Experte empfiehlt Impflücken im Saarland zu analysieren und Kontakte zu reduzieren

An der saarländischen Regierungsspitze ist man sich uneins, ob es eine gesetzliche Impfpflicht geben sollte. Klar ist für Politiker wie Expert:innen, dass die Impfquote weiter erhöht werden muss. Auch mit neuen Methoden.
Der Virologe Jürgen Rissland fordert ein gezielteres Vorgehen, damit sich noch mehr Personen gegen Corona impfen lassen. Foto: BeckerBredel
Der Virologe Jürgen Rissland fordert ein gezielteres Vorgehen, damit sich noch mehr Personen gegen Corona impfen lassen. Foto: BeckerBredel

Der Virologe Jürgen Rissland von der Universität des Saarlandes fordert ein gezielteres Vorgehen, damit sich noch mehr Menschen gegen das Coronavirus impfen lassen. „Ich glaube, dass wir noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um unsere Impfquote nach oben zu bringen“, sagte er am Dienstag (23. November 2021) in Saarbrücken. Die Meinung von Ministerpräsident Tobias Hans und Gesundheitsministerin Monika Bachmann (beide CDU), die zuvor eine gesetzliche Impfpflicht abgelehnt hatten, trage er „voll und ganz mit“. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) sprach sich am Dienstag indes für eine Impfpflicht aus. Oskar Lafontaine, Fraktionschef der Linken, bezeichnete dies als „verantwortungslos“.

Experte empfiehlt Impflücken zu analysieren und Kontakte zu reduzieren

Für Rissland kann eine Impfpflicht „nur die Ultima Ratio“ sein. Er schlug vor, zunächst die Impfdaten ortsbezogener zu analysieren, um herausfinden, wo die größten Impflücken sind. Darüber ließen sich Betroffene gezielter ansprechen – sowohl, was die Sprache angehe, als auch, indem man mit einem Impfmobil die jeweilige Region aufsuche. Auch wenn die Impfung das Mittel der Wahl sei, um die Pandemie irgendwann für erledigt zu erklären, und 3G draußen und 2G im Innenbereich „aller Ehren wert“ sei, komme man um eines nicht herum: „Wir werden uns weiter Gedanken machen müssen, wo wir noch dazu beitragen können, Kontakte weiter zu reduzieren, damit dieser Infektionswelle die Dynamik genommen wird.“

Infektionsmediziner für mehr Drittimpfungen

Auch der Infektionsmediziner Sören Becker von der Saar-Uni hält zusätzliche Instrumente für erforderlich. Die Drittimpfung, deren Effekt schon nach sieben Tagen eintrete, bringe einen Zusatznutzen: eine über 90-prozentige Reduktion bei Krankenhausaufenthalten und bei schweren Erkrankungen und über 80 Prozent bei einer coronabedingten Sterblichkeit. Ziel müsse es sein, bis Ende des Jahres auch einen Großteil der Drittimpfungen zu erreichen.

Hans zu Daten der Impfverweiger:innen

Laut Hans gibt es im Saarland – wenn man die unter 18-Jährigen abziehe – zehn Prozent, die sich einer Impfung verweigerten. „Mein Verständnis für die ist völlig aufgebraucht„, so der Ministerpräsident. Die Situation habe sich auch im Saarland zugespitzt und sei „sehr dramatisch“. Man werde nun alles daran setzen, auch noch die Letzten „mit intelligenten Methoden“ vom Impfen zu überzeugen. „Wenn das ein Land schaffen kann, dann das Saarland. Und darauf setzen wir.“

Lob für das Saarland aus Bayern

Lob für das Saarland gab es von Statistiker Göran Kauermann von der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Aus bayerischer Sicht eine Gratulation ans Saarland, dass es geschafft worden ist, die Impfquoten sehr hochzufahren.“ Dies bedeute keine Entwarnung, aber für 18- bis 59-jährige Ungeimpfte sei das Risiko, mit einer Infektion auf einer Intensivstation zu landen, 20-fach höher als für Geimpfte.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur
– eigene Berichte