Saarbrücker Corona-Experte rechnet mit erneutem Anstieg der Zahlen

Aktuell hat sich in ganz Deutschland und auch im Saarland die Corona-Lage entspannt. Der Corona-Forscher Thorsten Lehr aus Saarbrücken glaubt dennoch, dass die Zahlen wieder hochgehen könnten. Eine Pandemielage wie im Frühjahr sei jedoch nicht mehr zu erwarten.

„Ich glaube schon, dass es noch eine Welle geben kann. Aber sie mag kleiner ausfallen. Und das Gesundheitssystem würde deutlich weniger belastet sein als in der dritten Welle»“, erklärte der Experte für Corona-Prognosen Pharmazie-Professor Thorsten Lehr der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken.

Impfung zeige Erfolge

Deutschland sei „auf einem sehr, sehr guten Weg“: Inzidenzen sowie Todes- und Patient:innenzahlen gehen zurück. „Wir sehen den Erfolg der Impfungen„, so Lehr. Vor allem bei den vulnerablen Gruppen sei dieser zu bemerken. „Wenn wir noch mal einen Anstieg der Fallzahlen haben sollten, wird das Gesundheitssystem da deutlich besser rauskommen.“

Lockerungen und Reisen seien wesentliche Faktoren

Mehrere Faktoren entschieden nun darüber, ob und wie stark die Corona-Zahlen nochmals hochgehen. So spielten etwa die Lockerungen eine Rolle: „Da ist die Frage: Haben wir ganz schnell wieder ganz viele Kontakte?“ Auch der Reiseverkehr werde zu weiteren Fallzahlen führen. „Was passiert, wenn alle zurückkommen und natürlich auch Infektionen mitbringen?“ Die nicht-geimpfte Bevölkerung sei „ein großer Infektionspool“.

Sinkende Impfbereitschaft im Herbst wahrscheinlich

Zudem bestünde die Gefahr, dass im Herbst die Impfbereitschaft sinkt. Derzeit übersteige die Bereitschaft das Angebot noch deutlich. „Das wird sich aber irgendwann drehen“, sagte Lehr. Wenn die Inzidenz weiter sinke, werde die Gefahr durch das Coronavirus nicht mehr so stark wahrgenommen. Kehrt dann auch für Nicht-Geimpfte die Normalität zurück, gebe es weniger Gründe sich impfen zu lassen. Auch der Urlaub als Anreiz falle im Herbst weg.

Dies gelte es zu verhindern. „Wir brauchen viele Impfungen, das ist klar und wichtig“, meint der Experte. Eine Impfquote von 70 bis 80 Prozent sei schon hilfreich. Lehr glaubt, dass die Bereitschaft bei Schüler:innen und jungen Erwachsenen höher sei, als vielfach angenommen. „Auch sie wollen eine gewisse Normalität zurückgewinnen.“

Mutationen stellen weiter Gefahr dar

Auch angesichts neuer Mutationen sei es wichtig, die Inzidenz niedrig zu halten. „Wir werden noch andere Mutanten sehen“, meint Lehr. Auch die weitere Entwicklung der indischen Variante müsse im Auge behalten werden. „Sie scheint schon eine höhere Infektiosität zu haben.“

Sommer werde noch anders als vor der Pandemie

Obwohl Reisen in diesem Sommer wieder möglich seien, glaubt der Professor: „Wir werden bestimmt noch einen anderen Sommer erleben als vor der Pandemie“. Noch würden Abstands- und Hygieneregeln gelten. „Und Bars und Diskotheken werden auch noch nicht so wieder geöffnet sein.“ Aber: „Wir werden uns erholen können.“

Mit seinem Forschungsteam hat Thorsten Lehr als Professor für Klinische Pharmazie an der Uni des Saarlandes einen „Covid-Simulator“ entwickelt, der das Infektionsgeschehen in Deutschland berechnet und Prognosen liefert: für ganz Deutschland, die einzelnen Bundesländer bis hin auf Landkreisebene. Er kann auch online genutzt werden.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presseagentur