„Unverschämtheit“: Oberstaatsanwalt weist S. zurecht – der bittet derweil um mehr Schutz in U-Haft

Knapp drei Wochen nach dem Gewalttod zweier Polizeikräfte stellen Ermittler:innen mit dem Nebenangeklagten die Tat vor Ort nach. Zeug:innen schildern die Situation nun im Prozess. Es wird kurz emotional.
Der Hauptangeklagte (r) sitzt neben seinem Anwalt Leonhard Kaiser im Verhandlungssaal des Landgerichts Kaiserslautern. Foto: picture alliance/dpa/dpa-Pool | Uwe Anspach
Der Hauptangeklagte (r) sitzt neben seinem Anwalt Leonhard Kaiser im Verhandlungssaal des Landgerichts Kaiserslautern. Foto: picture alliance/dpa/dpa-Pool | Uwe Anspach

Vernehmungen im Polizistenmord-Prozess

Im Mordprozess um die tödlichen Schüsse auf zwei Polizeikräfte Ende Januar bei Kusel hat eine Vernehmungsbeamtin eine Tatortbegehung mit einem der beiden Angeklagten geschildert. Der 33-Jährige habe dabei angegeben, er habe in der Tatnacht befürchtet, von seinem 39 Jahre alten damaligen Komplizen getötet zu werden, sagte die Polizistin am heutigen Freitag im Landgericht Kaiserslautern.

Der 39-Jährige habe demnach den 33-Jährigen aufgefordert, am Tatort verlorene Dokumente zu suchen und ihn bedroht: „Mach, sonst leg ich dich nebendran“, sagte die Polizistin am zwölften Verhandlungstag. Ähnliches schilderte am Freitag ein weiterer Vernehmungsbeamter. Die Begehung mit Statist:innen fand demnach 18 Tage nach der Tat statt.

33-Jähriger schweigt im laufenden Prozess

Der 33-Jährige schweigt im laufenden Prozess, hatte davor aber ausgesagt. Dabei machte er seinen damaligen Komplizen für den Tod der Polizeikräfte verantwortlich. Der 39-Jährige habe „Was, Jagdwilderei?“ bei der nächtlichen Fahrzeugkontrolle gerufen, in dem Moment habe „es auch schon geknallt“, sagte der 33-Jährige der Polizistin zufolge. Bei bestimmten Schilderungen sei dem Nebenangeklagten „die Stimme etwas gebrochen“, sagte sie. Der Mann nickte bei den Ausführungen.

S. bittet um mehr Schutz in U-Haft

Der Hauptangeklagte hörte am Freitag aufmerksam zu und besprach sich mehrfach mit seinen Anwälten. Er beklagte im Prozessverlauf, er werde in der Untersuchungshaft „angefeindet und provoziert“. Er bitte um mehr Schutz. „Irgendwann ist meine Geduld zu Ende und es eskaliert. Der Letzte, der mich herausgefordert hat, hat es nicht überlebt“, sagte der 39-Jährige. Richter Raphael Mall erwähnte eine mögliche Verlegung. „Das Problem ist: Sie kennt ganz Deutschland“, sagte er.

Oberstaatsanwalt weist S. zurecht

Als der Hauptangeklagte meinte, die Abschrift eines Funkspruchs sei fehlerhaft, reagierte Oberstaatsanwalt Stefan Orthen ungehalten. „Unverschämtheit, wie Sie mich hier anquatschen. Sie sind Angeklagter in einem Mordprozess.“ Die Verteidigung nahm ihren Mandanten in Schutz – die Strafprozessordnung verbiete ein solches Handeln nicht.

Vermögensverhältnisse des Hauptangeklagten

Zur Sprache kamen auch die Vermögensverhältnisse des Hauptangeklagten. Der Bäckereibetreiber habe Verbindlichkeiten von insgesamt 2,4 Millionen Euro bei 107 Gläubigern, sagte ein Sachverständiger. Er zitierte auch aus Chatverläufen, in denen der 39-Jährige einem Händler erlegtes Wild anbot: „Wie immer mit Kopfschuss.“ Bei einem anderen Händler hieß es: „Alles Kopfschuss natürlich.“ Der Experte sagte zum Hauptangeklagten: „Kopfschuss war Ihre Visitenkarte.“

Prozess wird am 2. September fortgesetzt

Die Verhandlung fand erneut in einem voll besetzten Saal statt. Das Interesse ist seit Beginn Ende Juni groß. Der Prozess wird am 2. September fortgesetzt, Termine sind bis Ende November angesetzt. Die Angeklagten waren kurz nach der Tat im Saarland festgenommen worden.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur