Amtsgericht Neunkirchen begründet überraschenden Freispruch für verurteilten Polizistenmörder

Der wegen Mordes an zwei Polizeikräften verurteilte Andreas S. ist am heutigen Donnerstag (2. März 2023) in einem weiteren Prozess wegen Jagdwilderei und versuchter gefährlicher Körperverletzung freigesprochen worden. Wie das Amtsgericht Neunkirchen sein Urteil begründet:
Der verurteilte Polizistenmörder Andreas S. sitzt im Amtsgericht auf der Anklagebank. Foto: picture alliance/dpa
Der verurteilte Polizistenmörder Andreas S. sitzt im Amtsgericht auf der Anklagebank. Foto: picture alliance/dpa

Polizistenmörder Andreas S. wird von Amtsgericht Neunkirchen freigesprochen

Der wegen Mordes an zwei Polizeikräften verurteilte Andreas S. ist in einem weiteren Prozess vor dem Amtsgericht Neunkirchen mit Urteil vom heutigen Donnerstag (2. März 2023) freigesprochen worden. Der Angeklagte stand wegen des Vorwurfs der Jagdwilderei, versuchter gefährlicher Körperverletzung, eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und einer falschen Verdächtigung vor Gericht.

Das wurde Andreas S. konkret vorgeworfen

Konkret wurde dem 39-jährigen Andreas S. vorgeworfen, im September 2017 in der Nähe von Spiesen-Elversberg ohne Jagdberechtigung ein Reh geschossen zu haben. Das Geschehen soll von einem Zeugen beobachtet worden sein. Im Anschluss habe der Zeuge sich vor das Fahrzeug des S. gestellt. Statt anzuhalten, soll S. auf den Zeugen zugefahren sein, der sich nur durch einen Sprung zur Seite habe retten können.

Amtsgericht Neunkirchen erklärt Urteil: „Schlicht nicht mehr aufklärbar“

Bei der Urteilsverkündung erklärte der Vorsitzende Richter Erhard Breiden, dass das Geschehen, das sich vor fünfeinhalb Jahren zugetragen haben soll, aus heutiger Sicht „schlicht nicht mehr aufklärbar“ sei. „Hier sind zu viele Unsicherheiten vorhanden, die es nicht ermöglichen, eine Verurteilung auszusprechen“, so der Richter weiter. Nach dem Grundsatz „In dubio pro reo“ („Im Zweifel für den Angeklagten“) sei S. deshalb freizusprechen gewesen.

Zeugenaussagen sollen keine Verurteilung tragen

Richter Breiden erklärte weiter, dass es keineswegs so sei, dass man dem Zeugen keinen Glauben geschenkt habe. „Es ist nur so, dass die Aussage keine Verurteilung trägt“, so der Vorsitzende Richter. Das liege auch an dem Umstand, dass das Geschehen schon viele Jahre her sei und dass Aussagen aufgrund des zeitlichen Abstands teils verschieden seien. So habe der Zeuge in der polizeilichen Vernehmung das auf ihn zufahrende Auto überhaupt nicht erwähnt. Später habe er berichtet, er sei vom Weg gegangen, als das Fahrzeug sieben bis acht Meter entfernt gewesen sei. Im Prozess habe er dann plötzlich nur noch von „einer Fahrzeuglänge“ Entfernung gesprochen.

Auch anderen Zeug:innen sei es laut Breiden schwergefallen, sich ausreichend zu erinnern. Es gebe folglich einfach keine „objektivierbaren Gesichtspunkte“ für eine Verurteilung. Man habe keine Waffe gefunden, die dem Reh-Abschuss eindeutig zugeordnet werden könne. Zudem gebe es Widersprüchlichkeiten beim Zeitablauf und keinen Beleg dafür, dass das mutmaßliche Tatfahrzeug bewegt wurde.

Staatsanwaltschaft legt Berufung gegen Freispruch ein

Keine Zweifel an den Vorwürfen hatte hingegen Oberstaatsanwalt Christoph Rebmann. Er erklärte, dass er „schlichtweg nicht nachvollziehen“ könne, dass das Gericht den Angeklagten noch nicht einmal wegen Jagdwilderei verurteilt hat. Für Rebmann sei die Aussage des Hauptbelastungszeugen derart glaubhaft und überzeugend gewesen, dass es auch ohne objektive Beweise für eine Verurteilung reiche. Deshalb legte die Staatsanwaltschaft auch sofort nach dem Urteil Berufung ein. Folglich ist der Freispruch für S. noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft forderte vor dem Urteil eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten für den Angeklagten.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur
– eigene Berichte