Homburger Patient erhält als Erster neues Gentherapie-Medikament für Bluter

Als erster Patient in Deutschland erhält ein junger Mann an der Uniklinik in Homburg ein neuartiges Gentherapie-Medikament für Bluter. Durch die Behandlung könnten ihm künftig regelmäßige Infusionen, auf die Menschen mit Hämophilie angewiesen sind, erspart bleiben.

In Deutschland werden jährlich etwa 160 Jungen mit der Bluterkrankheit, der sogenannten Hämophilie, geboren. Insgesamt sind in Deutschland rund 6.000 Männer schwer an Typ A oder B erkrankt. Schuld sind Störungen einzelner Gene, die zwar von beiden Geschlechtern vererbt werden, jedoch bei Frauen meist nicht zu einer Erkrankung führen.

Früher starben Bluter häufig schon im Kindesalter

Erste Anzeichen für die Bluterkrankheit sind meist blaue Flecken an Stellen, an denen sich das Kind gar nicht gestoßen hat. „Früher starben die Betroffenen häufig schon im Kindesalter an Blutungen„, erläutert Professor Dr. med. Hermann Eichler, der Direktor des Instituts für Klinische Hämostaseologie und Transfusionsmedizin an der Uniklinik in Homburg. „Heute haben Menschen mit schwerer Hämophilie hingegen eine weitgehend normale Lebenserwartung.“

Patienten sind auf regelmäßige Infusionen angewiesen

Um vorzubeugen, müssen die meisten Betroffenen jedoch regelmäßige Infusionen mit den fehlenden Gerinnungsfaktoren erhalten. Allerdings können diese inneren Blutungen nicht immer verhindern. Langfristig kann das vor allem große Gelenke schädigen, an denen es gehäuft zu Blutungen kommt. Die Patienten leiden oftmals unter chronischen Schmerzen oder benötigen bereits im frühen Erwachsenenalter Kunstgelenke.

Eigene Produktion von Gerinnungsfaktoren durch Gentherapie

Eine Gentherapie könnte diese Probleme vermeiden. Forscher arbeiten seit 25 Jahren an einer Methode, die dafür sorgen soll, dass der Körper selbst den fehlenden Gerinnungsfaktor produziert. Über sogenannte Genfähren, die aus speziellen Viren entwickelt werden, soll eine Kopie des defekten Gens in die Leberzellen transportiert werden. Die Fähren binden sich an die Leberzellen und laden die Gene dort ab. Diese dienen dort als Bauplan für die Bildung von intakten Gerinnungsfaktoren.

Die Gentherapie soll über Jahre hinweg oder gar lebenslang die Herstellung von genügend Gerinnungsfaktoren ermöglichen. In klinischen Studien wurden bei mehr als 50 Patienten mit Hämophilie B Konzentrationen bis in den Normalbereich erzielt. „Bei einigen Patienten produzierten die Leberzellen den Gerinnungsfaktor noch neun Jahre nach der Gentherapie“, so die Experten der Uniklinik.

Erste Zulassungsverfahren laufen

Während eine Gentherapie von chinesischen Forschern 1996 nicht zu einer ausreichenden Produktion führte, haben nun mehrere Firmen in der USA und Europa vielversprechende Behandlungen entwickelt. Ende 2019 wurde der erste Zulassungsantrag bei der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA und der europäischen Arzneimittelbehörde EMA eingereicht.

Patient in Homburg erhält als erster neues Gentherapie-Produkt

Auch für Hämophilie A laufen aktuell klinische Studien, die in den nächsten Jahren zu einer Zulassung der Therapie führen könnten. Als erster Patient in Deutschland hat nun ein junger Mann am Hämophilie-Zentrum in Homburg ein neuartiges Gentherapie-Produkt erhalten. Es soll die Infusion von Gerinnungsfaktoren für einen langen Zeitraum obsolet machen.

Der Patient wird als erster am Zentrum des UKS gentherapeutisch behandelt. „Dies ist ein weiterer wichtiger Meilenstein zur Etablierung hochinnovativer Therapien am Universitätsklinikum des Saarlandes„, so Prof. Dr. med. Wolfgang Reith, Ärztlicher Direktor am UKS. Die Hoffnung sei, dass durch intensive Forschung und die Behandlung in spezialisierten Zentren wie dem in Homburg Bluter bald ein aktives und blutungsfreies Leben führen können.

Verwendete Quellen:
– Pressemitteilung der Uniklinik in Homburg