Gutachter im Mordprozess gegen Saar-Pfleger: Todesfall-Häufung „kein Hirngespinst“

Ein ehemaliger Krankenpfleger steht aktuell wegen versuchten Mordes an sechs Patient:innen vor dem Landgericht Saarbrücken. Er soll die Kranken zunächst in Lebensgefahr gebracht und sich dann als Retter aufgespielt haben. Ein Gutachter gab im Prozess nun seine Einschätzung ab.
Der Pfleger steht wegen sechsfachen versuchten Mordes vor Gericht. Archivfotos: Privat/Unsplash
Der Pfleger steht wegen sechsfachen versuchten Mordes vor Gericht. Archivfotos: Privat/Unsplash

Ein Krankenpfleger aus dem Saarland soll Schwerkranken in Kliniken nicht verordnete Medikamente verabreicht haben. Im Mordprozess sagte nun ein Gutachter und Ermittler aus. Dieser sprach von einer „auffälligen Häufung“ von Todesfällen während der Dienstzeit des Angeklagten. Wie der Rechtsmediziner Frank Ramsthaler am Dienstag (11. Januar 2022) vor dem Landgericht Saarbrücken erklärte, beweise sein statistisches Gutachten zwar nichts, „aber es zeigt, dass die Häufung zumindest kein Hirngespinst ist“.

Pfleger wegen versuchten Mordes an sechs Patient:innen angeklagt

Seit sieben Monaten steht der 30-jährige Deutsche wegen versuchten Mordes an sechs Patient:innen vor Gericht. Bei den Opfern handelt es sich um zwei Frauen im Alter von je 77 Jahren, eine 88-Jährige und drei Männer im Alter von 31, 58 und 81 Jahren. Der Pfleger war von Anfang 2015 bis Frühjahr 2016 in der SHG-Klinik in Völklingen beschäftigt. Im Frühsommer 2016 arbeitete er zudem auf der Intensivstation der Uniklinik in Homburg. In den Krankenhäusern soll er Patient:innen Medikamente gegeben und ihren Tod billigend in Kauf genommen haben. Daraufhin führte er Wiederbelebungsmaßnahmen durch. So wollte er sich laut Anklage „emotionale Befriedigung sowie Anerkennung von Kollegen und Ärzten“ verschaffen.

Todesfälle zu Dienstzeiten des Angeklagten deutlich höher

„Uns war aufgefallen, dass sich ab einem gewissen Zeitpunkt die Zahl der Todesfälle häufte„, erklärte ein früherer Ermittler. „Für uns war die Frage, ob das nur Zufall war oder sich das statistisch prüfen lässt.“ Dabei ging es konkret um den Zeitraum von Dezember 2015 bis März 2016 in der Klinik in Völklingen. Laut des Gutachters gab es in dieser Zeit 26 Todesfälle auf der Intensivstation. Davon ereigneten sich 16 in der Dienstzeit des Angeklagten. Bei seinen Kolleg:innen seien es dagegen zwischen drei und acht gewesen. Obwohl der Pfleger im betrachteten Zeitraum die geringste Stundenzahl gehabt habe, „erlebte er im Durchschnitt dreimal so viele Todesfälle wie die anderen acht Mitarbeiter auf der Station“, so der Rechtsmediziner.

Verteidigung will Verwertung der Gewebeproben verhindern

Die erneute Befragung der Zeug:innen zu dem Gutachten war nötig, da die Exhumierung von Patient:innenleichen aus Sicht der Verteidigung ohne ausreichenden Tatverdacht angeordnet worden war. Daher könne man die Ergebnisse der Gewebeproben nicht verwerten. Der Prozess wird am kommenden Dienstag (18. Januar 2022) fortgesetzt.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presseagentur