Zahl der Toten bei Hochwasserkatastrophe drastisch gestiegen

Im Westen Deutschland hat Dauerregen Bäche sowie Flüsse in reißende Fluten verwandelt. Nach den heftigen Unwettern starben Dutzende Menschen, zahlreiche Personen werden noch vermisst. Derweil eilen Politiker:innen ins Katastrophengebiet.
Blick auf den Ort im Kreis Ahrweiler am Tag nach dem Unwetter mit Hochwasser. Foto: dpa-Bildfunk/Thomas Frey
Blick auf den Ort im Kreis Ahrweiler am Tag nach dem Unwetter mit Hochwasser. Foto: dpa-Bildfunk/Thomas Frey
Blick auf den Ort im Kreis Ahrweiler am Tag nach dem Unwetter mit Hochwasser. Foto: dpa-Bildfunk/Thomas Frey
Blick auf den Ort im Kreis Ahrweiler am Tag nach dem Unwetter mit Hochwasser. Foto: dpa-Bildfunk/Thomas Frey

Hochwasserkatastrophe im Westen

Häuser sind weggespült, ganze Landstriche verwüstet. Dutzende Menschen sind nach Unwettern im Westen Deutschlands gestorben. Viele Personen werden in Rheinland-Pfalz vermisst.

Rheinland-Pfalz

In Rheinland-Pfalz waren mehrere Orte in der Eifel besonders schwer von dem Hochwasser betroffen. 50 Menschen kamen in dem Bundesland ums Leben. „Die Befürchtung ist, dass es noch mehr werden“, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Koblenz am Freitagmorgen. Die Bergungsarbeiten liefen weiter.

Wie viele Menschen insbesondere in der Region um Bad Neuenahr-Ahrweiler noch vermisst werden, konnte der Sprecher nicht genau sagen. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) hatte am Donnerstagabend davon gesprochen, dass das Schicksal von 40 bis 60 Menschen weiterhin ungeklärt sei.

Der Kreis Ahrweiler hatte sogar von 1.300 noch vermissten Menschen im Kreisgebiet gesprochen. Eine Sprecherin erklärte das auch mit einem teilweise lahmgelegten Mobilfunknetz. Daher gebe es keinen Handy-Empfang und viele Menschen seien nicht erreichbar.

In Schuld an der Ahr wurden in der Nacht zum Donnerstag nach Angaben der Polizei in Koblenz vier Häuser völlig und zwei weitere Häuser zur Hälfte weggespült. Eine Vielzahl weiterer Gebäude ist einsturzgefährdet. Die Fluten schnitten mehrere Orte von der Außenwelt ab. Etwa 50 Menschen wurden von Hausdächern gerettet, auf denen sie Zuflucht gesucht hatten.

In dem Stadtteil selbst lief die Evakuierung der Wohnhäuser. „Es geht um etwa 100 bis 150 Menschen“, sagte Schmitz. „Wir nutzen Boote oder dort, wo die Strömung zu stark ist, eben Radlader.“ Rund 200 Rettungskräfte seien im Einsatz. „Plus 60 bis 70 Menschen von der Stadt. Jeder, der laufen und eine Schaufel halten kann, hilft.“ Auch im Eifelkreis Bitburg-Prüm wurden Menschen in ihren Häusern von den Wassermassen eingeschlossen. Die Bewohner:innen von mehreren Gemeinden waren von Stromausfall und Einschränkungen der Trinkwasserversorgung betroffen.

In Trier wurden wegen des Hochwassers Teile der Ortslage Alt-Ehrang sowie ein Krankenhaus und ein Seniorenheim evakuiert. „Aus dem Heim wurden etwa 125 Menschen und aus dem Krankenhaus etwa 70 bis 80 Menschen weggebracht – einige frisch operiert“, sagte Stadtsprecher Michael Schmitz.

Nordrhein-Westfalen

In Nordrhein-Westfalen blieb die Lage ebenfalls weiter angespannt. Nach dem Abklingen des Starkregens kämpften Feuerwehr und andere Einsatzkräfte an vielen Orten mit einer sich verschärfenden Hochwasserlage. Mindestens 30 Menschen starben nach Angaben des Innenministeriums. 57 Personen seien zudem verletzt.

Im Sauerland starben zwei Feuerwehrleute. Einer von ihnen war in Altena bei der Rettung eines Mannes ertrunken. In einem überfluteten Keller eines Hauses in Geilenkirchen wurden zwei leblose Menschen gefunden. Nach ersten Ermittlungen handelte es sich um zwei Bewohner im Alter von 74 und 78 Jahren.

An der Steinbachtalsperre wurden die Orte Schweinheim, Flamersheim und Palmersheim evakuiert. Die Talsperre sei von einem Sachverständigen als „sehr instabil“ eingestuft worden, sagte der Landrat des Kreises Euskirchen, Markus Ramers (SPD), der Deutschen Presse-Agentur. Von der Evakuierung seien 4.500 Einwohner:innen betroffen.

Unübersichtliche Lage nach Dauerregen

Die Lage war nach dem Dauerregen vielerorts in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen unübersichtlich. Retter:innen brachten Menschen in überschwemmten Orten zum Teil mit Booten in Sicherheit. Viele suchten auf Bäumen und Hausdächern Schutz vor den Fluten, Rettungshubschrauber waren im Einsatz. Es sei schwierig, die Vermissten zu erreichen, da das Mobilfunknetz zum Teil ausgefallen sei, sagte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD). „So eine Katastrophe haben wir noch nicht gesehen. Es ist wirklich verheerend.“

Hilfsprogramm geplant

Die Bundesregierung plant nach Angaben von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) ein Hilfsprogramm für die Betroffenen. „Wir werden als Bundesregierung ein Soforthilfeprogramm auflegen“, kündigte Klöckner am Donnerstag an. Die Bundeswehr schickte mindestens 850 Männer und Frauen zur Unterstützung der Rettungsarbeiten in die betroffenen Regionen, wie ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur am Abend sagte.

Besuche von Politiker:innen

NRW-Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) machte sich in Altena und in Hagen ein Bild von der Lage. Rund 440 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk und 100 Kräfte der Bundeswehr waren allein in Hagen unterwegs, um der Wassermassen Herr zu werden. Eine Reise durch Süddeutschland hatte Laschet abgebrochen und auch seine Teilnahme an der CSU-Klausur im bayerischen Seeon abgesagt.

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) unterbrach wegen des Hochwassers seinen Urlaub. Der Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat machte sich zusammen mit Dreyer ein Bild von der Lage im Katastrophengebiet. Er zeigte sich betroffen von der „gewaltigen Zerstörung, die die Natur angerichtet hat“. Aber diese Naturkatastrophe habe „sicher auch etwas damit zu tun“, dass der Klimawandel mit Geschwindigkeit fortschreite, sagte er. Auch die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock kehrte vorzeitig aus dem Urlaub zurück.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte den Betroffenen Unterstützung zu. „Dies sind für die Menschen in den Überschwemmungsgebieten entsetzliche Tage. Meine Gedanken sind bei ihnen.“ Sie könnten darauf vertrauen, dass alle Kräfte des Staates gemeinsam alles daran setzen würden, auch unter schwierigsten Bedingungen Leben zu retten, Gefahren abzuwenden und Not zu lindern. „Ich möchte den Helfern von ganzem Herzen für ihren Einsatz danken, von dem wir wissen, dass er zum Teil wirklich sehr, sehr gefährlich ist.“

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur