Krawall-Kinder aus Riegelsberg: So geht es jetzt weiter
Nachdem die Gruppe zunächst aufgelöst schien, weil einer der Rädelsführer in eine Jugendhilfeeinrichtung in Rheinland-Pfalz gebracht worden war, hatte es am Dienstag doch wieder massiven Ärger gegeben. Die Bürger in Riegelsberg sind – um es milde auszudrücken – sehr genervt.
Wie geht es nun weiter?
Am Mittwochabend (31. Januar 2018) hatten sich mehrere Vertreter der Polizei, des Regionalverbands-Jugendamtes und der Diakonie sowie Riegelsbergers Bürgermeister Klaus Häusle zusammengesetzt, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Die SZ sprach mit Bürgermeister Häusle und Patrik Siegwart, dem stellvertretenden Leiter der Polizeiinspektion Köllertal, über die Ergebnisse.
Die Leitung der Diakonie, so Häusle, habe zugesagt, eine noch massivere Trennung der Gruppe vorzunehmen, konkret: drei Jungs, die eher im Bereich „Mitläufer“ einzuordnen sind, bleiben in Riegelsberg. Die vier Haupttäter werden auf vier andere Einrichtungen verlegt; wobei einer dieser Vier am Dienstagabend noch einen derartigen Ausraster hatte, dass er zunächst in die Kinder- und Jugendpsychiatrie nach Kleinblittersdorf gebracht wurde. Dort werde er allerdings schon aus Platzmangel nicht lange bleiben.
Bürgermeister Häusle hofft, dass damit wieder Ruhe einkehrt. Er sieht aber auch die Staatsanwaltschaft gefordert, sowohl zum Schutze der Allgemeinheit als auch im Sinne der Jugendlichen selbst („Grenzen setzen“). Neben dem Aspekt der Jugendhilfe gibt es natürlich auch noch den Aspekt der Strafverfolgung.
Die Schwierigkeit
Inzwischen liegt die Zahl der Straftaten, die sicher oder vermutlich auf das Konto der Gruppe gehen, bei 35 bis 50 Einzelfällen. Aber gerade dadurch wird es kompliziert, schildert Patrik Siegwart: Alle Einzelfälle werden dokumentiert und festgehalten – und müssen auch bewiesen werden.
Jedes Mal gilt es festzustellen: Wer war der konkrete Täter, in welcher Zusammensetzung war die Gruppe unterwegs und wer war zum Tatzeitpunkt noch 13 und somit strafunmündig? Und wenn sich dann auch noch mehrere Staatsanwaltschaften und Anwälte damit befassen, dauert alles noch länger.
Bei der Strafverfolgung werden also sehr viele Monate ins Land ziehen, bevor es zu Ergebnissen kommt. Und „einfach einsperren“ geht schon rein rechtlich nicht. – Eine Staatsanwältin habe es so formuliert: „Auch eine scharfe Berichterstattung und eine aufgewühlte Bevölkerung sind kein Haftgrund.“
Seitens der Polizei, so Siegwart, werde man versuchen, die Riegelsberger Fälle beim „Initiativprogramm junge Intensivtäter“ anzusiedeln, das habe den Vorteil, dass alle Fälle immer beim selben Sachbearbeiter der Polizei und beim gleichen Staatsanwalt landen, was für eine Beschleunigung sorgt. Die Entscheidung, ob die Riegelsberger Fälle dort aufgenommen werden, werde voraussichtlich am Montag bei der Staatsanwaltschat fallen.
Warum eine Haft unwahrscheinlich ist
Die Hürden für eine Haft noch während der laufenden Ermittlungen sind, insbesondere im Jugendstrafrecht, hoch. Der Täter muss schon einmal verurteilt worden sein und es muss Wiederholungsgefahr bei schwerwiegenden Straftaten bestehen (etwa Raub oder Sexualdelikte). „Untersuchungshaft“ komme eher nicht in Frage, denn diese soll lediglich das Verfahren sichern, kommt also zur Anwendung, wenn Fluchtgefahr besteht.
Dennoch wünscht sich Klaus Häusle, dass die Justiz ein Zeichen setzt, denn es könne nicht sein, dass jemand 30, 40 Straftaten begeht und noch keine Konsequenzen zu spüren bekommt. „Die Spirale muss mal durchbrochen werden“, so Häusle.
Gefängnis sei zwar die letzte Möglichkeit, aber eben doch eine Möglichkeit – bestenfalls für den Betroffenen selbst. So erinnerte sich Häusle an einen Aufsatz eines Soziologen, der es als eine letzte Chance für manche straffällige Jugendliche ansah, im Gefängnis eine Ausbildung zu machen und so doch noch zu einem geregelten Leben zu kommen.
Mit Verwendung von SZ-Material (Marco Reuther).