehreren Chargen an berechtigte Personen abgegeben hatte. Die letzte der auf ihn eingetragenen Waffen habe der 38-Jährige offiziell im Januar 2020 überschrieben, teilte die Geschäftsführerin des Landkreistages, Susanne Schwarz, mit. Allerdings sei nicht geklärt, wem die Waffen hätten überlassen werden sollen. Laut Schwarz werde das jetzt im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens überprüft.

Sind weitere Personen beteiligt?

Nach aktuellem Stand gehen die Ermittler:innen von einer gemeinsamen Tat der beiden festgenommenen Verdächtigen aus. „Derzeit liegen keine Hinweise dafür vor, dass es weitere Tatbeteiligte geben könnte“, hatte der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin vergangene Woche im Rechtsausschuss des Landtages gesagt.

Laut „SZ“ sollen die Tatverdächtigen insbesondere in Sulzbach Wild verarbeitet haben. Dazu nutzten sie dem Medienbericht zufolge eine „Wildkammer“ – diese sei auf „auf einen Dritten zugelassen“. Bei der Person handele es sich um den Mann, der kurz nach den tödlichen Schüssen einen Anruf von dem 38-Jährigen erhalten haben soll. Zu dem Zeitpunkt soll es an dem von S. genutzten Transporter zu einer Panne gekommen sein. Wie ebenso aus dem Bericht hervorgeht, habe der Dritte den Transporter abgeschleppt. Kurze Zeit später soll er sich über seine Anwältin bei der Polizei gemeldet haben. Den Mann führe die Staatsanwaltschaft nicht als Verdächtigen, sondern als Zeugen.

Vergangene Woche hatte der Südwestrundfunk („SWR“) gemeldet: „Mehrere Jäger gehen davon aus, dass es Helfer gegeben haben muss“. Der Kreisjagdmeister für den Bereich Pirmasens-Zweibrücken sagte: Dass nur zwei Menschen „in einer Nacht so viele Wildtiere schießen und waidgerecht transportfähig machen können“, halte er für unvorstellbar. Seiner Ansicht nach müssten weitere Beteiligte geholfen haben. Auch andere Jäger hätten sich dem Bericht zufolge „ähnlich“ geäußert.

Laut „SWR“ sei die Frage nach Helfern ebenso Teil der Ermittlungen der Polizei. Bislang bestünde aber die Annahme, dass in der Tatnacht S. und V. zu zweit unterwegs waren, so ein Polizeiinspekteur. Hundertprozentige Sicherheit bestehe jedoch nicht. Demnach gebe es entsprechende „kriminaltaktische und kriminaltechnische Maßnahmen“. Konkrete Fahndungsmaßnahmen nach weiteren Beteiligten soll es allerdings nicht geben.

Wie geht es jetzt weiter?

Noch sind die Ermittlungen gegen S. und V. am Laufen. Auch werden in diesem Zusammenhang die Ergebnisse des Schmauchspurentests erwartet. Sind die Ermittlungen abgeschlossen, kann es zu einer Anklage kommen. Womöglich stehen die Tatverdächtigen dann wegen zweifachen Mordes vor Gericht. Bei entsprechender Verurteilung würden den Saarländern lebenslange Freiheitsstrafen drohen.

Verwendete Quellen:
– eigene Berichte
– Deutsche Presse-Agentur
– Bild
– Saarländischer Rundfunk
– Saarbrücker Zeitung
– Südwestrundfunk