Verfassungsgericht billigt Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen aus dem Frühjahr

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts steht fest: In der dritten Pandemie-Welle im Frühjahr durfte der Bund über die sogenannte Corona-Notbremse Kontakt- sowie Ausgangsbeschränkungen verhängen. Rechtens waren auch Schulschließungen. Mit den Entscheidungen bekommt die Politik jetzt Hinweise für ihren Handlungsspielraum in der aktuellen vierten Welle.
Foto: dpa-Bildfunk/Armin Weigel
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Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen der „Notbremse“ verfassungsmäßig

Der Bund durfte in der dritten Pandemie-Welle im Frühjahr über die sogenannte Corona-Notbremse Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen verhängen. Die Maßnahmen hätten in erheblicher Weise in verschiedene Grundrechte eingegriffen, seien aber „in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie“ mit dem Grundgesetz vereinbar gewesen, teilte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am heutigen Dienstag (30. November 2021) mit.

Verfassungsgericht billigt Schulschließungen in der dritten Welle

Auch durfte der Bund in der dritten Welle über die Notbremse Wechselunterricht und Schulschließungen anordnen. Das Bundesverfassungsgericht wies Klagen von Schüler:innen und Eltern dagegen ab, erkennt aber erstmals ein „Recht der Kinder und Jugendlichen gegenüber dem Staat auf schulische Bildung“ an, so die weitere Entscheidung vom heutigen Dienstag.

Wegweisende Entscheidungen für Politik

Mit den beiden Entscheidungen des Ersten Senats unter Gerichtspräsident Stephan Harbarth bekommt die Politik auch Hinweise für ihren Handlungsspielraum in der aktuellen vierten Welle. Die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr designierter Nachfolger Olaf Scholz (SPD) wollen sich um 13.00 Uhr mit den Ministerpräsident:innen der Länder zusammenschalten, um im Lichte der Karlsruher Beschlüsse über die Krise zu beraten.

Notbremse sorgte für Klagewelle

Die Einführung der Notbremse hatte eine Klagewelle in Karlsruhe ausgelöst. Weil die Maßnahmen direkt per Bundesgesetz vorgeschrieben wurden, war der Umweg über die Verwaltungsgerichte nun nicht mehr nötig. Bis zur zweiten Augusthälfte waren beim Verfassungsgericht mehr als 300 Verfassungsbeschwerden und Eilanträge eingegangen – teilweise gemeinschaftlich eingereicht, sodass es mehr als 8.500 Kläger:innen gab, wie das Gericht damals mitteilte.

Im frisch überarbeiteten Gesetz der künftigen Ampel-Koalitionäre sieht der Paragraf anders aus und enthält jetzt zum Beispiel die 3G-Regel am Arbeitsplatz. Aus mehreren Ländern gab es zuletzt aber Forderungen nach einer Neuauflage der Bundes-Notbremse.

Notbremse Ende Juni außer Kraft getreten

Die Notbremse im Infektionsschutzgesetz (Paragraf 28b) war zeitlich befristet und Ende Juni außer Kraft getreten. Der Bund wollte damit sicherstellen, dass überall im Land dieselben Maßnahmen greifen, sobald sich die Corona-Lage in einer Region zuspitzt. Sie musste seit dem 24. April automatisch gezogen werden, wenn die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt mehrere Tage lang die 100 überschritt. Der Wert gibt an, wie viele Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner:innen es binnen einer Woche gibt.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur