„Wettbewerb“ statt „Wettkampf“: Bundesjugendspiele ändern Wertung für Grundschüler

Die Bundesjugendspiele haben in Deutschland zwar eine lange Tradition, wecken jedoch nicht bei allen schöne Erinnerungen. Um die Spiele an Grundschulen kindgerechter zu machen, soll es nun einige Änderungen geben: weniger Stoppuhr und Maßband - "Wettbewerb" statt "Wettkampf".
Trotz Neuerungen bei der Bewertung von Grundschüler:innen halten die Bundesjugendspiele an den verschiedenen Urkunden fest. Archivfoto: BMFSFJ | BMFSFJ/dpa-Bildfunk
Trotz Neuerungen bei der Bewertung von Grundschüler:innen halten die Bundesjugendspiele an den verschiedenen Urkunden fest. Archivfoto: BMFSFJ | BMFSFJ/dpa-Bildfunk

„Wettbewerb“ statt „Wettkampf“ bei den Bundesjugendspielen

Lust auf Bewegung und Sport machen – das ist das ursprüngliche Ziel der Bundesjugendspiele. Erreicht wird das allerdings längst nicht bei allen Schüler:innen. Viele erinnern sich eher mit Frust an den Wettbewerb – wenn etwa die anderen schneller waren oder höher und weiter kamen. Daher sollen die Leistungen von Grundschüler:innen ab dem Schuljahr 2023/2024 anders und weniger starr bewertet werden. „Wettbewerb“ statt „Wettkampf“, so die Devise.

Kinder sollen sich nicht mehr an Punktetabellen messen

Der Unterschied? „Der Wettkampf ist nach internationalen Wettkampfregeln beziehungsweise nationalen Bestimmungen des Regelwerks des Deutschen Leichtathletikverbandes normiert. Der Wettbewerb ist nicht normiert„, so ein Sprecher des Bundesfamilienministeriums. Heißt: Die Kinder müssen sich nicht mehr an der Punktetabelle in Deutschland messen. Stattdessen orientiert sich die Bewertung, wer zu den Besten gehört, an den Leistungen der Kinder einer Schule innerhalb eines Jahrgangs. Ohne die Tabellen können die Schulen zudem auch weitere Disziplinen wie Hürdensprint, Stoßen oder Drehwürfe anbieten.

Weniger Maßband und Stoppuhr, mehr Freude und Motivation

Die Leistungen der Kinder sollen zudem nicht länger zentimetergenau mit dem Maßband oder der Stoppuhr erfasst werden. Stattdessen gibt es etwa bei Weitsprung und Werfen bestimmte Zonen, die bestimmte Punkte geben. Der Fokus solle auf der Freude an Bewegung und der Motivation, sein Bestes zu geben, liegen. „Vor allem aber geht es auch um Fairness, Respekt, Teamfähigkeit und soziale Kompetenzen.“

Für diese Disziplinen und Klassenstufen gilt die Neuerung

Die Neuerung soll die Spiele kindgemäßer machen. Sie gilt für Leichtathletik und Schwimmen für alle Grundschulen bis zur vierten Klasse. Bislang wurden in diesen Disziplinen nur die Spiele der ersten und zweiten Klasse als Wettbewerb ausgetragen. Die Verantwortlichen empfehlen Wettbewerb statt Wettkampf allgemein bis zur sechsten Klasse. Beim Geräteturnen dürfen die Schulen jedoch weiter von der ersten bis zur vierten Klasse zwischen den beiden Austragungsformen wählen.

Ehren-, Sieger- und Teilnehmerurkunden bleiben

Eine – für viele sicher leidige – Instanz bleibt jedoch: die traditionelle Vergabe von Ehren-, Sieger- und Teilnehmerurkunden. Diese erfolgt jedoch nach einem festen Schlüssel. Die besten 20 Prozent – getrennt nach Jahrgang und Geschlecht – bekommen die Ehrenurkunde. Die mittleren 50 Prozent werden mit einer Siegerurkunde und die unteren 30 Prozent mit der Teilnehmerurkunde ausgezeichnet.

Kritik an Prämierung: Letztlich werden Kinder doch verglichen

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält die Reform für einen guten Ansatz. Es gebe aber noch Luft nach oben. Der Wettbewerbsgedanke stelle zwar Respekt, Teamfähigkeit und soziale Kompetenzen mehr in den Fokus, so GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze. „Man hätte aber noch einen größeren Schritt machen können, zum Beispiel, indem man noch stärker das Team in den Mittelpunkt stellt. Dass man bestimmte Sportarten anbietet oder sich gegenseitig hilft bei bestimmten Dingen.“ Auch die Urkunden-Verteilung sieht sie kritisch. Jedes Kind, das teilnimmt, solle in irgendeiner Form prämiert werden. Aber: ohne dass die Teilnehmenden letztlich doch mit verschiedenen Urkunden verglichen werden.

Wettkampfcharakter solle jedoch nicht für alle entfallen

Dem pflichtet auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) bei. Insbesondere im Grundschulalter sei eine Alternative vielleicht sinnvoller. „Dies darf nicht dazu führen, dass der Wettkampfcharakter pauschal und für alle Kinder abgeschafft wird“, meint VBE-Bundesvorsitzende Gerhard Brand. Vielmehr sollten die Kinder die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, ob sie Spiel und Spaß oder den Wettstreit suchen. Das Miteinandermessen sei letztlich ein starker Leistungsanreiz, „der den Profisport so spannend und für die Zuschauerinnen und Zuschauer so attraktiv macht“, so Brand.

Bundesjugendspiele verpflichtend bis zur zehnten Klasse

Laut des Bundesfamilienministeriums sollen die Bundesjugendspiele für das Schuljahr 2023/2024 im August ausgeschrieben werden. Bis zur zehnten Jahrgangsstufe sind sie Pflicht.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur