Immer mehr Messerangriffe: Bekommt Saarbrücken Waffenverbotszonen?

Fast 1500 Zwischenfälle, bei denen Stichwaffen und Messer eine Rolle gespielt haben, sind seit Anfang 2016 im Saarland registriert worden. Mehr als ein Drittel davon ereigneten sich in der Landeshauptstadt.

Brennpunkt Saarbrücken
Mit Videoüberwachung, Waffenverbotszonen und besserer Polizeiarbeit will das Saarland auf die wachsende Zahl von Messerangriffen reagieren – speziell an Brennpunkten wie Saarbrücken. Es seien „neue Maßnahmen“ erforderlich, weil wir der Realität ins Auge schauen müssen“, sagte Innenminister Klaus Bouillon (CDU) am Donnerstag vor Journalisten. Anlass für die erweiterte Sicherheitsstrategie ist das erste „Lagebild Stichwaffen- und Messervorfälle“, dessen Ergebnisse LKA-Chef Gerald Stock präsentierte.

Zahl der „lagebildrelevanten“ Fälle deutlich gestiegen
Die bundesweit bislang einzigartige Untersuchung ergab den Angaben zufolge, dass die Zahl der „lagebildrelevanten“ Fälle deutlich gestiegen ist: von 562 im Jahr 2016 auf 672 im vergangenen Jahr. Eine weitere Steigerung in diesem Jahr – laut Hochrechnung auf etwa 760 Fälle – wurde nicht ausgeschlossen.

Dieses Jahr bisher 1490 Fälle
Insgesamt verzeichnete das LKA in den 28 Monaten zwischen dem 1. Januar 2016 bis zum 30. April dieses Jahres 1490 Fälle. Schwerpunkte waren Saarbrücken (581), Neunkirchen (142) und Saarlouis (101). Untersucht wurden Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, Bedrohungen und Gewaltdelikte auf öffentlichen Straßen und Plätzen und in Asylbewerberunterkünften.

70 Prozent deutsche Täter
Mit 70 Prozent (842 Fälle) waren die deutschen Staatsangehörigen unter den Tätern am meisten vertreten. Die Nationalität von 289 Tätern war unbekannt. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl sei der Anteil an syrischen und afghanischen Tätern (122 beziehungsweise 36) überdurchschnittlich hoch gewesen, hieß es. Die Sonderauswertung ergab zudem, dass knapp 60 Prozent der Opfer Deutsche waren, 10 Prozent syrische Staatsangehörige. „Im Verhältnis zur Einwohnerzahl werden Afghanen und Syrer häufiger Opfer und Geschädigte eines Messerangriffs als Deutsche“, erklärte Stock.

Vorurteile beseitigen
Immer wieder werde in der Bevölkerung nur von Ausländern und Flüchtlingen gesprochen, wenn es um Messerattacken gehe. „Die nackten Zahlen sagen jedoch etwas anderes“, sagte Bouillon. So sei man etwa positiv überrascht davon gewesen, dass es in Lebach, wo sich die Zentrale Aufnahmestelle des Landes befinde, nur die Hälfte der Fälle gegeben habe wie etwa im vergleichbaren Saarlouis, wo sich kein Aufnahmelager befände. Insofern könne die Auswertung, mit der man im Bundesgebiet eine Vorreiterrolle einnehme, „auch dazu beitragen, Vorurteile zu beseitigen“.

Erhöhte Polizeipräsenz
Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) sah sich nach eigenen Worten durch die Ergebnisse in ihrer Forderung nach mehr Polizeipräsenz bestätigt. „Da sich die Übergriffe auf wenige und gut zu lokalisierende Stellen konzentrieren, sollte das Problem zu bewältigen sein“, sagte sie. Der Innenminister habe die Polizeipräsenz im Zuge der Sicherheitspartnerschaft mit der Stadt bereits tagsüber sichtbar verstärkt. Die von vielen Bürgern empfundene Unsicherheit konzentriere sich auf wenige Stellen in den Abend- und Nachtstunden. „Durch eine erhöhte Polizeipräsenz lässt sich das lösen“, sagte Britz.

Videoüberwachung im kommenden Jahr
Laut Bouillon soll in einem Pilotprojekt die Videoüberwachung im kommenden Jahr an den Brennpunkten Johanneskirche und Bahnhofsvorplatz in Saarbrücken in Betrieb gehen. Auch die Möglichkeit, dauerhafte Waffenverbotszonen einzurichten, werde nun geprüft.