Alocalo-Insolvenz und Haftbefehl gegen Saarbrücker Kaufhof-Investor

Für den Einzelhandel kommt es knüppeldick im Saarland: Der Manager, der den Saarbrücker Kaufhof beleben soll, wird per Haftbefehl gesucht. Jetzt ist auch noch Alocalo in die Insolvenz gerutscht: Auf die saarländische Start-up-Hoffnung setzten lokaler Handel und Politik im Saarland. Der SR vermeldetete nun die Insolvenz des Unternehmens.
Saarland: Die Alocalo-Pleite und die Unsicherheit für den Kaufhof-Standort in Saarbrücken. Foto: Markus Spiske/Unsplah
Schlechte Nachrichten für den Einzelhandel im Saarland: Die Alocalo-Pleite und die Unsicherheit für den Kaufhof-Standort in Saarbrücken. Foto: Markus Spiske/Unsplah
Saarland: Die Alocalo-Pleite und die Unsicherheit für den Kaufhof-Standort in Saarbrücken. Foto: Markus Spiske/Unsplah
Schlechte Nachrichten für den Einzelhandel im Saarland: Die Alocalo-Pleite und die Unsicherheit für den Kaufhof-Standort in Saarbrücken. Foto: Markus Spiske/Unsplah

In den letzten Monaten klammerte sich der Einzelhandel im Saarland und in Saarbrücken an zwei Hoffnungen: Nach dem Kaufhof-Aus in Saarbrücken sollte die Aachener-Gruppe das marode und leerstehende Gebäude in Ecke Bahnhofstraße/Viktoriastraße in Saarbrücken neu beleben und das „Passage-Kaufhaus“ zum neuen Einkaufsmagneten machen. Außerdem gab es noch das Start-up Alocalo in Friedrichsthal. Mit EU-Millionen gefördert. Dort hatten die Macher:innen eine Idee ausgetüftelt, um Käufer von Amazon oder Zalando wieder zurück zum lokalen Handel zu lenken.

Mit Alocalo-Insolvenz schwindet Hoffnung für den Einzelhandel

Am Freitag nun schlug diese SR-Meldung heftig ein: Alocalo geht in die Insolvenz. Aus der guten Idee ist offenbar kein nachhaltiges Geschäft zu machen. Die Hälfte der Belegschaft habe das Unternehmen schon verlassen. Die Millionenförderung der EU ist nun tabu. Vielleicht sei die Idee noch zu retten, wird der Insolvenzverwalter zitiert. Heißt übersetzt: Evtl. kauft die Idee noch jemand. Für den Handel im Saarland ist mit der Alocalo-Pleite ein dicker Rettungsstrohhalm gerade abgeknickt.

Was war eigentlich die Idee hinter Alocalo?

Das war die Grundfrage, die sich die Alocalo-Macher gestellt hatten: Wie können lokale Geschäfte gegen Online-Riesen wie Amazon und Co. bestehen? Die Antwort: Alocalo klinkt sich genau in den Online-Kaufprozess sein. So funktioniert(e) die Idee: Mit einer kleinen Erweiterung für den Browser macht alocalo das Angebot von lokalen Geschäften präsent.

Das funktioniert so: Mit einem Klick lässt sich die alocalo-Erweiterung installieren. Dann kommt das Aha-Erlebnis: Während man zum Beispiel bei Amazon nach einer Kaffeemaschine sucht, blendet alocalo ein, wo es das gewünschte Produkt bei einem Geschäft ganz in der Nähe gibt. Oft sogar günstiger.

Das Beispiel zeigt, wie alocalo arbeitet: Oben rechts blendet der Service lokale Alternativen zu Amazon ein. Screenshot: SOL.DE

Lokale Angebote rücken ins Augenmerk von Online-Käufern

Die Anwendung rückt das Angebot des lokalen Handels sehr offensiv in den Blickpunkt von Online-Käufern. Denn: Wer häufig online bestellt, vergisst mit der Zeit, dass es die gewünschten Produkte auch direkt vor der Haustür gibt. Der Preisvergleich zeigt auch: Online-Shopping-Portale sind häufig gar nicht die günstigsten Anbieter – sie haben sich nur dieses Image erarbeitet. Schnäppchen sind auch lokal möglich.

alocalo ging mit seiner Idee im Jahr 2020 als Startup an den Start, zunächst als Projekt von Studierenden der htw Saarland – gefördert vom saarländischen FITT-Programm. Förderer waren außerdem die saarländischen Unternehmen Globus und Ianeo. 2021 gab es einen ersten Prototyp. Zum Führungsteam gehörten auch die beiden Mitgründer Prof. Frank Hälsig (htw Saarland) und Dirk Frank (vom Online-Shop-Experten Ianeo).

Bessere Zeiten: Saar-Wirtschaftsminister Jürgen Barke zu Besuch bei alocalo in Friedrichsthal, wie die Website des Saarlandes berichtet. Foto: SOL.DE

EU wollte Idee aus dem Saarland mit 2,3 Millionen Euro fördern

Diese Idee aus dem Saarland war dem European Innovation Council (kurz: EIC) im vergangenen Jahr 2,3 Millionen Euro wert. Rund eine Million hat alocalo davon verbraucht. Der Rest ist tabu – mit der Insolvenz ist auch das EU-Geld gesperrt.

Die saarländische Politik feierte – insbesondere nach dem Gewinn des Fördertopfes – die Idee. Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) ließ sich im Juni letzten Jahres freudestrahlend mit den Alocalo-Machern fotografieren. Auf einer Präsentation im Hintergrund steht groß „Wir bringen den lokalen Handel auf Augenhöhe mit den Online-Giganten“. Das dürfte jetzt Geschichte sein.

War das der Geburtsfehler der alocalo-Idee?

Die gute Idee hatte allerdings ein großes Hindernis: Die von alocalo entwickelte Browser-Erweiterung funktionierte nur auf Desktop-Geräten und Notebooks. Auf mobilem Handy-Browsern ist die Installation von solchen Erweiterungen dagegen nicht möglich. Die tägliche Nutzung sieht freilich anders aus: Mehr als 70 Prozent der Nutzer:innen bewegen sich mobil mit Smartphones im Internet. Viele kaufen direkt über die Amazon-App – diese Welt blieb alocalo versperrt. Ein Geburtsfehler der Idee? Um diesen Nachteil auszugleichen, entwickelten die Friedrichsthaler eine eigene App, die allerdings über ein paar tausend Installationen nie hinaus kam. Die hatte zudem das Kern-Feature nicht: Das Einklinken in den Amazon-Kaufprozess.

Alocalo-Pleite trifft die Einzelhändler vor Ort

Für die Einzelhändler vor Ort ist die Alocalo-Pleite bitter: Noch im Juli setzten beispielsweise das Zweibrücker Stadtmarketing bei einem Händlertreffen auf die Idee aus dem Saarland. Der „Pfälzische Merkur“ berichtete, wie Einzelhandel mit Internethandel vereint werden sollten.

Haftbefehl gegen Investor für Saarbrücker Kaufhof

Zurück zum lokalen Handel: Denn hier gibt es weitere dicke Fragezeichen. Bereits im September sollte der Kaufhof-Nachfolger in Saarbrücken eröffnen. Friedrich-Wilhelm Göbel (60), Chef der Modekette Aachener, verschob den Termin mittlerweile mehrmals. Zuletzt nannte er gegenüber der Saarbrücker Zeitung den 17. November also möglichen Starttermin.

Ob dieser bestehen bleibt? Unklar! Denn mittlerweile gibt es einen Haftbefehl gegen den Investor für den Saarbrücker Kaufhof. Das Gericht im westfälischen Hagen sieht Fluchtgefahr, auch das berichtet die Saarbrücker Zeitung. Hintergrund sind angebliche Falschaussagen sowie ein Führerscheindelikt. So kurz vor dem Weihnachtsgeschäft sind das alles keine schönen Nachrichten für den Einzelhandel im Saarland.

Verwendete Quellen:
– Eigene Recherche
– Website saarland.de
– Saarbrücker Zeitung
– Saarländischer Rundfunk