Änderung bei Bundesjugendspielen: Weniger „Wettkampf“, dafür mehr Freude

Die einen liebten sie, für andere waren sie die Hölle. Die Bundesjugendspiele. Eigentlich sollen sie Lust auf Bewegung und Sport machen. Im neuen Schuljahr sollen die Leistungen der Kinder erstmals anders bewertet werden. Was heißt das?
Kinder einer Grundschule stehen bei den Bundesjugendspielen auf einem Sportplatz. Symbolfoto: picture alliance/dpa
Kinder einer Grundschule stehen bei den Bundesjugendspielen auf einem Sportplatz. Symbolfoto: picture alliance/dpa

Viele Generationen von Schülerinnen und Schülern verbinden die altbekannten Bundesjugendspiele mit ihren Urkunden nicht nur mit Freude, sondern mit Frust. Ab dem nächsten Schuljahr soll es den Kindern und Jugendlichen besser ergehen.

Spiele sollen kindgerecht werden

Die Sportarten Leichtathletik und Schwimmen müssen künftig alle Grundschulen bis zur vierten Klasse als Wettbewerb austragen – und nicht nur die erste und zweite Klasse wie bisher. Bis zur sechsten Klasse empfehlen die Verantwortlichen den Wettbewerb. Mit dieser Neuerung sollen die Spiele ab dem nächsten Schuljahr kindgemäßer werden, wie der Ausschuss für die Bundesjugendspiele und die Kommission Sport der Kultusministerkonferenz (KMK) bereits 2021 beschlossen hatten. Beim Geräteturnen hingegen darf man von der ersten bis zur vierten Klasse weiter zwischen den beiden Austragungsformen wählen.

Unterschied zwischen „Wettkampf“ und „Wettbewerb“

Doch was ist der Unterschied zwischen dem Wettbewerb und einem Wettkampf? „Der Wettkampf ist nach internationalen Wettkampfregeln beziehungsweise nationalen Bestimmungen des Regelwerks des Deutschen Leichtathletikverbandes normiert. Der Wettbewerb ist nicht normiert„, teilte ein Sprecher des Bundesfamilienministeriums mit, das zusammen mit der KMK und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in einem Kuratorium der Träger der Bundesjugendspiele ist.

Starre Punkte-Tabellen sollen ersetzt werden

Das bedeutet: Wer zu den Besten gehört, orientiert sich nicht mehr – wie bislang – an einer festgelegten Punktetabelle in Deutschland, sondern an den Leistungen der Kinder einer Schule innerhalb ihres Jahrgangs. Auch können Schulen beim Wettbewerb ohne die festgelegten Punktetabellen neben klassischen Disziplinen wie 50-Meter-Sprint oder Weitsprung noch andere Sportaufgaben anbieten – etwa Hürdensprint, Stoßen oder Drehwürfe.

Spiele sollen Spaß machen und zum Sport anregen

Zudem sollen die Leistungen der Schüler nicht mehr zentimetergenau mit dem Maßband oder der Stoppuhr erfasst werden, wie der Ministeriumssprecher erklärte. Stattdessen gibt es künftig zum Beispiel beim Weitsprung oder Werfen bestimmte Zonen, in denen bestimmte Punkte vergeben werden.

Es solle bei den jährlich stattfindenden Spielen insbesondere darum gehen, sich zu bewegen, Freude zu haben und sein Bestes zu geben, heißt es auf der Internetseite der Bundesjugendspiele. „Vor allem aber geht es auch um Fairness, Respekt, Teamfähigkeit und soziale Kompetenzen.“

Vergabe der verschiedenen Urkunden

Verschiedene Urkunden werden anhand der Erfolge vergeben. Foto: picture alliance/dpa/BMFSFJ | BMFSFJ

Was bleibt, ist die traditionelle Vergabe von Ehren-, Sieger- und Teilnehmerurkunden, jedoch nach einem festen Schlüssel. Die besten 20 Prozent – getrennt nach Jahrgang und Geschlecht – bekommen die Ehrenurkunde, die mittleren 50 Prozent eine Siegerurkunde und die unteren 30 Prozent die Teilnehmerurkunde.

Weitere Veränderungen seien nötig

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht in der Reform einen guten Ansatz – aber auch noch Luft nach oben. Zwar gehe es beim Wettbewerbsgedanken nun mehr um Respekt, Teamfähigkeit und soziale Kompetenzen, so GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze. „Man hätte aber noch einen größeren Schritt machen können, zum Beispiel, indem man noch stärker das Team in den Mittelpunkt stellt. Dass man bestimmte Sportarten anbietet oder sich gegenseitig hilft bei bestimmten Dingen“, gab Bensinger-Stolze zu bedenken. Auch sollte jeder, der teilnimmt, in irgendeiner Form prämiert werden, ohne dass die Teilnehmer mit verschiedenen Urkunden verglichen werden. Es sei wichtig, die Kinder dafür zu begeistern, sich gemeinsam zu bewegen und Freude am Sport zu haben.

Weniger Vergleich unter den Kindern

Das sieht der Verband Bildung und Erziehung (VBE) ähnlich. Gerade im Grundschulalter könne eine Alternative sinnvoll sein. Der VBE-Bundesvorsitzende Gerhard Brand betonte aber: „Dies darf nicht dazu führen, dass der Wettkampfcharakter pauschal und für alle Kinder abgeschafft wird. Alle Kinder sollen die Möglichkeit haben, entsprechend ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten zu entscheiden, ob sie eher Spiel und Spaß oder den Kampf um den ersten Platz suchen“. Das Miteinandermessen sei ein starker Leistungsanreiz. Und „dieser Reiz ist es schließlich, der den Profisport so spannend und für die Zuschauerinnen und Zuschauer so attraktiv macht“, sagte Brand.

Die Bundesjugendspiele für das Schuljahr 2023/2024 sollen nach Angaben des Bundesfamilienministeriums im August ausgeschrieben werden. Sie sind bis zur zehnten Jahrgangsstufe verpflichtend.

Deutsche Presse Agentur