Warum die Halde Lydia zu den magischen Orten des Saarlandes gehört
Die Lage
Auf der Ostseite die wenig stille Autobahn, Dudweiler, Hochhäuser. Am Westfuß der Halde die Grube Camphausen – aus deren Stollen der Lydia-Halden-Abraum stammt. Die Eisenbahn im Fischbachtal, das Netzbachtal. Im Norden die Grube Göttelborn nebst Kraftwerk. Im Westen: der Saarkohlenwald, das größte zusammenhängende Waldgebiet im Saarland.
Erneuerung
Bis 2003 ist ihr Zustand erbärmlich. Im Nordwesten steht sie auf einem alten Absinkweiher, droht auf dem schwammigen Gelände über die Bahngleise zu rutschen. Haldenbrände im Innern lassen Lydia dampfen. Dann beginnt ihre Schönheits-OP.
Bagger bewegen 400 000 Kubikmeter Bergematerial von oben nach unten. Planierraupen ebnen den neuen Belag ein. Walzen verdichten ihn. Terrassen, neue Wege, Sand wird ins Innere geblasen, um die Brände zu ersticken. Knapp zwei Millionen Euro kostet die OP. 2006 ist Lydia wieder soweit, Gäste zu empfangen.
Erwachsen ist sie geworden, thront auf dem Bergzug Grühlingshöhe und verschlingt eine Fläche von circa 66 Hektar. Das entspricht etwa 100 Fußballfeldern. Lydia überragt das Relief um 60 bis 120 Meter. Ihr höchster Punkt liegt 360 Meter über dem Meer.
Zwei Aufstiege gibt es. Einen kurzen auf der Autobahnseite über die grüne Haldenflanke. Auf der Waldseite ist der Aufstieg über die kahle Haldenseite beschwerlicher. Auf dem zwölf Hektar großen Haldenplateau angekommen, wirkt Lydia gar ein wenig entrückt. Was sie auch soll.
Das Lydia-Plateau
Zumindest waren das Unerwartbare und Mystische Leitmotive für Jörg Gimmler und Harald Hullmann. Die beiden haben 2005 das Lydia-Plateau gestaltet. Ohne eine „Pseudo-Natur“ entstehen lassen zu wollen, wie sie sagen. Sie setzen nur dezente Eingriffe. Die Schutthaufen an den Rändern lassen sie einfach liegen. Es sind die letzten Lkw-Ladungen Bergeabraum.
Hullmann und Gimmler pflanzen darauf ein paar Bäume und nennen die Landschaft „Jardin mystique“, mystischer Garten. In der Mitte des Plateaus legen die Landschaftsplaner drei Senken an, verfüllen sie mit einer Lehmschicht. Wasser kann nicht mehr versickern.
Die kleinen Teiche taufen sie „Himmelsspiegel“. Tatsächlich fordert dieser Ort zum Innehalten auf. Zum Widerspiegeln. Zur Neu-Orientierung. Zum Einordnen. Nicht nur die Mondlandschaft fordert dies vom Besucher ab. Auch die Stille an diesem schwarzen Strand, dessen Meer im Westen der grüne Wald ist. Und im Osten die wuselige Zivilisation.
Fossilien kann der Besucher auf der Halde suchen – und vielleicht die Antwort auf die Frage, warum die Lydia Lydia heißt. Das kommt so: 1924 nennt die Grubenverwaltung einen Wetterschacht der Grube in Lydia-Schacht um. Weil die Frau des damals zuständigen Grubendirektors so heißt. Den Schacht gibt es heute nicht mehr. Die Lydia steht drauf. Und schließt jeden ins Herz, der einen Sinn fürs Unerwartbare hat. Außer er will auf ihr einen Schießstand bauen.
Mit Verwendung von SZ-Material (Michael Kipp).