Schwerer Vorwurf: Polizist soll Andreas S. beim Wildern geholfen haben

Im Fall des Polizistenmordes bei Kusel wird den tatverdächtigen Andreas S. und Florian V. vorgeworfen, zunächst gewildert und anschließend zwei Polizeikräfte erschossen zu haben. Der 38-jährige Andreas S. stand bereits in der Vergangenheit immer wieder wegen Jagdwilderei unter Verdacht. Bestraft wurde er nur einmal im Jahr 2004. Und das nicht wegen Wilderei. Wie nun die "Rheinpfalz" berichtet, soll S. einer Verurteilung im Jahr 2017 nur deshalb entkommen sein, weil er einen Helfer bei der Polizei hatte. Die Vorwürfe wiegen schwer:
Nach der Tat von Kusel tauchen immer mehr Informationen auf, die den tatverdächtigen Andreas S. wegen Wilderei in unzähligen Fällen belasten. In einem Fall soll ihm sogar ein Polizist beim Vertuschen der Tat geholfen haben. Symbolfoto: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow
Nach der Tat von Kusel tauchen immer mehr Informationen auf, die den tatverdächtigen Andreas S. wegen Wilderei in unzähligen Fällen belasten. In einem Fall soll ihm sogar ein Polizist beim Vertuschen der Tat geholfen haben. Symbolfoto: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Es ist nun rund drei Wochen her, als im Landkreis Kusel eine 24-jährige Polizeianwärterin und ein 29-jähriger Polizei-Oberkommissar bei einer Verkehrskontrolle erschossen worden sind. Unter Tatverdacht stehen der 38-jährige Andreas S. und der 32-jährige Florian V. Ihnen wird vorgeworfen, die Beamt:innen erschossen zu haben, um eine vorher begangene Jagdwilderei zu verdecken.

Andreas S. soll in Hunderten Jagdrevieren gewildert haben

Es soll nicht das erste Mal gewesen sein, dass Andreas S. gewildert hat. Inzwischen tauchen immer mehr Informationen auf, die nahe legen, dass der 38-Jährige bereits seit Jahren in großem Stil gewildert haben soll. Bereits vor drei Wochen veröffentlichte der „Südwestrundfunk (SWR)“ eine Recherche, nach der S. in etwa 500 fremden Jagdrevieren unterwegs gewesen sein soll. Mehr dazu unter: „Verdächtiger Andreas S. (38): Wohl Wilderei in Hunderten Jagdrevieren“.

Vor wenigen Tagen tauchte zudem eine Sprachnachricht auf, die auf Dieter Mahr, den Präsidenten der rheinland-pfälzischen Weidmannschaft zurückgehen soll. Auch hier wird der Vorwurf formuliert, dass Andreas S. „in den vergangenen Jahren in ganz großem Stil illegal gejagt“ habe. Ausführlich dazu: „Fall Kusel: Sprachnachricht aus Jagdkreisen zu Andreas S. aufgetaucht“.

Wieso konnte S. nie wegen Wilderei geschnappt werden?

Verurteilt wurde der 38-Jährige trotz der vielen Verdachtsmomente wegen Wilderei noch nicht. Lediglich im Jahr 2004 erging ein Urteil wegen fahrlässiger Körperverletzung, nachdem S. zuvor einen Mann mit einer Schrotflinte verletzt hatte. Details dazu unter: „Andreas S. hatte 2004 Mann bei Jagd verletzt – Urteil wegen Körperverletzung“. Die vielen Verdachtsfälle werfen die Frage auf, wie der 38-Jährige so lange ungestraft davon kommen konnte. Laut einem Bericht der Tageszeitung „Rheinpfalz“ soll Andreas S. in einem Fall der Jagdwilderei im Jahr 2017 Hilfe bei der Vertuschung der Tat bekommen haben. Und das ausgerechnet von einem Polizisten. Diese schweren Vorwürfe erhebt jedenfalls ein Jäger aus dem Saarland.

Schwere Vorwürfe gegen Polizeibeamten: Hat er Andreas S. bei Wilderei gedeckt?

Die „Rheinpfalz“ beruft sich in ihrem Bericht auf die Ausführungen des Pächters eines Jagdreviers in Spiesen. Dieser schildert einen Fall aus dem September 2017, bei dem Andreas S. gegen etwa 21.45 Uhr illegal ein Reh im Revier des Pächters erlegt haben soll. Ein Mitjäger soll versucht haben, S. zu stoppen, als dieser mit seinem Auto davon fahren wollte. S. hätte aber Vollgas gegeben und ihn beinahe über den Haufen gefahren, wenn er nicht zur Seite gesprungen wäre. Direkt nach dem Vorfall haben der Jagdpächter und der Mitjäger dann mit zwei Hunden die Wiese abgesucht und das erschossene Reh im bauchhohen Gras gefunden. Man habe dann die Polizei informiert und das Haupt des Tieres, in dem sich die tödliche Kugel befand, abgetrennt und zur Beweissicherung eingefroren.

Polizist soll gelogen haben, um Andreas S. zu decken

Am nächsten Morgen soll eine Anwohnerin dann Andreas S. zusammen mit einem Polizisten im Bereich der besagten Wiese herumlaufen gesehen haben. Beide haben offenbar nach dem erlegten Wild gesucht. Die Anwohnerin habe daraufhin den Jagdpächter über diese Vorgänge informiert.

Der Pächter kontaktierte daraufhin den Polizisten und konfrontierte ihn mit den Vorfällen. Er wies den Polizeibeamten auch daraufhin, dass es eine Straftat ist, in einem fremden Revier zu jagen. Dieser habe dann nur lapidar geantwortet, dass ihm gar nicht aufgefallen sei, dass sie sich in seinem Revier befunden haben. Auf die Frage des Pächters, ob der Polizist und S. das tote Reh denn gefunden haben, soll der Polizist dann geantwortet haben, dass sie den Kadaver gefunden hätten und dass es sich um einen Blattschuss (Anmerkung der Redaktion: ein Schuss in den Brustkorb) gehandelt habe. Beides sei nach den Ausführungen des Pächters aber gelogen gewesen, da das Reh per Kopfschuss getötet und zu diesem Zeitpunkt schon längst entdeckt worden sei.

Der Pächter soll den Polizisten dann noch gefragt haben, warum sie erst am nächsten Morgen nach dem toten Tier statt noch am selben Abend gesucht hatten. Daraufhin habe der Polizist geantwortet, dass S. ihn zwar am Abend gegen 23.00 Uhr angerufen und gebeten habe, mit ihm nach dem Reh zu suchen. Er habe S. aber nicht noch am selben Abend helfen können, da er Alkohol getrunken hatte. Der Pächter erklärt, dass es für solche Fälle eigentlich eine sogenannte Nachsuchliste gebe. Hatte S. lieber auf den Polizisten am Morgen gewartet, als auf die übliche Hilfe zurückzugreifen, weil er wusste, dass der Beamte ihn nicht verraten würde? So sieht es jedenfalls der Jagdpächter.

Hatte Andreas S. ein falsches Alibi durch das Nichthandeln der Polizei?

Der Jagdpächter schildert gegenüber der „Rheinpfalz“, dass er den Sachverhalt damals sofort der Polizei übermittelt habe. „Ich gab die Geschichte damals genau so bei der Polizei zu Protokoll. Aber ich habe nie wieder was von denen gehört. Ich bin nie vernommen worden“, wird der Pächter zitiert. Das Nichthandeln der Polizei könnte nun ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen S. wegen Wilderei eingestellt hatte.

Denn S. gab im damaligen Verfahren an, dass er den besagten Abend mit drei Freunden verbracht habe, sodass er nicht auf das Wild geschossen haben könne. Die drei Personen bezeugten das. Wenn es nun aber stimmt, dass Andreas S. den Polizisten schon am Abend angerufen und ihm von dem erschossenen Reh erzählt hatte, dann wäre das Alibi hinfällig. Der Pächter wirft dem Polizisten vor, dass er S. decken wollte. Der Polizei wirft er Nichthandeln vor. Hätten die Ermittler:innen damals den Polizisten, die Anwohnerin oder den Pächter und dessen Mitjäger befragt und auch den eingefrorenen Kopf des Rehs untersucht, so hätte man S. vermutlich überführen können.

Staatsanwaltschaft will sich noch nicht zu den Vorwürfen gegen den Polizisten äußern

Die „Rheinpfalz“ hat nach ihrem Bericht bereits die Staatsanwaltschaft mit den Vorwürfen gegen den Polizisten konfrontiert. Diese verwies allerdings auf das laufende Ermittlungsverfahren, das noch am Anfang stehe: „Einzelheiten können deshalb gegenwärtig nicht mitgeteilt werden.“

Verwendete Quellen:
– Bericht der „Rheinpfalz“
– eigene Berichte