91-Jährige bekommt in St. Wendeler Café Toilettengang verwehrt

Eine Seniorin hatte ein dringendes Bedürfnis, wurde jedoch abgewiesen. Das hatte Folgen.
Symbolfoto: Pixabay (CC0-Lizenz)
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In eine Situation, wie sie eine SZ-Leser-Reporterin – beziehungsweise deren Mutter – erleben musste, möchte sicher niemand geraten.

Das war passiert
Es war an einem Freitagabend Anfang Dezember, als die Nambornerin mit ihrer 91-jährigen Mutter (Name bekannt) die Domgalerie in St. Wendel besuchte. „Wir wollten uns dort wie in jedem Jahr vom Weihnachtsbaum zwei Wunschzettel von bedürftigen Kindern holen“, berichtet die SZ-Leserin.

Plötzlich habe ihre Mutter ein allzu menschliches Bedürfnis verspürt. Dazu muss gesagt werden, dass die alte Dame zwar recht rüstig ist, wenn es jedoch pressiert, muss sie zeitnah ein stilles Örtchen aufsuchen. Also fuhr die Nambornerin mit ihr die Rolltreppe hinauf.

Ihr Ziel war das Café Balduin im ersten Stock. Dort trinkt die Leser-Reporterin hin und wieder mal einen Kaffee und ist der Meinung, man werde ihr helfen. „Ich fragte eine Mitarbeiterin nach dem Schlüssel für die Toilette und teilte ihr mit, dass meine 91-jährige inkontinente Mutter dringend müsste.

Mitarbeitern verweigert Toilettengang
Doch anstatt der Frau in der augenscheinlichen Notsituation Hilfe zu gewähren, „verweigerte die Mitarbeiterin meiner Mutter den Zugang zur Toilette mit der Aussage, dass sie die Anweisung habe, den Zugang ausschließlich Gästen zu gewähren“.

Die Nambornerin redete mit Engelszungen auf die Service-Mitarbeiterin des Cafés ein. „Doch jeder Versuch meinerseits, ihr die Dringlichkeit des Toilettenbesuchs klar zu machen, war vergeblich.“ Schließlich verwies die Bedienung die Nambornerin und ihre Mutter ans Kleidergeschäft History, wo „eine sehr freundliche Mitarbeiterin“ ihnen zwar umgehend Zugang zu einer Toilette gewährte.

Doch als die 91-Jährige nach dem ganzen hin und her schließlich ihr dringendes Bedürfnis erledigen durfte, „musste ich feststellen, dass die ganze Sch. . . bereits in die Hose gegangen war.“ Die Nambornerin ist „erschüttert und entsetzt über das Verhalten der Café-Mitarbeiterin.

Ich bin mir sicher, dass kein Vorgesetzter eine derartige Auslegung einer Vorschrift verlangt hat. Zudem frage ich mich, ob es bei dem Verhalten nicht sogar um eine unterlassene Hilfeleistung geht“.

Das sagt die Vorgesetzte dazu
Als die SZ im Café Balduin nachhört, was denn da schief gelaufen ist, erklärt Jörg Volz, dessen Frau Nicole Fuchs-Volz Inhaberin des Cafés ist: „Ich sehe keinen Fehler bei uns oder unserer Mitarbeiterin.“ Das Thema Toilette sei ja immer schon ein Streitthema gewesen, erklärt Volz.

Darum habe die Hausverwaltung irgendwann die Anweisung herausgegeben, dass Kunden der Domgalerie im Fall der Fälle die Kundentoilette im oberen Stockwerk zu besuchen hätten. Es sei denn, sie seien Gäste des Cafés. Dann stehe ihnen dessen Toilette offen.

„Da gibt es eine feste Regelung.“ Aber wäre es in diesem Fall nicht angebracht gewesen, der Seniorin Hilfe in der Not zu gewähren? Zumal ihre Tochter nach eigener Aussage mehrfach angeboten hat, für die Toilettennutzung zu bezahlen. „Wir sagen den Leuten, wenn sie keine Gäste bei uns sind, können sie die Kundentoilette oben benutzen. Die ist behindertengerecht ausgebaut und es gibt einen Wickelraum.“

Geöffnet werden kann diese Toilette nur mit einem Zahlencode. Den hätte die Mitarbeiterin des Cafés wohl nicht gewusst und die beiden Frauen deshalb in das Kleidergeschäft geschickt. Am Ende des Gesprächs kommt ihm dann doch über die Lippen: „Es tut mir leid, dass das passiert ist.“

Die Mitarbeiterin, die an diesem Tag in der Kleiderboutique Dienst hatte, erinnert sich an den Fall. Und daran, dass die alte Dame ihr schrecklich leid tat. Sie habe, nachdem das Malheur passiert war, geholfen, neue Unterwäsche für die Seniorin zu besorgen. Dennoch sei deren Tochter, daran erinnere sie sich gut, „sehr sehr sauer gewesen. Und das zurecht.“

Eine Entschädigung
Das sieht auch Center-Managerin Heidi Schmidt so: „Das Personal des Cafés hat in diesem Fall absolut falsch gehandelt.“ Schmidt betont obendrein, dass es mitnichten so sei, dass dem Café vonseiten der Hausverwaltung die Vorschrift gemacht wurde, Menschen, die nicht Kunden des Cafés seien, den Zugang zu deren Sanitäranlagen zu verwehren.

„Es gibt keinen Erlass von der Hausverwaltung. Das Café ist ein eigenständiger Betrieb.“ Sie wisse, dass es früher öfter Mal Probleme damit gegeben habe, dass Nicht-Kunden des Cafés deren Toilette aufgesucht und zum Teil auch verschmutzt oder beschädigt hätten. Darum habe man dort die Regel beschlossen, dass nur noch Balduin-Kunden deren Sanitäranlagen nutzen dürften. Das sei nachvollziehbar – aber doch nicht in einer solchen Situation.

„Man kann auch mal eine Ausnahme machen. Das war eine Notsituation, und da muss man jemandem helfen. Vorschrift hin, Vorschrift her.“ Dann fragt Schmidt nach den Kontaktdaten der Leser-Reporterin. „Wir werden der Frau beziehungsweise ihrer Mutter einen Blumenstrauß schicken und uns im Namen der Domgalerie entschuldigen.“

Mit Verwendung von SZ-Material.