Wirre Aussagen von Trierer Amokfahrer vor Gericht
Der mutmaßliche Amokfahrer von Trier/Rheinland-Pfalz hat sich in seiner ersten Vernehmung laut einem Ermittler nicht an die Tat erinnern können. „Er machte einen Filmriss geltend“, sagte ein Kripobeamter am Mittwoch (6. Oktober 2021) vor dem Landgericht Trier. Und zwar von dem Moment an, als er in die Fußgängerzone eingebogen war bis zu seiner Festnahme. Er habe allerdings immer wieder „von dumpfen Aufschlägen, die er wahrgenommen hat“, gesprochen. Insgesamt sei der 52-Jährige viermal vernommen worden.
Fünf Menschen getötet
Bei der Amokfahrt in Trier waren am 1. Dezember 2020 fünf Menschen getötet worden. Zudem gab es zahlreiche Verletzte und Traumatisierte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten fünffachen Mord und versuchten Mord in 18 weiteren Fällen vor. Der 52-Jährige soll mit seinem Geländewagen durch die Trierer Fußgängerzone gerast sein, um möglichst viele Menschen zu töten oder zu verletzen.
„Ich hasse mich selbst für den Scheiß“
In der zweiten Vernehmung habe er gesagt, „er habe jetzt Bilder im Kopf“, sagte der Kriminalbeamte zu den Aussagen des Angeklagten. Sie seien aber nicht konkret gewesen. Zudem habe er berichtet, er habe Menschen weglaufen sehen und schreien hören. Als die Beamten ihm Bilder und Videos von der Amokfahrt zeigten, habe er gesagt: „Ich hasse mich selbst für den Scheiß, den ich gemacht habe.“ Es tue ihm leid für die Menschen, denen etwas passiert sei. Später habe er zu der Tat nichts mehr sagen wollen.
Angeklagter fühlt sich im Unrecht
Dem Ermittler zufolge gab der Angeklagte an, dass „sein letzter Gedanke“ vor der Fahrt der „Unmut über das erfahrene Unrecht“ gewesen sei. Er kämpfe seit Jahrzehnten vergeblich darum, 350.000 bis 500.000 Euro zu bekommen, die ihm zustehen würden. Am Tag vor der Tat sei er sicher gewesen, dass er die Summe von einem Notar ausgehändigt bekomme. Er sei aber wieder mal „abgewimmelt worden“. Er habe sich „wie Scheiße gefühlt, die nichts wert war“. Der 52-Jährige habe verstärkt „wirre Gedanken und eine irrationale Gedankenwelt“ gezeigt, sagte der Polizist.
Der Mann sei überzeugt, dass er das Geld für eine „Versuchsreihe“ bekommen solle, an der er 1973 als Kind teilgenommen habe. Es sei dabei um Erprobung eines „radioaktiven Mittels“ gegangen, das ihm gespritzt worden sei, berichtete der Ermittler aus der Vernehmung. Wegen des Geldes habe er sich an zahlreiche Behörden gewandt, darunter die Polizei, Amtsgerichte und Stellen in Berlin. Ohne Erfolg. „Er fühlte sich im Stich gelassen.“
Blut voller Alkohol und Medikamente
Vor der Tat habe der Mann am Vormittag Bier und Schnaps getrunken. Der Atemalkoholwert habe nach der Festnahme bei 1,39 Promille gelegen, sagte der Polizist. Zudem habe er angegeben, 12 bis 13 Medikamente eingenommen zu haben. Seit April 2020 habe der Elektriker keinen Job und keine Wohnung mehr gehabt. Er habe in seinem Auto an verschiedenen Plätzen in Trier übernachtet.
Wirre Aussagen von Angeklagtem
Einmal habe der Angeklagte auch ausgesagt, er habe „aus Versehen“ jemanden angefahren und sei dann „in Panik durch die Innenstadt geflüchtet“. Ein weiteres Mal habe er dann alle Aussagen widerrufen und behauptet, er sei das Auto nicht gefahren. Bei Nachfragen nach der Tat habe er „emotionslos und gefühlskalt“ reagiert. Ansonsten habe er sich erfreut gezeigt, wenn er von den Beamt:innen Aufmerksamkeit bei seinem Anliegen bekam.
Amokfahrer hat Groll gegen Anwälte und Notare
Er habe über die vergangenen Jahre einen regelrechten Groll gegen Anwälte und Notare entwickelt, sagte eine Kripobeamtin. Daher habe er zunächst auch abgelehnt, einen Anwalt sprechen zu wollen. Sich selbst beschrieb er als „hilfsbereiten und sehr höflichen Menschen“. Er sehe sich nicht als Alkoholiker.
Nach vorläufiger Einschätzung eines psychiatrischen Sachverständigen leidet der Angeklagte an einer Psychose. Zum Prozessauftakt am 19. August habe der Angeklagte vor Gericht gesagt, er wolle keine Aussage machen. Der Prozess ist bis Ende Januar 2022 terminiert.
Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur