„Schnüffelhelden“: Saar-Verein sucht mit Hunden nach vermissten Haustieren

Im Saarland und in Rheinland-Pfalz wurden laut Haustierregister "Tasso" im ersten Halbjahr 2021 rund 4.500 Tiere als vermisst gemeldet. Wenn Hunde weggelaufen sind, machen sich die vierbeinigen "Schnüffelhelden" auf den Weg.
Der Verein hat seinen Sitz in Heusweiler. Foto: Oliver Dietze/dpa-Bildfunk
Der Verein hat seinen Sitz in Heusweiler. Foto: Oliver Dietze/dpa-Bildfunk

Toni ist voll konzentriert. Kaum hat er seine Nase in die Plastiktüte mit dem Taschentuch gesteckt, möchte er auch schon los. Der Australian-Shepherd-Rüde ist schon im Arbeitsmodus und macht sich an der langen Schleppleine mit seiner Besitzerin Corinna Speicher zügig auf den Weg. Toni hat einen Auftrag: Er soll denjenigen finden, zu dem dieser Geruch gehört. Doch es ist kein Mantrailing – also eine Personensuche – für die Toni jetzt im Einsatz ist, sondern ein Pet-Trailing: Denn als „Schnüffelheld“ sucht er nach vermissten Haustieren.

Verein gibt es seit drei Jahren

Seit drei Jahren sind die Tierspürhunde aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz ehrenamtlich unterwegs, um entlaufene Hunde zu finden. Dafür und für die zweijährige Ausbildung trainieren die rund 30 Mitglieder des VereinsSchnüffelhelden“ aus Heusweiler mindestens zweimal in der Woche – wie auch an diesem Nachmittag in Püttlingen. Corinna Meiser hat sich dazu mit ihrer American-Staffordshire-Hündin Juna etwa zehn Minuten entfernt in einem Schuppen versteckt. Ein Klacks für Toni. Gezielt läuft er nach der Geruchsprobe erst eine Straße entlang, ignoriert sämtliche Spaziergänger:innen und zweigt schließlich in einen Waldweg ab.

Hunde machen eine Fernanzeige

100 Meter weiter wird er so schnell, dass seine Besitzerin kaum noch mitkommt. Dann biegt er auf einen kleinen Trampelpfad, rast aufgeregt auf einen Schuppen zu – bis er plötzlich stoppt und seinem Frauchen glücklich entgegenstürmt. Für Corinna Speicher das untrügliche Zeichen, dass ihr Hund fündig geworden ist. „Schon an der Körpersprache habe ich ihm vorher angemerkt, dass er kurz vor dem Ziel ist“, sagt sie.

Anders als beim Mantrailing wird beim Pet-Trailing mit einer Fernanzeige gearbeitet, das heißt: Die Hunde gehen nicht direkt zu den vermissten Tieren, sondern zeigen ihr Suchergebnis aus einer Distanz an – einige durch Bellen, andere legen sich hin oder laufen – wie Toni – gezielt zu ihren Besitzern. „Das ist ganz individuell, wie es der Hund gerade möchte“, erläutert Pressesprecher Giuseppe Alexandro Calabró. „Wir pochen nicht darauf, dass er sich hinsetzen oder dreimal bellen muss!“

Die Fernanzeige ist vor allem als Vorsichtsmaßnahme gedacht und um den Stresslevel für die entlaufenen Tiere möglichst gering zu halten. Vor allem bei älteren Hunden oder solchen, die auf Medikamente angewiesen sind, „läuten alle Alarmglocken“, schildert der 28-Jährige. Oder auch, wenn sie mit Geschirr oder Leine entlaufen seien. „Da besteht dann immer die Gefahr, dass sie sich irgendwo verheddern und alleine nicht mehr wegkommen und im schlimmsten Fall dann auch dort verenden können.“

Nicht immer gibt es ein Happy End

Solche Fälle haben die „Schnüffelhelden“ schon erlebt. Nicht immer gibt es nach Stunden, Tagen oder Wochen ein Happy End. Wie etwa von dem Pudel, der von seiner Pflegestelle weglief, als seine Besitzerin im Krankenhaus war. „Die Dame war 80, und der Hund war alles, was sie noch hatte“, schildert Calabró. „Ihr die Botschaft zu überbringen, dass ihr Hund weg sei, wäre schlimm gewesen.“ Die Schnüffelhelden jedoch konnten schnell helfen: Noch am selben Tag war der Pudel in der Pflegestelle zurück.

„Super traurig“, sagt Corinna Speicher, war jedoch, wie sie einen kleinen Chihuahua nach ein paar Tagen erfroren in Lebach an der Prims gefunden hätten und sein Besitzer, ein großer stattlicher Mann, schrecklich geweint habe. „Wenn man das so sieht – das hat mich persönlich viel beschäftigt“, gibt sie zu. Und doch helfe es vielen Besitzer:innen auch dann, wenn ihr geliebtes Tier zumindest tot gefunden werden könnte und sie Gewissheit hätten, was damit passiert sei.

Im Saarland mehr als 900 Tiere vermisst

Laut Tierschutzorganisation Tasso waren im ersten Halbjahr 2021 alleine im Saarland 923 Tiere vermisst – davon 229 Hunde und 694 Katzen. 220 Hunde und 516 Katzen konnten im selben Zeitraum wieder mit ihren Menschen zusammengebracht werden. In Rheinland-Pfalz waren es vermisste 3.602 Tiere (903 Hunde und 2.699 Katzen) – und 2.971, die bislang wieder zu Hause landeten.

Warum laufen Hunde weg?

Die Gründe, warum Hunde weglaufen, sind vielfältig: Mal sind die Besitzer:innen gestürzt und haben die Leine fallenlassen, mal haben sich die Hunde erschreckt oder in unvorhersehbaren Situationen Panik bekommen. Und der Ausnahmezustand steigert sich dann: Nach 48 Stunden, so schildert Corinna Speicher, fallen viele Hunde in einen „Wild-Modus“. „Oft versorgen sie sich dann irgendwie selbst, werden sehr scheu und erkennen danach nicht mal mehr ihre Besitzer.“

Die Schnüffelhelden, zu denen auch eine Sicherungsgruppe gehört, erstellen ein Laufprofil der Hunde, legen Futterstellen aus und locken sie gezielt dahin. Nimmt der Hund diesen Ort an, wird eine Lebendfalle aufgestellt. „Die muss dann natürlich immer bewacht sein“, sagt Speicher.

Unterstützung durch Spenden

Finanziert wird ihre Arbeit – die für die Tierbesitzer:innen kostenlos ist – ausschließlich durch Spenden. Unterstützung gab es jetzt auch vom saarländischen Umweltministerium. „Ohne die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer wäre es um den Tierschutz im Saarland schlecht bestellt“, sagte Staatssekretär Sebastian Thul (SPD). „Als Hundebesitzer kann ich nur ahnen, wie schlimm es sein muss, den vierbeinigen Begleiter zu verlieren, nicht zu wissen, wo er ist, ob es ihm gut geht.“

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur