Bepöbelt, bedrängt und attackiert: Was Stadt-Mitarbeitende in Saarbrücken tagtäglich erleben

Ob Saarbahn, Feuerwehr oder Standesamt – Mitarbeitende im öffentlichen Dienst werden in Saarbrücken immer häufiger Opfer von Gewalt, Beleidigungen und Nötigungen. Die Stadt hat nun eine Kampagne ins Leben gerufen, die zu mehr Respekt aufruft.
Mitarbeitende im öffentlichen Dienst erleben tagtäglich Beleidigungen und Gewalt. Fotos: Landeshauptstadt Saarbrücken
Mitarbeitende im öffentlichen Dienst erleben tagtäglich Beleidigungen und Gewalt. Fotos: Landeshauptstadt Saarbrücken

„Mensch im Dienst. Respekt zeigen – fair bleiben“ – so das Motto der neuen Kampagne der Landeshauptstadt Saarbrücken, die am Dienstag (25. Oktober 2022) startet. Die Aktion soll der zunehmenden Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst entgegenwirken. Sie wirbt für einen respektvolleren Umgang miteinander, indem sie Mitarbeitenden der Stadt eine Plattform gibt, von ihren Erlebnissen zu erzählen.

Kampagne zeigt, was Beschäftigte der Stadt tagtäglich erdulden

„Heute war ich schon Bitch, Arschloch und wurde bedrängt„, berichtet etwa eine Mitarbeiterin auf einem Plakat. Ein anderer Angestellter der Stadt erklärt: „Heute war ich schon Blödmann, Wi***er und wurde mit einem Hammer bedroht„. Erfahrungen wie diese ziehen sich dabei durch alle Bereiche des Öffentlichen Dienstes – ob Feuerwehr oder Standesamt.

„Diese Kampagne trifft genau den Punkt“, meint Jürgen Wambach, der für den Kommunalen Ordnungsdienst auf der Straße im Einsatz ist. „Sie zeigt auf, wie man sich fühlt, wenn man ständig und stetig verhöhnt wird und trotzdem weitermacht, weil man an den Sinn des Jobs glaubt.“ Die Kampagne soll Menschen für die Gewalt, die die Beschäftigten tagtäglich erleben, sensibilisieren.

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Auswertung: Pöbeleien, Bedrohungen und Übergriffe nehmen zu

Grundlage für die Aktion ist das „Aachener Modell“, das Übergriffe in der Verwaltung erfasst und entsprechend ihrer Schwere eingeordnet. Eine Auswertung für die Stadtverwaltung und ihre Eigenbetriebe zeigte, dass etwa Pöbeleien in Bereichen mit Publikumskontakt an der Tagesordnung sind. Dies betrifft unter anderem den Zentralen Kommunalen Entsorgungsbetrieb, das Ordnungsamt oder die Bürgerämter.

Allerdings haben die Beschäftigten der Stadt allein in diesem Jahr auch schon 24 Vorfälle gemeldet, die über unangemessenes Verhalten hinaus gehen. Neben Beschimpfungen und Beleidigungen kam es etwa auch zu Sachbeschädigungen, Nötigungen und Bedrohungen. Dustin Zahler, ein Standesamt-Mitarbeiter bemerkt: „Vor meiner Tätigkeit im Standesamt konnte ich mir nicht vorstellen, dass ich für die Ausübung meiner Arbeit ein Selbstschutztraining brauchen werde. Es ist aber leider so.“

Mitarbeitende erleben sogar körperliche Angriffe

Die Mitarbeitenden sind zum Teil sogar körperlichen Übergriffen ausgesetzt. So wurden etwa Beschäftigte im Rettungsdienst geschlagen und getreten und Mitarbeitende des Kommunalen Ordnungsdienstes in einem Fall über mehrere Stunden mit einer Schusswaffe bedroht. In den Bussen und Bahnen der Saarbahn GmbH kam es in diesem Jahr bereits zehn Mal zu gewaltsamen Übergriffen auf die Beschäftigten der städtischen Gesellschaft.

Bei Fällen von körperlicher Gewalt kann die Landeshauptstadt etwa Strafanzeige stellen und vermittelt die Betroffenen an eine Sozialberatung. Zudem können Gegenmaßnahmen wie Zugangsbeschränkungen oder Notknöpfe helfen. Darüber hinaus bietet Saarbrücken den Mitarbeitenden Selbstschutztraining und Schulungen zum Umgang mit Konfliktsituationen an.

Stadt und städtische Gesellschaften wollen gegen Gewalt vorgehen

Um dem wachsenden Problem entgegenzutreten, haben die Geschäftsführer:innen der städtischen Gesellschaften und Oberbürgermeister Uwe Conradt im Februar eine Erklärung unterzeichnet. Sie verpflichten sich darin, gegen Gewalt an Stadt-Mitarbeitenden einzutreten. „Wir werden Gewalt, ganz gleich welcher Art, niemals tolerieren und erwarten Respekt und Fairness im Umgang mit unseren Beschäftigten“, erklärt Conradt. „Wir wollen eine gewaltfreie Stadtverwaltung„, ergänzt Personalratsvorsitzende Leslie Poure.

Die Kampagne ist eines der erklärten Ziele. Saarbrücken entwickelte sie gemeinsam mit dem städtischen Personalrat und stimmte sie auch mit den städtischen Unternehmen ab. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, erstreckt sie sich crossmedial über Plakate, digitale Stadtinformationsanlagen und auch soziale Medien. Dort erscheinen unter anderem Video-Interviews mit Mitarbeitenden, die aus ihrem Alltag berichten.

Verwendete Quellen:
– Pressemitteilung der Landeshauptstadt Saarbrücken