Versuchter Totschlag: Staatsanwaltschaft Saarbrücken klagt Ärztekammer-Präsident an

Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken hat den Präsidenten der Ärztekammer des Saarlandes wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung durch Unterlassen angeklagt. Das sind die Vorwürfe im Detail:
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Saar-Ärztekammerpräsidenten unter anderem versuchten Totschlag vor. Foto: picture alliance/dpa-Bildfunk/Patrick Seeger
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Saar-Ärztekammerpräsidenten unter anderem versuchten Totschlag vor. Foto: picture alliance/dpa-Bildfunk/Patrick Seeger

Staatsanwaltschaft klagt Ärztekammer-Präsident an

Wegen versuchten Totschlags und schwerer Körperverletzung durch Unterlassen hat die Saarbrücker Staatsanwaltschaft den Präsidenten der Ärztekammer des Saarlandes angeklagt. Er soll Informationen zu schweren Erkrankungen eines Pathologen nicht an die Approbationsbehörde weitergegeben und so „billigend in Kauf genommen haben, dass Patienten auf Grund unterlassener oder nicht indizierter Behandlungen zu Tode kommen würden“, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch (2. März 2022) mit.

Der Beschuldigte sei zwischen 2013 und 2018 regelmäßig mit den Erkrankungen des Pathologen befasst gewesen und habe 2015 selbst festgestellt, dass der Mann berufsunfähig sei. Der Pathologe sei bis 2019 in großem Umfang mit Biopsien im Rahmen der Krebsdiagnostik befasst gewesen – wobei es bei sechs Patient:innen zu insgesamt sieben Fehldiagnosen gekommen sei, teilte die Anklagebehörde mit. Es sei davon auszugehen, dass die Approbationsbehörde bei Kenntnis des Sachverhalts dem Pathologen die Approbation entzogen hätte und es nicht zu Fehlbehandlungen gekommen wäre.

Nicht notwendige Eingriffe wegen Fehldiagnosen

Der Pathologe soll bis November 2018 unzutreffend Krebsdiagnosen teilweise verneint und teilweise bejaht haben. Es sei wegen Fehldiagnosen zu nicht notwendigen Eingriffen wie Darm- und Gesichtsoperationen oder Chemotherapien gekommen. In einem Fall soll eine Brustoperation durchgeführt worden sein, die bei zutreffender Diagnose vermeidbar gewesen sein soll. Ein Patient war nach einer solchen Operation an einer Sepsis gestorben.

Ärztekammer: Vorwürfe nicht nachvollziehbar

Die Vorwürfe seien „weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht nachvollziehbar“, teilte die Ärztekammer mit. Es sei „höchst umstritten“, ob eine Informationspflicht bestanden habe. Man habe den Kammerpräsidenten einstimmig gebeten, im Amt zu bleiben. Die Kammer gehe davon aus, dass das Landgericht sorgfältig prüfe, ob die Anklage überhaupt zulässig sei, hieß es in einer Mitteilung.

Pathologe ab 21. März vor Gericht

Der Pathologe muss sich ab dem 21. März vor dem Landgericht Saarbrücken unter anderem wegen Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Der Vorwurf: Er soll er in seinem Institut in St. Ingbert bis November 2018 „wissentlich zahlreiche gravierende Fehldiagnosen gestellt“ haben, „die zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen“ bei Patient:innen geführt hätten.

Bereits im Juni 2020 war der Mann aus dem Saarpfalz-Kreis wegen Betruges in 17 Fällen sowie wegen Bestechung im Gesundheitswesen in 97 Fällen zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Er hatte Fachärzt:innen Geld gezahlt, damit sie Gewebeproben in seinem Institut untersuchen ließen.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur