Polizistenmordprozess: Beide Angeklagte voll schuldfähig – Sicherungsverwahrung von S. fraglich

18 Verhandlungstage lang beobachten zwei Sachverständige die beiden Angeklagten im Polizistenmordprozess. Am Montag legten sie ihre Erkenntnisse vor. Die Urteile sind mitentscheidend für die Härte der Strafen.
Links im Bild zu sehen: der Hauptangeklagte. Rechts: der Nebenangeklagte. Fotos: picture alliance/dpa/Uwe Anspach
Links im Bild zu sehen: der Hauptangeklagte. Rechts: der Nebenangeklagte. Fotos: picture alliance/dpa/Uwe Anspach

Beide Angeklagte voll schuldfähig

Der Hauptangeklagte im Mordprozess um die tödlichen Schüsse auf zwei Polizeikräfte bei Kusel ist einem psychiatrischen Gutachten zufolge uneingeschränkt schuldfähig. Zwar zeige der 39-Jährige einen Hang zur Selbstüberschätzung sowie eine „gewisse Gemütskälte“ und „Eigenschaften, die man bei Psychopathen findet“, sagte ein Sachverständiger am gestrigen Montag (7. November 2022) im Landgericht Kaiserslautern. Es gebe aber keine Anhaltspunkte für ein neurologisches Leiden oder eine klassische Persönlichkeitsstörung.

Nebenangeklagter ist ein 33 Jahre alter Mann. Der Staatsanwaltschaft zufolge soll er bei der Tat dabei gewesen sein, aber nicht geschossen haben. Er soll jedoch beim Verwischen der Spuren geholfen haben. Auch bei dem Nebenangeklagten attestierte am Montag ein weiterer Sachverständiger eine uneingeschränkte Schuldfähigkeit. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine Störung, sagte der Facharzt Ralf Werner.

Beide Gutachter beklagten, dass sie nicht persönlich mit den Angeklagten sprechen konnten und sich so bei ihrer Beurteilung auf Beobachtungen im Prozess sowie auf Akten beziehen mussten.

Sicherungsverwahrung von S. fraglich

Im Fall des 39-jährigen S., also dem Hauptangeklagten, sprach sich der Sachverständige Michael Rösler gegen eine mögliche Sicherungsverwahrung aus, bei der Straftäter:innen auch nach Verbüßen ihrer eigentlichen Strafe in Haft bleiben. Er sehe die Tat von Ende Januar als „Einzelgeschehen“ und nicht als Tat aus einer konkreten Neigung heraus wie etwa Mordlust, so Rösler zum Richter. „Ich kann Ihnen da keine positive Empfehlung geben.“

Heftiges Wortgefecht am Montag

Zu Beginn des 19. Verhandlungstags am Montag führten neue Beweisanträge der Verteidigung zu einem heftigen Wortgefecht. Die Anwälte des Hauptangeklagten beantragten unter anderem ein weiteres Sachverständigengutachten. Oberstaatsanwalt Stefan Orthen kritisierte die Anträge scharf. Er warf der Verteidigung des Hauptangeklagten vor, das Verfahren in die Länge ziehen zu wollen. „Das ist doch kein Kasperletheater hier. Es ist jetzt wirklich Schluss mit diesem Quatsch“, meinte er. Die Verteidigung nannte den Vorwurf des Oberstaatsanwalts „dreist“.

Richter Raphael Mall wies die Anträge nach fast dreistündiger Beratungspause zurück. Das weitere Gutachten sei nicht nötig, da das Gericht selbst über die nötige Expertise verfüge, sagte er.

Diesen Monat Plädoyers und womöglich Urteil

Der Prozess vor dem Landgericht Kaiserslautern läuft seit Mitte Juni. Am 22. November sollen die Plädoyers gesprochen werden. Das Urteil könnte am 30. November verkündet werden. Am Montag war das öffentliche Interesse erneut groß. Nahezu alle Zuschauer- und Presseplätze im Saal waren besetzt.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur