Grüner Fleck in roter Karte: Zweibrücken mit niedrigster Inzidenz
Zweibrücken mit niedrigster Inzidenz
Auf einer Corona-Risiko-Karte leuchten die Regionen in Deutschland von gelb über orange und rot bis lila. Ganz Deutschland? Nein, ein kleiner grüner Fleck ist im Südwesten zu finden. Es ist die Stadt Zweibrücken in der Westpfalz, die sich gerade über den bundesweit niedrigsten Corona-Inzidenzwert freut: 11,7. „Es gibt kein Geheimrezept. Ich kann nicht sagen, was wir anders machen“, sagt Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD). Die kleinste kreisfreie Stadt der Republik mit 34.500 Einwohnern liegt nahe der Grenze zum Saarland und zu Frankreich.
Es seien wohl mehrere Dinge, die da zusammen kämen. Ein Punkt sei: „Wir haben Bürger, die sehr diszipliniert sind. Ohne die würde es nicht funktionieren.“ Heißt also wenig Verstöße gegen Regeln. „Wenn es mal welche sind, dann sind es solche wie Maske auf dem Parkplatz beim Supermarkt vergessen“, erzählt er. Wosnitza war mit den „Good News“ aus seiner Stadt am Donnerstag ein gefragter Mann: „Ich gebe gerade ein Interview nach dem anderen.“
Den Wert von 11,7 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner:innen innerhalb von sieben Tagen hatte das Robert Koch-Institut (RKI) für Zweibrücken am Donnerstag (00.00 Uhr) ausgewiesen. Nach den Statistiken des RKI ist das der bundesweit niedrigste Wert eines Land- oder Stadtkreises mindestens seit Mitte Januar. Auf Platz zwei stand am Donnerstag Emden in Ostfriesland mit 16,0. Bundesweit lag der Wert bei 80,7.
„Sehr früh“ Schnelltests in Seniorenheimen
„Natürlich ist da auch immer ein Funken Glück dabei“, sagt der gebürtige Saarländer Wosnitza. Dazu beigetragen habe aber sicher auch, dass man vor Ort sehr eng und abgestimmt im Kampf gegen die Pandemie vorgehe. Man habe sehr früh begonnen, bei Mitarbeiter:innen in Seniorenheimen Schnelltests zu machen. Seit Mittwoch seien die Bewohner in den Alten- und Pflegeheimen alle zweimal geimpft. Und: Bislang habe es keine großen Corona-Ausbrüche in Heimen gegeben.
Der Saarbrücker Professor für Klinische Pharmazie und Experte für Corona-Prognosen, Thorsten Lehr, ist von den guten Zahlen in Zweibrücken „ein bisschen verwundert“. Nein, er habe „keine wirklich tolle Begründung für den Moment“, sagt er. Erkennbar sei aber, dass, wenn die Zahl der Neuinfektionen eine gewisse Grenze durchbrochen habe, das Sinken dann einfacher gehe. Zweibrücken habe es geschafft, in der zweiten Welle nicht zu hoch auszuschlagen: In der Spitzenzeit habe die Inzidenz leicht über 100 gelegen, sagt er.
Thema Lockerungen
Lehr ist der Überzeugung, dass die Inzidenz von 50 für Lockerungen noch zu hoch ist. Dieser Wert sei in der ersten Welle im Frühjahr 2020 nie erreicht worden – er lag immer darunter. „Ich glaube, dass die Nachverfolgung mit 50 noch schwierig ist. Und in Bezug auf die Mutanten halte ich es im Moment für ein gewagtes Spiel, überhaupt von einer Öffnung zu sprechen“, sagt er.
„Unsere magische Grenze liegt eher bei 20.“ Wenn man den Lockdown so hielte wie derzeit, werde man diese Zahl nach den Berechnungen eines entwickelten „Covid-Simulator“ der Universität des Saarlandes Mitte März erreichen. Bei 10 wäre man Mitte April. Auf den Wert von 50 werde man seiner Analyse zufolge Mitte Februar kommen. Bisher ist der Lockdown bis zum 14. Februar beschlossen.
Auch wenn Zweibrücken nun unterhalb jeglicher Corona-Warnstufen liege: Lokale Lockerungen der Maßnahmen machten keinen Sinn, sagt der Oberbürgermeister. Dann ziehe man Menschen aus anderen Regionen an – wo die Werte höher liegen: „Und dann haben wir einen Jojo-Effekt, den wir ja vermeiden wollen.“ Man wisse ja, dass man „auf wackeligen Füßen“ stehe und „dass die Situation sehr schnell wieder kippen kann“.
Was es jetzt brauche, sei „ein landes- und bundesweit abgestimmter Lockerungsplan.“ Wenn die Zahlen sinken, müsse das auch bei den Bürger:innen ankommen. „Es braucht einen positiven Blick in die Zukunft. Der ist jetzt wichtiger denn je“, sagt der Oberbürgermeister.
Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur