Dramatischer Personalschwund: NGG fordert bessere Bedingungen für Beschäftigte im Gastgewerbe

Während der Corona-Pandemie wanderten viele Fachkräfte der Saarbrücker Hotels und Gaststätten in andere Branchen ab. Laut der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) liegt das nicht nur an den vorübergehenden Schließungen, sondern auch an den Arbeitsbedingungen. Diese müssten verbessert werden.
In der Pandemie haben rund 20 Prozent der Beschäftigten im Saarland das Gastgewerbe verlassen. Symbolfoto: NGG
In der Pandemie haben rund 20 Prozent der Beschäftigten im Saarland das Gastgewerbe verlassen. Symbolfoto: NGG
In der Pandemie haben rund 20 Prozent der Beschäftigten im Saarland das Gastgewerbe verlassen. Symbolfoto: NGG
In der Pandemie haben rund 20 Prozent der Beschäftigten im Saarland das Gastgewerbe verlassen. Symbolfoto: NGG

Supermarktkasse statt Biertheke: Im vergangenen Jahr haben sich im Regionalverband Saarbrücken rund 1.400 Köch:innen, Servicekräfte und Hotelangestellte vom Gastgewerbe abgewandt.

Dramatische Abwanderung von Personal im Gastgewerbe

Waren es laut Zahlen der Arbeitsagentur vor der Corona-Pandemie noch 6.542 Beschäftigte, blieben zum Jahreswechsel nur noch 5.159. Wie die NGG in einer Pressemitteilung erklärt, ist das jede:r fünfte Angestellte der Branche. Saarlandweit wechselten innerhalb von zwölf Monaten 3.500 Hotel- und Gastro-Mitarbeiter:innen ihren Job. Auch das sind 20 Prozent der Beschäftigten.

Zum Neustart nach der Pandemie fehlen Mitarbeiter:innen

Der Personal-Schwund dürfte sich laut der Gewerkschaft aufgrund des anhaltenden Lockdowns bis in den Mai erneut zugespitzt haben. „Viele Menschen schätzen es, nach langen Entbehrungen endlich wieder essen zu gehen oder zu reisen. Aber ausgerechnet in der Sommersaison fehlt einem Großteil der Betriebe schlicht das Personal, um die Gäste bewirten zu können“, so Mark Baumeister, Geschäftsführer der NGG-Region Saar.

Kurzarbeit und schlechte Bezahlung seien Hauptgrund

Für die Lage seien vor allem die Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit verantwortlich. „Gastro- und Hotel-Beschäftigte arbeiten sowieso meist zu geringen Löhnen. Wenn es dann nur noch das deutlich niedrigere Kurzarbeitergeld gibt, wissen viele nicht, wie sie über die Runden kommen sollen“, erklärt der Gewerkschafter. Wenn die Fachkräfte in Kanzleien oder Arztpraxen Büroorganisation übernehmen oder im Supermarkt arbeiten und dabei zwei Euro pro Stunde mehr verdienen, dürfe es niemanden überraschen, dass sie sich umorientieren.

Arbeitsbedingungen schon vor Corona schlecht

„Schon vor Corona stand das Gastgewerbe nicht gerade für rosige Arbeitsbedingungen. Unbezahlte Überstunden, ein rauer Umgangston und eine hohe Abbruchquote unter Azubis sind nur einige strukturelle Probleme. Die Unternehmen haben es über Jahre versäumt, die Arbeit attraktiver zu machen. Das rächt sich jetzt“, so Baumeister. Aber: Nun gäbe es die Chance für Wirt:innen und Hoteliers sich neu aufzustellen.

Bessere Löhne und Bedingungen gefordert

Viele Betriebe seien noch immer schwer von der Pandemie getroffen. Dennoch müsse man, um überhaupt noch Fachleute zu gewinnen, umdenken und sich zu besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen bekennen. Dazu brauche es Tarifverträge. „Am Ende geht es um einen Kulturwandel. Auch Servicekräfte haben ein Recht darauf, vor dem Dienst zu wissen, wann Feierabend ist. Sie haben Anspruch auf eine anständige Bezahlung – unabhängig vom Trinkgeld. Und auf eine faire Behandlung durch den Chef.“

Preispolitik von Gaststätten müsse überdacht werden

Laut Ansicht von Baumeister machten Gastronom:innen, die das Mittagessen so günstig anbieten, dass die das Personal nicht mehr bezahlen können, grundsätzlich einen Fehler. „Viele Gäste sind durchaus bereit, ein paar Cent mehr für die Tasse Kaffee zu bezahlen – gerade jetzt, wo den Menschen bewusst geworden ist, dass der Besuch im Stammlokal ein entscheidendes Stück Lebensqualität ist“, so der Gewerkschafter.

Restart-Prämie für bis zu 60 Prozent der Personalkosten

Zudem könnten die Finanzhilfen des Bundes für angeschlagene Betriebe Abhilfe schaffen. Über die Restart-Prämie etwa werden in diesem Monat bis zu 60 Prozent der Personalkosten bezuschusst, wenn Angestellte der Hotels und Gaststätten aus der Kurzarbeit geholt werden.

„Klar ist: Köchinnen, Kellner & Co. freuen sich darauf, endlich wieder Gäste empfangen zu können. Viele arbeiten mit großer Leidenschaft im Service. Auf diese Motivation können die Betriebe bauen – und sollten das Personal nicht erneut durch prekäre Löhne und schlechte Arbeitszeiten verprellen“, so Baumeister.

Verwendete Quellen:
– Pressemitteilung der NGG, 06.07.2021