Chiara Toussaint: Erfolgreich mit Social Media – und als eigene Chefin

Chiara Toussaint ist Social-Media-Expertin. Sie hat den Schritt gewagt: Vom Angestellten-Job in die Selbständigkeit. Wie fühlt sich das an? Seit knapp 100 Tagen ist sie ihre eigene Chefin, berät im Bereich Kommunikation und Social Media. Wir ziehen mit ihr eine sehr persönliche Bilanz.
Das Foto zeigt Chiara Toussaint
Chiara Toussaint hat ihre Entscheidung nicht bereut: Vom sicheren Agentur-Job in die Selbständigkeit. Foto: Bastian Dittrich/BlackDoor
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Chiara Toussaint hat ihre Entscheidung nicht bereut: Vom sicheren Agentur-Job in die Selbständigkeit. Foto: Bastian Dittrich/BlackDoor

Raus aus dem festen Job

Mit einem Post bei LinkedIn ging es richtig los: „ICH HABE GEKÜNDIGT!“, schrieb Chiara Toussaint. In Großbuchstaben. Und mit Ausrufezeichen! Das war vor sechs Monaten. Kurz davor hatte sie bei ihrer Chefin die Kündigung eingereicht. Eigentlich kein schlechter Job: Chiara (29) verantwortete in der St. Ingberter Agentur das Social-Media-Marketing für Kund:innen, vor allem aus der Kommunikationsbranche, und leitete ein Team von fünf Beschäftigten.

Chiara wollte ihr eigenes Ding machen: Selbst über ihren Tag entscheiden, Verantwortung tragen. „Die Entscheidung habe ich mir nicht leicht gemacht“, sagt sie. Viele Gespräche gingen voraus. Mit Freunden. Mit den Eltern – die Mutter lange Jahre bei der Deutschen Bahn, der Vater in der Versicherungsbranche. Skepsis. Oder wie Chiara sagt: „Selbständigkeit war da nicht der bevorzugte Weg“. Das Social-Media-Geschäft war für ihre Eltern dazu wenig greifbar.

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Fragen und Papierkram bei der Firmengründung

Im Bekanntenkreis musste sie sich Fragen anderer Art zu ihrem Schritt in die vermeintliche Unsicherheit gefallen lassen: „Was, wenn du schwanger wirst?“ Das ärgerte sie: „Männer werden mit solchen Themen nie konfrontiert.“

Sie wollte es schaffen: Selbst entscheiden, wohin der Weg führt. Wer Chiara kennenlernt, merkt schnell: Wenn sie losläuft, dann mit aller Kraft und Zielstrebigkeit.

Chiara lief los – und landete erst einmal bei sehr vielen Fragen. Und Papierkram: „Die ganze Orga für die Firmengründung fand ich schon verrückt“, blickt sie auf die ersten Wochen zurück. Steuersachen, Anmeldungen, welche Rechtsform wählen? Was muss eigentlich in die AGB? Wie geht das, wenn man eine Marke anmelden will?

Firmenstart: Wo gibt’s Infos?

„Am Anfang hatte ich viel weniger Zeit für das, was ich eigentlich liebe – Social Media, Unternehmen beraten“, sagt sie. Sie biss sich durch, fand Hilfe bei IHK, saaris und weiteren Stellen im Saarland. „Ich bin meinen Ansprechpartnern sehr dankbar für ihre Hilfe“, sagt sie, „aber es fehlt eine zentrale Stelle, die Menschen bei der Hand nimmt, wenn sie ein Unternehmen gründen wollen, und zwar bei den ganz grundsätzlichen Dingen.“ Wer finanzielle Hilfe brauche, finde schnell Angebote. „Aber die ganz grundsätzliche Rundum-Beratung aus einer Hand fehlt“, findet sie.

Schon ist sie bei dem Thema, das sie am besten beherrscht: Analysieren, Strategien entwickeln, Coachen. Ihr Spielfeld hierfür ist Social Media. Spezialgebiete: Linkedin-Marketing, Facebook und Instagram.

Während ihrer Ausbildung zur Kauffrau für Markenkommunikation ist sie dort hineingewachsen. Erst zum Spaß bei Instagram: Essen und Fitness waren ihre Themen. Ihr Instagram-Name @chiaras_foodlove verrät die Historie, wie sie zunächst zur Food-Influencerin wurde. Heute hat sich Chiara weiterentwickelt. Mit fast 3.000 Followern im Business-Netzwerk LinkedIn hat sie eines der großen Profile in der Region, ihr folgen wichtige Wirtschaftsköpfe und eine ansehnliche Zahl politischer Entscheider:innen im Land.

Schränkt das Saarland zu sehr ein?

Ein Glücksfall, den es selten gibt: Bevor sie ihren Firmennamen – „saarsocial – by Chiara Toussaint“ – als Marke anmeldete, war sie selbst schon eine. Als Influencerin. Sie wirbt auf ihrem Instagram-Account @chiaras_foodlove zum Beispiel schon seit längerem für Globus.

Warum hat sie eigentlich das Wörtchen „Saar“ in den Namen gepackt? Schränkt das nicht ein? Bei diesem Thema wird Chiara emotional: „Ich liebe dieses Land – und wir können so viel daraus machen.“ Gelegenheit, aus dem kleinen Bundesland auszubrechen, hatte sie: „Als ich noch bei einer Agentur im Saarland angestellt war, wollte mich eine Firma aus Frankfurt abwerben – für massiv mehr Geld.“ Für Chiara keine Option: „Ich bleibe hier.“

Erfolg im Saarland sieht Chiara als Qualitätssiegel

Für Chiara ist es Qualitätssiegel, es im Saarland zu etwas zu bringen. Hier kenne jeder jeden. „Wenn man es schafft, im Saarland ein solides Geschäft und sich einen guten Ruf aufzubauen, ist der Schritt nach München, Frankfurt oder Wiesbaden kein großer mehr“, sagt sie selbstbewusst. Gesagt, getan: Vor zwei Monaten trat sie in München als Keynote-Sprecherin auf Einladung eines Socialhub-Kundenevents auf. Socialhub ist eine Software, um Social-Media-Auftritte zu steuern und wird von Kunden wie der Deutschen Bahn oder der Drogerie-Kette Rossmann genutzt.

Spannende Ausflüge – ihr Fokus aber liegt klar im Saarland. „Menschen befähigen, sie weiterbringen – das macht mir Spaß“, so Chiara. Bei ihren Agenturjobs habe sie sich den Azubis gewidmet, jetzt sind es eben Firmenchefs- und -chefinnen, Marketingleiter:innen oder auch der ein oder andere saarländische Bürgermeister. Sie berät, hilft, mit Employer Branding den Fachkräftemangel zu überwinden und gibt ihren Kunden den kommunikativen Kick für den Social-Media-Auftritt.

Für alle haben sich die Marktgesetze massiv verändert: Klassisches Marketing dringt bei Kunden wie Bürgern immer weniger durch. Kopf und Herz erreichen Unternehmen wie Behörden immer häufiger mit einer authentischen und direkten Ansprache über Social-Media-Kanäle. Chiara hält dazu Impulsvorträge und entwickelt in Workshops Strategien.

Künstliche Intelligenz verändert die Agenturen

Was sie fasziniert: „Ich lerne so unfassbar viele interessante Menschen kennen.“ Weshalb sie sich vor allem der Beratung und der Strategieentwicklung verschrieben hat. Der Gesamtblick auf ein Projekt ist ihr wichtig, das tägliche Managen von Social-Media-Konten, also das Verfassen und Gestalten von Beiträgen und die Kommunikation mit den Nutzer:innen, erledigt sie zum Teil auch mit Partnern. „Hierfür stelle ich mir gerade ein kleines Netzwerk zusammen, das zu mir und meinem Qualitätsanspruch passen muss.“

Die persönliche Expertise, die Beratung, machen ihr Geschäft zudem zukunftssicherer. Stichwort: Künstliche Intelligenz. „Die KI muss man als Freund umarmen, der gekommen ist, um zu bleiben“, sagt Chiara. Sie nutzt sie als Werkzeug, als technisches Hilfsmittel, kann sich aber vorstellen, dass KI die ein oder andere Standardarbeit in Agenturen ersetzen wird. „Beim Texten von Abverkaufsposts für Instagram oder Facebook ist datenbasierte KI wahrscheinlich jetzt schon überlegen“, sagt sie.

100 Tage nach Start: Keine schlaflosen Nächte

Ihr Kopf und ihre Expertise dagegen bleiben gefragt. Zukunftsängste oder schlaflose Nächte hat Chiara fast 100 Tage nach dem Start in die Selbständigkeit nicht, auch weil sie interessante Kund:innen gewonnen hat: „Nach meinem Kündigungs-Post kamen wahnsinnig viele Anfragen. Ich musste gar nicht akquirieren.“ Sie hat für die 200 AVIE-Apotheken in Deutschland Social-Media-Seminare und Workshops durchgeführt, sie berät verschiedene Versicherungen und Banken und betreut den saarländischen Pharma-Riesen Ursapharm in Social-Media-Fragen. Auch der ein oder andere bekannte Name aus dem saarländischen Politik-Betrieb vertraut auf ihre Kommunikationserfahrung.

Was die Selbständigkeit verändert hat

Mit dem Wechsel vom Nine-to-five-Job in die Selbständigkeit hat sich ihre Perspektive verändert: „Wenn man angestellt ist, dreht sich alles um die Arbeitszeit“, sagt sie, „ich muss meine acht Stunden ableisten.“

Als Unternehmerin geht es für sie um Effizienz: „Was kann ich während meiner Zeit erledigen?“ Die Arbeitsdauer tritt in den Hintergrund, weshalb ihre Arbeitstage mal vier, aber auch 14 Stunden haben. „Ich bin dann zufrieden, wenn ich meinen Job für meine Kunden gut erledigt habe“, sagt sie.

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Feste Mitarbeiter:innen will sie aktuell noch nicht einstellen: „Ich habe den Anspruch, meinen Mitarbeiter:innen Sicherheit zu bieten und ein faires Gehalt zu zahlen.“ Letzteres hat sie in ihrer eigenen Historie als Arbeitnehmerin mitunter anders erlebt. Ein weiteres Motiv für sie, die Selbständigkeit zu wählen. Weil sie auch andere Frauen dazu ermutigen will, engagiert sie sich im femPOWERme-Netzwerk.

Chiaras Tipp für Frauen (und Männer), die den Schritt ins Unternehmertum wagen wollen? „Netzwerken“, sagt sie sofort – und überlegt kurz: „Lernen, groß zu denken, was alles geht.“

Verstärkung fürs Familybusiness

Kürzlich besuchte Chiara die „Summer Nights“ von Alexander Kunz in Saarbrücken. Mit dabei: ihr Vater. Interpretiert man dessen entspannt-gelösten Gesichtsausdruck auf Chiaras Instagram-Post, scheint Papa Toussaint mittlerweile im Reinen zu sein – mit dem Social-Media-Business und mit der Selbständigkeit seiner Tochter. Viel bleibt ihm auch nicht übrig: Zoé, Chiaras jüngere Schwester, ist ganz frisch auch ins Familienbusiness eingestiegen.

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