Hochwasser im Saarland: Unwetter-Warnung aufgehoben, Lage aber weiter angespannt

Im Saarland herrscht Ausnahmezustand. Zwar wurde die Unwetter-Warnung aufgehoben, aber das Hochwasser hat das Land fest im Griff:
Das Hochwasser der Theel hat Teile der Innenstadt von Lebach überflutet. Foto: Harald Tittel/dpa
Das Hochwasser der Theel hat Teile der Innenstadt von Lebach überflutet. Foto: Harald Tittel/dpa

Ein Bundesland im Ausnahmezustand: Nach Dauerregen und Hochwasser will sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Samstag gemeinsam mit Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (beide SPD) im Saarland ein Bild von der Situation machen.

Örtlich Gewitter mit Starkregen erwartet

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hob am frühen Samstagmorgen alle Unwetterwarnungen in Deutschland auf. Somit lagen im Saarland und auch in Rheinland-Pfalz keine Warnungen vor „extrem ergiebigem Dauerregen“ mehr vor, wie der DWD mitteilte. Für den heutigen Samstag meldet der DWD allerdings örtlich Gewitter mit Starkregen zwischen 15 und 25 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit, stürmischen Böen bis 65 km/h (Bft 7-8) sowie kleinkörnigem Hagel.

Vereinzelt seien auch unwetterartige Entwicklungen mit Starkregen um 30 Liter pro Quadratmeter in kurzer Zeit nicht ausgeschlossen, heißt es vom Wetterdienst. In der Nacht zu Sonntag werde der Regen allmählich nachlassen.

Mehr als 3.000 Einsätze für Feuerwehr und Polizei bis Samstagmorgen

Am Freitag und auch noch in der Nacht zum Samstag kämpfte fast das ganze Bundesland mit den Wassermassen. Auf Videos waren zur Hälfte überschwemmte Autos, im Hochwasser feststeckende Wohnwagen und zahlreiche überflutete Straßen zu sehen. Gebäude wurden notdürftig mit Sandsäcken geschützt, teilweise stehen ganze Straßenzüge unter Wasser. Das Lagezentrum in Saarbrücken registrierte bislang mehr als 3.000 Polizei- und Rettungseinsätze im gesamten Bundesland. Die Zahlen stammen vom frühen Samstagmorgen, wie eine Sprecherin des Lagezentrums in Saarbrücken sagte.

Ottweiler: Strom in der Altstadt abgeschaltet

In der Altstadt des saarländischen Ottweiler musste in der Nacht zum Samstag vorsorglich der Strom abgeschaltet werden, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte. „Wir haben hier eine Großschadenslage“, sagte der Landrat des Landkreises Neunkirchen, Sören Meng, in einem Video auf Facebook. „Die Folgen für den Landkreis sind sehr groß. Es sind fast alle Städte und Gemeinden betroffen.“

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In Rußhütte, einem Stadtteil der Landeshauptstadt Saarbrücken, wurden die Menschen mit Amphibienfahrzeugen und Booten evakuiert. Ein Straßenzug sei hier besonders betroffen gewesen, sagte der Sprecher des Innenministeriums.

Stromversorgung wird nach und nach wieder hergestellt

Die Saarbrücker Stadtwerke mussten wegen Überflutungen am Freitag 16 Trafo-Stationen in Malstatt, Eschringen, Ensheim, Fechingen, St. Johann und Alt-Saarbrücken abschalten. Derzeit seien mehrere Teams im Einsatz, um die Stromversorgung wieder herzustellen. Jeder Anschluss müsste zuvor aber überprüft werden. Die Zuschaltung der Haushalte geht erst, sobald die Keller leergepumpt und zugänglich sind.

Vom Stromausfall betroffen waren im Wesentlichen überflutete Zonen in Malstatt, Eschringen, Fechingen, Ensheim.

Evakuierung in Neunkirchen

Die Blies ist in Neunkirchen über die Ufer getreten. Aktuell unterstützen zahlreiche Helfer vom DRK Kreisverband Saarbrücken einen Evakuierungseinsatz vor Ort. Die Wassermassen bahnen sich einen Weg durch die Stadt und drohen unter anderem, das nahegelegenen Altenheim zu erreichen. Die Bewohner werden daher vorsorglich evakuiert.

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Schäden noch nicht absehbar

In saarländischen Völklingen sind wegen des anhaltenden Regens Straßenzüge vom Stromnetz genommen worden. „In Völklingen werden Schäden in Millionenhöhe erwartet, insbesondere im privaten Bereich“, hieß es. „Das Schadensausmaß ist nicht noch absehbar.“

Mehr Regen als in einem ganzen Monat – Pegel könnten weiter steigen

Es handele sich um ein Hochwasserereignis, wie es alle 20 bis 50 Jahre stattfinde, teilte das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz mit. An der Unteren Blies rechnete das Amt noch bis zum Samstagnachmittag mit weiter ansteigenden Wasserständen. Der DWD maß stellenweise mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter in nicht einmal 24 Stunden. Für diesen heftigen Regen seien Flüsse und Infrastruktur nicht ausgerichtet, sagte eine DWD-Meteorologin am Freitagabend. Zum Vergleich: Im gesamten vergangenen Monat April waren im Saarland rund 74 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen worden – und dies war ein Sechstel mehr Niederschlag als normalerweise in dem Monat.

Die Landeshauptstadt Saarbrücken rief ebenso wie mehrere Kreise eine Großschadenslage aus. Mehrere Gebäude im Stadtgebiet mussten evakuiert werden. Die Stadt richtete Ausweichquartiere in Schulen und ein Bürgertelefon ein. „Wir haben überall Evakuierungen“, sagte ein Sprecher des Lagezentrums in Saarbrücken. „Es regnet überall, landesweit.“

Auch in Rheinland-Pfalz volle Keller und Straßen

Im benachbarten Rheinland-Pfalz waren am Freitag vor allem der Landkreis Trier-Saarburg mit den Verbandsgemeinden Ruwer und Saarburg-Kell sowie die Südpfalz und die Städte Trier, Zweibrücken, Pirmasens und Ludwigshafen von dem Dauerregen betroffen. Keller und Straßen liefen voll und Bäume stürzten um, wie die Koordinierungsstelle der Aufsichts- und Dienstleistungsbehörde (ADD) berichtete. Verletzt wurde nach derzeitigem Kenntnisstand niemand. Viele kleinere Bäche und Flüsse traten über die Ufer.

Evakuierungen von ganzen Ortsteilen

Die Evakuierung der tiefer gelegenen Ortsteile in Schoden an der Saar war bis zum frühen Samstagmorgen erfolgreich abgeschlossen. 220 Menschen wurden laut Kreisverwaltung in einer Turnhalle untergebracht. In Saarburg wurde außerdem ein Seniorenheim evakuiert, in Trittenheim an der Mittelmosel ein Hotel. Davon waren etwa 50 Menschen betroffen, die ebenfalls in einer Turnhalle untergebracht wurden. Der Wasserstand der Saar war zuvor wegen des Dauerregens so stark gestiegen, dass eine Überflutung des Uferdamms befürchtet wurde. Mit Sandsäcken wollten Helfer versuchen, den Damm zu stabilisieren. „An fast allen Orten entlang der Saar sind Straßen und Gebäude überspült, in vielen Gemeinden treten kleinere Gewässer über die Ufer“, teilte die Kreisbehörde mit.

Wie geht es weiter?

Bereits in der Nacht zum Samstag sandte die Landesregierung eine Botschaft an die Bürgerinnen und Bürger und leitete erste Schritte für finanzielle Hilfen ein. „Viele Saarländerinnen und Saarländer bangen um ihre vier Wände und ihr Hab und Gut oder haben bereits starke Schäden zu beklagen“, teilte Ministerpräsidentin Rehlinger mit.“Damit keine Zeit verloren geht, hat die Landesregierung kurzfristig Beschlüsse gefasst, durch die Hilfe bereitsteht, um entstandene Schäden zu beheben.“ Noch könne aber niemand konkrete Summen nennen.

In einer Schalte am späten Freitagabend habe der Ministerrat ein sogenanntes Elementarereignis von überörtlicher Bedeutung festgestellt. Damit können laut Staatskanzlei Hilfen des Landes fließen. Zudem könnten Kommunen wegen der außergewöhnlichen Notsituation von Regelungen des Haushaltsausgleichs abweichen. „Landesregierung und Kommunen stehen zusammen – wie das ganze Saarland“, teilte Innenminister Reinhold Jost (SPD) mit.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur