Lob für Bewältigung der Hochwasser-Lage im Saarland – andere Situation als im Ahrtal

An Pfingsten 2024 musste das Saarland ein historisches Hochwasser bewältigen. Dabei lief vieles gut. Auch in Teilen von Rheinland-Pfalz war die Lage schwierig, jedoch ganz anders als bei der Ahrflut im Jahr 2021.
An Pfingsten 2024 musste das Saarland ein historisches Hochwasser bewältigen. Foto: Laszlo Pinter/dpa
An Pfingsten 2024 musste das Saarland ein historisches Hochwasser bewältigen. Foto: Laszlo Pinter/dpa

Lob fürs Saarland nach Hochwasser – andere Lage als im Ahrtal

Im Saarland und in Teilen von Rheinland-Pfalz ist an Pfingsten Land unter gewesen – die Einsatzkräfte waren pausenlos auf Trab. Für die Bewältigung der Lage bekommt das Saarland auch externes Lob. In Rheinland-Pfalz wurden Erinnerungen an die Ahrflut von 2021 wach, doch die Situation war aus Expertensicht eine völlig andere.

Wie besonders war das Hochwasser an Pfingsten?

Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger sprach von einem „Katastrophenereignis mit historischem Ausmaß“, der saarländische Innenminister Reinhold Jost (beide SPD) sagte: „Das war eine der, wenn nicht die größte Herausforderung mit Blick auf den Schutz von Leib und Leben und Hab und Gut.“ In der Südwestpfalz war vor allem das Gebiet von Schwarzbach und Hornbach betroffen. Dort wurden nach Behördenangaben Wasserstände eines statistisch alle 100 Jahre vorkommenden Hochwassers teils deutlich überschritten.

Wie wurde mit der Lage in den beiden Ländern umgegangen?

Trotz der kritischen Lage über Tage: Das kleine Saarland mit knapp einer Million Einwohner:innen behauptete sich gut. „Es gab eine ausgezeichnete Zusammenarbeit der einzelnen Behörden. Und in diesem Zusammenhang gibt es mittlerweile auch von außen ein gewisses Maß an Lob und Anerkennung“, berichtete Jost. Unter anderem tagte im Saarland der Ministerrat täglich, auch von außen kam Hilfe. Im Einsatz waren etwa vier Wasserrettungszüge, zehn Hochwasserboote und zehn Hochwasserzüge aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.

Lob kam von dem Meteorologen Jörg Kachelmann. Die Saarländer hätten gezeigt, „wie es geht“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Alle, die was wissen und was umsetzen können, waren zumindest in einem virtuellen Raum. Und zwar von oben bis unten in der Hierarchie.“

Bei der Bewältigung der Lage habe sicher auch geholfen, dass das Saarland eher klein sei und man sich auch geografisch gut auskenne. „Ich glaube aber, dass das überall anwendbar ist“, sagte Kachelmann. Man könne gar nicht genug würdigen, dass es nicht mehr Opfer gegeben habe. „Eine Jahrhundertangelegenheit muss keine Katastrophe sein, wenn man es richtig macht. Das hat das Saarland bewiesen.“ Eigentlich müssten nun andere Bundesländer sich vor Ort informieren, wie die Saarländer:innen das gemacht hätten, sagte Kachelmann. Das Saarland habe jetzt „den Standard gesetzt“.

In Rheinland-Pfalz ziehen Regierung und Behörden ebenfalls eine positive Bilanz. Die Zusammenarbeit habe sehr gut funktioniert, betonten die Aufsichtsbehörde ADD und das Landesamt für Umwelt. Bewährt habe sich das Konzept der überörtlichen Hilfe – Einsatzkräfte aus anderen Landesteilen hätten mitgeholfen. Die Verteilung von Material und Gerätschaften wie Sandsäcken aus dem Katastrophenschutzlager des Landes, Großpumpen oder Hubschraubern für Erkundungsflüge sei von der ADD koordiniert worden.

Regelmäßige Videoschalten der ADD-Koordinierungsstelle mit Brand- und Katastrophenschutzinspekteuren, teils auch Landräten und Oberbürgermeistern, seien von allen Beteiligten als sehr hilfreich beurteilt worden, erklärte das Innenministerium in Mainz. Auch in Rheinland-Pfalz kam das Kabinett mehrfach zusammen. Bewährt habe sich, dass Systeme im Katastrophenschutz in den vergangenen Jahren weiter harmonisiert worden seien. Notrufe seien strukturiert abgefragt und klassifiziert sowie digital dokumentiert worden. Nur so war es laut Innenministerium möglich, die Großzahl an Einsätzen zu bewerkstelligen. Sehr gut funktioniert habe bei der ersten größeren Lage in Rheinland-Pfalz seit dem Start des Handy-Alarmsystems Cell Broadcast auch die Warnung der Bevölkerung.

Wieso war das Saarland auf die dort besonders heftige Lage gut vorbereitet?

Das Saarland hat vor allem aus eigenen Erfahrungen gelernt. Da war das schlimme Saar-Hochwasser Ende 1993, aber da waren auch Starkregen-Ereignisse 2006, 2016 und 2018, die große Schäden anrichteten. Das Land habe daraufhin die Hochwasservorsorge ausgebaut, also Rückhaltebecken angelegt, Bachläufe renaturiert und Gefahrenkarten für Kommunen erstellt, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte. Und: „Selbstverständlich sind auch Erkenntnisse genutzt worden, die auf der Ahrflut beruhen.“

In Rheinland-Pfalz war rund 14 Monate nach der Ahrflut ein Sieben-Punkte-Plan für den Hochwasserschutz vorgestellt worden. Dieser sieht unter anderem einen neuen Webauftritt des Hochwasservorhersagedienstes, Schulungen von Katastrophenschutzstäben, den Ausbau des Pegelsystems, die Berücksichtigung von Hochwasserrisiken in kommunalen Bauverfahren und die Aufnahme von Starkregen in die Risikobetrachtung vor. Rheinland-Pfalz ist nach eigenen Angaben das erste Bundesland, das ein digitales 3D-Simulationssystem für Sturzfluten und Flusshochwasser aufbaut.

Auch auf kommunaler Ebene hat sich eine Menge getan – ein Beispiel ist Zweibrücken: Hier warnen im Bedarfsfall sieben Niederschlagsmesser und 18 Pegelmesser. Ausgelegt ist das System auf kurze heftige Gewitterregen, nicht auf Dauerregen. Bürger:innen werden per App oder SMS gewarnt, wenn Pegel kritische Marken überschreiten. Einsatzkräfte können damit nach Angaben der Stadt punktuell einschätzen, wo und wann Maßnahmen zu ergreifen sind. Für die Prognose des Wellenauflaufs einzelner Bäche und damit der zu erwartenden Wasserstände seien die Zahlen essenziell. Im Prinzip geht es darum, „vor die Lage“ zu kommen. Auch danach seien die Daten relevant zur Prävention.

Ist das Hochwasser an Pfingsten mit der Ahrtal-Flut vergleichbar?

Nach Angaben des Landesamtes für Umwelt in Rheinland-Pfalz lässt sich das Pfingst-Hochwasser in Teilen der Südwestpfalz definitiv nicht mit der Ahrflut von 2021 vergleichen. Grob gesagt, sind die jeweils betroffenen Landschaften andere, auch waren Niederschlagsmengen und Vorbedingungen andere.

Das Gelände im Einzugsgebiet des diesmal stark betroffenen Hornbachs sei deutlich flacher als an der Ahr, erklärte Thomas Bettmann, Abteilungsleiter Hydrologie im LfU. Während der Höhenunterschied zwischen dem höchsten und niedrigsten Pegel im Hornbachgebiet bei nur knapp 37 Metern liegt, sind es an der Ahr 275 Meter. Die Ahr habe sich regelrecht in den Untergrund eingegraben, dort handele es sich um ein recht steiles Kerbtal. Doch was bedeutet das bei Hochwasser? In einem flachen Gebiet wie am Hornbach breite sich Wasser eher aus und der Wasserstand sei bei der gleichen Menge abfließenden Wassers niedriger, sagte Bettmann. Im engen Ahrtal habe es auch noch sogenannte Verklausungen an Brücken gegeben. Da sich dort angespülter Unrat sammelte, wurden die Brücken mehr und mehr zu Engstellen, vor denen sich das Wasser staute und noch höher anstieg.

Auch bei den Niederschlagsmengen zeigten sich deutliche Unterschiede: Im Mittel seien im 1.028 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet des Hornbachs binnen 24 Stunden 75 Liter pro Quadratmeter heruntergekommen. Im etwa 861 Quadratkilometer großen Ahr-Einzugsgebiet seien es 2021 im Mittel 120 Liter pro Quadratmeter gewesen.

In Phasen des intensivsten Niederschlags kamen am Hornbach maximal 80 Liter pro Stunde zusammen, an der Ahr lag das Maximum 2021 bei 157 Litern. Zudem waren die Startbedingungen andere, der Boden an der Ahr war schon vorher deutlich feuchter als jetzt in der Südwestpfalz. Je feuchter ein Gebiet sei, desto mehr Wasser könne nicht versickern, sondern fließe oberflächlich ab, erklärte Bettmann.

Nichtsdestotrotz wurde das Hochwasser an Pfingsten auch an der Ahr aufmerksam verfolgt. Die Menschen im Ahrtal fühlten mit den Betroffenen mit, sagte Ahr-Landrätin Cornelia Weigand (parteilos). „Weil wir wissen, wie sich das anfühlt einfach, wenn sich das Hochwasser den Weg durch das eigene Zuhause bahnt.“ Starkregen und Hochwasser komme immer häufiger vor. „Das Land lernt, glaube ich, dazu, der Bund lernt dazu, die Kreise, die Kommunen selber“, sagte Weigand. Auch Privatpersonen müssten sich vorbereiten und damit auseinandersetzen, dass so etwas passieren könne.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur