Saarland testet neue Therapien gegen Pornosucht – etwa 12.000 Einwohner betroffen

Etwa eine Million Menschen in Deutschland leiden an einer Pornosucht. Der Leidensdruck ist dabei mitunter hoch, Anlaufstellen gibt es jedoch kaum. Auch das Saarland testet daher nun neue Therapieformen mit Mitteln aus dem Transformationsfonds:
Im Saarland sind schätzungsweise 12.000 Menschen von Pornosucht betroffen. Symbolfoto: Marcus Brandt/dpa-Bildfunk
Im Saarland sind schätzungsweise 12.000 Menschen von Pornosucht betroffen. Symbolfoto: Marcus Brandt/dpa-Bildfunk

Schätzungsweise 12.000 Saarländer:innen sind pornosüchtig

Dank des Internets ist Pornografie rund um die Uhr und überall verfügbar. Für schätzungsweise* eine Million Menschen in Deutschland zwischen 18 und 65 Jahren wird das zum Problem. Das berichtet die Techniker Krankenkasse in einer Pressemitteilung. Etwa drei Prozent der Männer und weniger als ein Prozent der Frauen in Deutschland sind von einer Pornografie-Nutzungsstörung (PNS) betroffen. Heruntergerechnet auf das Saarland wären das etwa 10.000 Männer und 2.000 Frauen. Die Pornosucht wirkt sich häufig negativ auf Partnerschaft, Familie, Sexualität und Berufsleben aus.

5,4 Millionen Euro aus Transformationsfonds für Therapie-Projekt

Um den Betroffenen zu helfen, testet das Saarland gemeinsam mit Rheinland-Pfalz und Hessen ab dem 1. Januar 2024 neue Therapieformen. 5,4 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds fließen dazu in das Projekt PornLoS (Pornografie-Nutzungsstörung – Leben ohne Suchtdruck). Es ist auf dreieinhalb Jahre ausgelegt und wird geleitet von Prof. Dr. Rudolf Stark an der Justus-Liebig-Universität Gießen. TK, DAK-Gesundheit sowie Ambulanzen und Forschungseinrichtungen engagieren sich als Konsortialpartner.

Online-Selbsttest hilft, Sucht zu erkennen – Anmeldung noch offen

„Kontrollverlust und subjektives Leiden sind die zwei wichtigsten Kriterien für eine PNS“, so Stark. Ein Online-Selbsttest auf der Website des Projekts soll Betroffenen helfen, zu erkennen, dass sie Hilfe brauchen. „Aktuell können wir noch Betroffene aufnehmen, die sich für die Studie einschreiben möchten. Alle Teilnehmenden erhalten psychotherapeutische Unterstützung bei der Überwindung ihrer Pornografie-Nutzungsstörung.“ Die Teilnehmerzahl liegt bei maximal etwa 320.

Therapieansätze zielen auf Abstinenz oder Reduzierung

„PornLoS“ testet dabei zwei Therapieansätze. Einer zielt dabei auf Abstinenz, der zweite auf reduzierte Nutzung ab. Die Teilnehmenden nutzen dabei auch eine App, die für die Studie entwickelt wurde. Eine dritte Gruppe erhält eine Behandlung nach bisherigen Standards, zudem gibt es eine klassische Kontrollgruppe.

Das Ziel: Enttabuisierung und Schaffung von Anlaufstellen

„Für Betroffene gibt es bislang noch wenige Anlaufstellen„, meint Stefan Groh, Leiter der TK-Landesvertretung Saarland. Das Projekt solle zudem helfen, „das sehr stark schambehaftete Thema Pornografie-Nutzungsstörung zu enttabuisieren.“ Ziel sei einerseits die Versorgung der Betroffenen zu verbessern und andererseits vorzubeugen. „Entscheidend ist – wie generell beim Medienkonsum – ein gesunder Umgang mit den Inhalten. Daher ist es wichtig, Medienkompetenz in allen Altersgruppen zu fördern“, so Groth.

Versorgung bei Pornosucht im Saarland bislang schlecht

Bislang erfährt das Thema Pornosucht in der Psychotherapie wenig Beachtung, wie eine Umfrage vor dem Start von PornLoS zeigt. Demzufolge gaben 60 Prozent der befragten Psychotherapeut:innen im Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen an, sich schlecht oder sehr schlecht mit dem Krankheitsbild auszukennen. Laut einer Telefonumfrage in 28 Kliniken der drei Bundesländer bieten nur drei Krankenhäuser spezifische Behandlungsangebote an.

Acht Zentren und 150 Psychotherapeut:innen beteiligen sich an Projekt

Das Projekt schafft hier Abhilfe: Acht ambulante psychotherapeutische Koordinationszentren und rund 150 niedergelassene Psychotherapeut:innen, die speziell für die Behandlung von PNS geschult werden, beteiligen sich an PornLoS. Unabhängig von der Bewertung des Projekts verbessert sich somit die Versorgungssituation.

Weitere Informationen, der Selbsttest sowie die Anmeldung zu dem neuen Behandlungsangebot gibt es auf der Projekt-Website von PornLoS.

*Die Schätzung von deutschlandweit etwa einer Million Menschen, die von einer Pornografie-Nutzungsstörung (PNS) betroffen sind, bezieht sich auf die Zahl von circa 51 Millionen erwachsenen Männern und Frauen im Alter von 18 bis 65 Jahren. Bei einer Betroffenheit von circa drei Prozent der Männer und einem Prozent der Frauen ergeben sich die Zahlen von circa 750.000 männlichen sowie circa 250.000 weiblichen Personen mit einer PNS.

Verwendete Quellen:
– Pressemitteilung der Techniker Krankenkasse