Schwerbehinderter Markus Igel (31) kämpft bei Demo in Saarbrücken um Selbstbestimmung

Der schwerbehinderte Markus Igel soll mit 31 Jahren ins Heim abgeschoben werden. Bis heute führt er dank qualifizierter Assistenten ein selbstbestimmtes Leben - trotz Rollstuhl. Doch die sind dem Landesamt für Soziales nun zu teuer.
Markus Igel (31) will ein selbstbestimmtes Leben führen. Dafür demonstriert er vor dem Landesamt für Soziales in Saarbrücken. Foto: Markus Igel
Markus Igel (31) will ein selbstbestimmtes Leben führen. Dafür demonstriert er vor dem Landesamt für Soziales in Saarbrücken. Foto: Markus Igel
Markus Igel (31) will ein selbstbestimmtes Leben führen. Dafür demonstriert er vor dem Landesamt für Soziales in Saarbrücken. Foto: Markus Igel
Markus Igel (31) will ein selbstbestimmtes Leben führen. Dafür demonstriert er vor dem Landesamt für Soziales in Saarbrücken. Foto: Markus Igel

Markus Igel wehrt sich: Am kommenden Donnerstag (24. Januar) hat er eine Demonstration nicht nur gegen den Heimzwang, sondern auch gegen Lohndumping in der Behindertenassistenz organisiert. 

Unterbezahlte Pflegekräfte oder Heim

Der Hintergrund: Statt seiner bisherigen Assistenzkräfte soll Markus Igel laut eigener Aussage osteuropäische Pfleger einstellen, die weit unter dem deutschen Mindestlohn arbeiten. Das Landesamt für Soziales will die lebensnotwendige Assistenz nicht mehr bezahlen. Die Alternative ist das Heim.

Beide Optionen kommen für den jungen Mann nicht infrage. Seine Assistenzkräfte pflegen ihn seit vielen Jahren. Dank ihnen kann Markus selbst entscheiden, wann er essen, auf die Toilette gehen oder aufstehen möchte. Im Heim würde ihm diese Freiheit verloren gehen, er wäre dann davon abhängig, wann die Pflegekräfte Zeit für ihn haben. Auch das zwangsweise Zusammenleben mit Anderen empfindet der 31-Jährige als Einschränkung seiner Selbstbestimmung„Ich möchte die Dinge tun, die ein junger Mann mit 31 Jahren macht. Nicht mehr, nicht weniger.“

Umgang mit Behindertenrechten „skandalös“

Dass eine Behörde von einem Schwerbehinderten verlangt, seine Assistenten zu entlassen und durch unterbezahlte Arbeitskräfte aus Osteuropa zu ersetzen, betrachten die Aktivisten des Vereins Ability Watch, der sich für die Rechte Behinderter einsetzt, als „skandalös“. Die Bedingungen, die Markus hier für seine Pflegekräfte vorgeschlagen würden, seien in Hinblick auf Mindestlohn und Arbeitsschutz auch in den Augen des deutschen Gesetzgebers menschenunwürdig, so Nancy Poser, ein Mitglied im Forum behinderter Juristinnen und Juristen und Aktivistin bei Ability Watch.

Die zahlreichen skandalträchtigen Fälle rund um die Rechte Behinderter zeigen, dass die Behörden und Politiker die zehn Jahre alte UN-Behindertenrechtskonvention noch nicht verstanden hätten, meint Constantin Grosch, ebenfalls Aktivist und Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke. 

Bereits einige Jahre zuvor sollte Markus ins Heim abgeschoben werden. Durch eine Klage beim Bundesverfassungsgericht konnte er die Gefahr damals abwenden. Doch diesmal dauert der juristische Weg zu lange und ist für Markus zu teuer, da er kein Geld mehr für seine Assistenzkräfte hat. „Markus wird systematisch ausgehungert, damit er aufgibt. Selbst wenn in zwei oder drei Monaten ein Gericht entscheidet, dass er Anspruch auf die lebensnotwendige Assistenz hat, wäre Markus längst im Heim, die Assistenten wären weg und die Wohnung wäre gekündigt“, so Ability Watch. 

Prominente Unterstützung bei der Demonstration

Markus Igel hat sich für die Demo und die Übergabe einer Petition für ein selbstbestimmtes Leben prominente Unterstützung nach Saarbrücken eingeladen. Unter anderem reist Schauspieler Samuel Koch an, der seit einem Unfall in der Fernsehshow „Wetten dass…?“ selbst schwerbehindert ist. Außerdem demonstrieren auch Matthias Rösch, Landesbehindertenbeauftragter Rheinland-Pfalz, Christa Maria Rupp, Landesbehindertenbeauftragte Saarland, MdB Corinna Rüffer, Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Aktivist und Moderator Raul Krauthausen und andere Aktivisten aus dem Bündnis AbilityWatch am Donnerstag mit und für Markus Igel. 

Die Online-Petition auf der Plattform Change.org wurde 51.830 Mal unterschrieben. (Update: Innerhalb von 24 Stunden sind 20.000 weitere Unterschriften dazugekommen. Stand 23. Januar: 71.973) Die Aktivisten übergeben sie bei der Demonstration an Stefan Funck, den Direktor beim Landesamt für Soziales. 

Die Demonstration gegen Heimzwang und Lohndumping in der Behindertenassistenz findet am 24. Januar um 11:00 Uhr vor dem Landesamt für Soziales in Saarbrücken-Burbach statt. 

 

Verwendete Quellen:
Pressemitteilung von Raul Krauthausen/ AbilityWatch
Markus Igel
 Petition auf Change.org