Opferorganisation: Prozess kann Leid von Angehörigen nicht immer lindern

Am Mittwoch wird im Polizistenmord-Prozess das Urteil gesprochen. Eine juristische Aufarbeitung kann Angehörigen nach Einschätzung des Weißen Rings zwar helfen, das Leid aber nicht immer lindern.
Das Urteil wird am Mittwoch gesprochen. Foto: dpa-Bildfunk
Das Urteil wird am Mittwoch gesprochen. Foto: dpa-Bildfunk

Ein Prozess wie im Fall der beiden nahe Kusel (Rheinland-Pfalz) erschossenen Polizeikräfte kann nach Einschätzung des Weißen Rings das Leid der Hinterbliebenen nicht immer lindern. „Die Frage, was Opfern, ihren Angehörigen oder Kollegen hilft und was nicht, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten“, sagte Karsten Krogmann von der Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität der Deutschen Presse-Agentur. „Menschen reagieren verschieden auf Belastungen. Ebenso unterschiedlich sind ihre Bedürfnisse bei der Verarbeitung.“

Wie ein Prozess helfen kann

Eine juristische Aufarbeitung könne aber Angehörigen oder Kolleginnen und Kollegen von Opfern bei der Verarbeitung des Erlebten durchaus helfen. „Ein Strafprozess kann offene Fragen beantworten, weil Beweise, Zeugenaussagen, Dokumente öffentlich verhandelt werden“, sagte Krogmann in Mainz. „Er kann verstehen helfen, was geschehen ist – und vielleicht sogar, warum es geschehen ist. Er kann mit einem Urteil die Möglichkeit für einen Abschluss bieten.“

Verfahren kann auch sehr belastend sein

Allerdings könne ein Gerichtsverfahren auch sehr belastend und sogar retraumatisierend sein. „Es zwingt Angehörige, sich erneut mit dem Geschehen und ihrer Trauer auseinanderzusetzen. Es konfrontiert sie vielleicht mit Akteninhalten und Aussagen, die verstörend und traumatisierend sein können. Es kann Vertrauen zerstören, wenn Verfahren sehr lange dauern oder mit einem als ungerecht empfundenen Urteil enden“, erklärte Krogmann. Deshalb sei es gut, wenn Betroffene nicht allein durch ein Verfahren gehen müssten. „Wer Unterstützung braucht, kann sich natürlich auch an den Weißen Ring wenden.“

Urteil am Mittwoch

In dem Fall spricht das Landgericht Kaiserslautern an diesem Mittwoch (30. November 2022) das Urteil. Die Staatsanwaltschaft wirft einem 39-Jährigen vor, Ende Januar eine Polizistin und ihren Kollegen bei einer Fahrzeugkontrolle erschossen zu haben, um Jagdwilderei zu verdecken. Der Mann weist das zurück. Die Staatsanwaltschaft fordert eine lebenslange Haftstrafe und die Anerkennung der besonderen Schwere der Schuld. Alle bisherigen SOL.DE-Artikel zu den Polizistenmorden hier.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur