Auffrischungsimpfungen: Für wen sie was sind und was sie bringen

Damit der Körper weiterhin gut geschützt ist, muss ein Impfschutz mitunter aufgefrischt werden. Das gilt auch beim Kampf gegen das Coronavirus. Für wen ist die Auffrischung jetzt schon ratsam?
In Deutschland laufen im September flächendeckend die Auffrischungsimpfungen für Corona-Risikogruppen an. Foto: dpa-Bildfunk/Patrick Pleul
In Deutschland laufen im September flächendeckend die Auffrischungsimpfungen für Corona-Risikogruppen an. Foto: dpa-Bildfunk/Patrick Pleul

Im September laufen in Deutschland flächendeckend die Auffrischungsimpfungen für Corona-Risikogruppen an. Das betrifft zum Beispiel Menschen über 80 Jahre, Personen mit Immunschwäche oder bestimmten Vorerkrankungen. Doch nicht nur sie können sich einen weiteren Pieks holen. Auch wer bei der ersten Impfserie einen Vektor-Impfstoff von Astrazeneca (zweimal) oder von Johnson & Johnson (einmal) erhalten hat, kann sich gegebenenfalls schon eine Auffrischung abholen.

Die Voraussetzung ist stets: Die letzte Impfserie muss mindestens sechs Monate zurückliegen. Die konkrete Umsetzung der Auffrischungen ist Ländersache – in Bayern und Schleswig-Holstein zum Beispiel sind diese bereits gestartet, die anderen Bundesländer sollen nun folgen. Doch welchen Effekt bringt der neuerliche Pieks gegen Corona? Und wer braucht ihn wirklich? Wichtige Fragen und Antworten im Überblick:

Wo gibt es die Auffrischungsimpfung?

Laut Beschluss der Gesundheitsminister der Länder soll es sie bei niedergelassenen Ärzt:innen, in Impfzentren oder im Betrieb geben können. Auch mobile Impfteams sollen ausrücken, zum Beispiel zu Pflegeeinrichtungen.

Warum wird Risikogruppen die Impfung nahegelegt?

Weil diese Menschen mit der ersten Impfserie häufig keine oder eine nur vergleichsweise geringe Immunität aufgebaut haben. Das betrifft zum Beispiel Personen mit geschwächtem Immunsystem, etwa in Folge einer Organtransplantation. „Da wissen wir, dass ihr Körper zum Teil gar nicht auf die beiden Impfungen reagiert hat. Der muss mitunter erst mal dahin gebracht werden, dass sich überhaupt Antikörper entwickeln“, sagt Prof. Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Womöglich brauchen sie dafür sogar nicht nur eine dritte, sondern auch noch eine vierte Impfung.

Unter den hochbetagten Menschen habe ein Großteil zwar auf die Corona-Impfungen reagiert, sagt Watzl, aber eben weniger stark als Jüngere. Das bedeutet, dass ihr durch die Corona-Impfung aufgebauter Immunschutz gegen das Virus im Vergleich oft weniger gut ist. Und er nimmt scheinbar auch schneller ab als bei Jüngeren, so Watzl. „Diese Abwehrkräfte können durch die zusätzliche Impfung gestärkt werden. Das sind unsere Erfahrungen auch bei anderen Impfungen“, sagt auch Anja Kwetkar. Sie ist Direktorin der Klinik für Geriatrie am Uniklinikum Jena und Leiterin der Arbeitsgruppe Impfen der deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG). Für Ältere sei die Auffrischung sehr sinnvoll.

Warum werden die Auffrischungen gerade jetzt großflächig angeboten?

Da viele Ältere, Immungeschwächte und Menschen mit Vorerkrankungen als erste geimpft wurden, sei es wichtig, dass man bei ihnen jetzt auffrischt, erklärt Watzl. Gerade angesichts steigender Infektionszahlen sollten diese Risikogruppen für den Herbst und Winter gut geschützt sein. Zwar ist bei sogenannten Durchbruchs-Infektionen, also wenn Geimpfte sich anstecken, die Gefahr schwerer Verläufe auch für Risikogruppen geringer – sie besteht aber. Und sie steigt, je weniger gut der durch die Impfung aufgebaute Schutz im Körper ist. Außerdem sind Langzeitfolgen wie Long Covid aktuell nicht auszuschließen.

Warum wird nur mRNA-Impfstoff für die Auffrischung genommen?

Erst eine Spritze mit dem Vektor-Impfstoff von Astrazeneca, dann eine Spritze mit einem mRNA-Impfstoff etwa von Biontech/Pfizer: Diese Kombination bei der ersten Impfserie war laut Watzl mit Blick auf die Schutzwirkung bisher am erfolgreichsten. Das hängt vereinfacht gesagt damit zusammen, dass das Immunsystem auf unterschiedliche Arten eine Immunität gegen das Virus aufbauen kann und die verschiedenen Impfstoffe hier in jeweils verschiedenen Bereichen besser oder schlechter wirken.

Vereinfacht gesagt legt der Vektor-Impfstoff eine Grundlage, auf der der mRNA-Impfstoff die Immunabwehr noch mehr stärkt. Das funktioniert aber nur in dieser Reihenfolge und nicht umgekehrt, sagt Watzl. Wer also schon zweimal mit einem mRNA-Impfstoff geimpft wurde, dem würde eine dritte Impfung mit einem Vektor-Impfstoff nicht so viel bringen wie eine dritte mRNA-Impfung mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer oder Moderna.

Wer bisher zweimal den Impfstoff von Astrazeneca- oder einmal jenen von Johnson & Johnson bekommen hat, erhält durch die dritte Impfung mit dem mRNA-Impfstoff laut Immunologe Watzl „wahrscheinlich einen tollen Schutz„. Das ist auch ein Grund, warum diese Personen ebenfalls ein Auffrischungsangebot bekommen sollen.

Helfen Antikörpertests bei dieser Impfentscheidung?

Es gibt Expert:innen, die fordern: Zunächst einen Antikörpertest machen, ehe man die Auffrischung gibt. So sehe man, wie gut die Person geschützt ist und ob die dritte Spritze überhaupt „nötig“ ist. Es gibt laut Watzl nur ein Problem dabei: Es fehle weiterhin ein konkreter Grenzwert für die gemessene Antikörperkonzentration im Blut, ab dem man sicher sagen könnte, dass noch ein wirksamer Schutz besteht. Deshalb ergebe so ein Test für die meisten Menschen zur Abschätzung der Sinnhaftigkeit der Auffrischung im Moment keinen Sinn. Es gibt aber Ausnahmen: Menschen mit Immunschwäche etwa könnten durch den Test sehen, ob eine Impfung überhaupt angeschlagen hat.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur