S. sei nach Tat „absolut gechillt“ gewesen, sagte Mediziner aus – Komplize hätte „betroffener“ gewirkt

Im Mordprozess um die tödlichen Schüsse auf zwei Polizeikräfte nahe Kusel berichtete der Angeklagte detailliert von seiner Waffen- und Jagdleidenschaft. Demnach tötete er schon als Kind Tiere. Am heutigen Verhandlungstag kamen auch weitere Zeugen zu Wort.
Im Mordprozess berichtete der Angeklagte detailliert von seiner Waffen- und Jagdleidenschaft. Fotos: (Hintergrund) dpa/picture alliance/Sebastian Gollnow | (Foto Tatverdächtiger S.) Claus Kuhn
Im Mordprozess berichtete der Angeklagte detailliert von seiner Waffen- und Jagdleidenschaft. Fotos: (Hintergrund) dpa/picture alliance/Sebastian Gollnow | (Foto Tatverdächtiger S.) Claus Kuhn

Prozess um Polizistenmorde: Angeklagter mit „Affinität zum Schießen“

Der 39-Jährige, der bei einer nächtlichen Verkehrskontrolle in der Pfalz zwei Polizeikräfte getötet haben soll, hat sich vor Gericht als begeisterter Jäger dargestellt. „Mit zehn oder elf habe ich alles geschossen, was bei uns rumlief“, sagte er am heutigen Montag (4. Juli 2022) vor dem Landgericht Kaiserslautern aus. Im Saarland sei er später als Jäger überall bekannt gewesen, auch durch sein Erscheinungsbild: „Als der mit dem langen Mantel und der Fellkappe auf dem Kopf.“ Vor Gericht sagte der aus Neunkirchen stammende deutsche Angeklagte zudem aus, er habe sich beim Nachladen eine besondere Technik angeeignet, „weil ich schnell sein wollte“.

In seinem detaillierten Lebenslauf schilderte der Hauptangeklagte, er habe schon im Alter von sechs Jahren im Beisein seines Vaters auf Zigarettenschachteln geschossen. Ein Freund des Vaters habe ihn im Alter von zehn Jahren das erste Mal auf Wildschweine schießen lassen.

Auch wegen seiner „Affinität zum Schießen“ sei er mit zwölf Jahren in einen Schützenverein gegangen und habe dort angefangen, mit Luftpistole und Luftgewehr zu schießen, später auch mit Schnellfeuergewehren. Ebenso an Wettkämpfen habe er teilgenommen. „Bei den Saarlandmeisterschaft war ich immer vorne dabei“, berichtete er. Im Alter von 16 Jahren habe er den Jagdschein ablegen können, allein im ersten halben Jahr danach habe er bei seinem Onkel 48 Rehe geschossen. „Mir hat das gefallen“, sagte er.

Wildhandel eröffnet; Jagdschein entzogen

Nach einer Ausbildung zum Bäcker und Konditor habe er zunächst den elterlichen Betrieb übernommen und ausgebaut und später einen Wildhandel eröffnet. Nach einem Jagdunfall sei ihm der Jagdschein für 17 Monate entzogen worden. Die Jagd habe er – auf Wunsch von „Berechtigten“, die über Wildschäden geklagt hätten – trotzdem fortgesetzt.

Mediziner: S. nach Tat „absolut gechillt“

Ein Mediziner, der die beiden mutmaßlichen Täter am 31. Januar untersucht hatte, berichtete am Montag, der Hauptangeklagte sei nach der Tat „absolut gechillt“ gewesen und „nicht unter irgendwelchen Einflüssen stehend“. Sein Komplize hätte „unruhiger“ und „betroffener“ gewirkt. Dem 33 Jahre alten Mitangeklagten wirft die Anklagebehörde versuchte Strafvereitelung vor. Er soll beim Spurenverwischen geholfen haben. Vor Gericht äußerte er sich am Montag auf Anraten seines Verteidigers nicht zu den Vorwürfen.

Der Hauptangeklagte hatte vor Gericht erklärt, er habe zwar den Polizisten mit einem Gewehr erschossen, allerdings in einer Art Notwehrlage. Die Polizistin wiederum habe sein Komplize erschossen. Die Ermittler:innen gehen dagegen von einem Schusswechsel zwischen dem Polizisten und dem Hauptangeklagten aus.

Dem 39-Jährigen wirft die Staatsanwaltschaft vor, Ende Januar nahe Kusel eine 24 Jahre alte Polizeianwärterin und einen 29 Jahre alten Polizeikommissar mit Schüssen in den Kopf ermordet zu haben, um Jagdwilderei zu verdecken. Rechtsmediziner beschrieben vor Gericht die massiven Kopfverletzungen der Opfer, die sie am Tatort und bei einer anschließenden fünfstündigen Obduktion festgestellt hatten. Diese hätten – unabhängig von anderen Schussverletzungen – den Tod verursacht.

Der Prozess wird am morgigen Dienstag, um 09.00 Uhr, fortgesetzt. Alle bisherigen Artikel zu dem Fall findet ihr an dieser Stelle.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur