Babyklappe als letzter Ausweg: 20 Babys in Trier abgegeben

Es gibt etliche Hilfsangebote für Mütter in Not. Dennoch kommt es weiter vor, dass Säuglinge in Babyklappen anonym abgegeben werden. Es sind immer Fälle, die nahegehen.
Eine beleuchtete Stele mit Aufschrift weist im Eingangsbereich auf das Fenster der Babyklappe hin. Foto: Harald Tittel/dpa
Eine beleuchtete Stele mit Aufschrift weist im Eingangsbereich auf das Fenster der Babyklappe hin. Foto: Harald Tittel/dpa

Die Babyklappe ist nicht einsehbar. Sie liegt verborgen hinter einer hohen Mauer, die Tür dorthin ist immer offen. Wenn man auf „Öffnen“ drückt, geht die Klappe langsam auf: Darin liegen Baby-Schlafsack, Handtuch, Decken sowie Stift und Zettel, auf dem Namen und Geburtsdatum des Babys geschrieben werden können.

20 Babys – darunter 18 Mädchen – sind seit dem Jahr 2000 in dem Babyfenster am Kinderheim Ruländer Hof der Vereinigten Hospitien in Trier anonym abgelegt worden. „Jeder Fall ist emotional sehr bewegend“, sagt Einrichtungsleiterin Manuela Zupan.

Letzter Ausweg Babyklappe – Fenster werden weiter genutzt

Es habe neugeborene Säuglinge gegeben, die „noch mit den Spuren der Geburt“ in eine Decke gehüllt abgelegt wurden. Andere seien ein paar Tage alt gewesen und komplett angezogen mit Kleidungstasche, Brief und Kuscheltier gebracht worden. „Wir heben alles auf, jedes Fitzelchen, was das Kind an sich, mit sich, um sich hatte. Weil es ist das Einzige, was dieses Kind jemals von seinen Eltern haben wird“, sagt Zupan, die zu jedem Kind versucht, alles zu dokumentieren.

Mütter werden bei Abgabe des Kindes nicht strafrechtlich verfolgt

Babyklappen sind als letzter Ausweg für verzweifelte Mütter gedacht. Es kann verschiedene Gründe geben, warum Frauen ihr Kind abgeben: verdrängte Schwangerschaft, Überforderung, Vergewaltigung oder Gewalt in der Familie. Das Angebot in Trier war in Rheinland-Pfalz das erste seiner Art. Derzeit gibt es im Land mindestens fünf Babyfenster oder Babykörbe. Sie sind auch in Mainz, Bad Kreuznach, Koblenz und Kaiserslautern. Die Babyklappe am St. Marienkrankenhaus in Ludwigshafen ist wegen Bauarbeiten seit 2020 geschlossen.

Die Babyklappe sei „ein Ort existenzieller Verzweiflung und existenzieller Rettung“, sagt die Stiftungsdirektorin der Vereinigten Hospitien, Yvonne Russell. Nach Abgabe des Kindes werde der Mutter Zeit gegeben, in Ruhe zu gehen, bevor intern ein Alarm ausgelöst werde. Als erstes werde das Kind medizinisch versorgt, das Jugendamt binde dann rasch potenzielle Adoptiveltern ein. Jeder Fall werde äußerst diskret behandelt.

Laut rheinland-pfälzischem Ministerium für Familie und Frauen in Mainz sind in den Babyklappen im Land von 2000 bis 2018 insgesamt 46 Säuglinge abgelegt worden. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Das Ministerium sei derzeit dabei, Daten für einen neuen Bericht zusammenzutragen, der in diesem Winter fertig werden solle.

Babyklappe als „Rettung“ in extremen Notsituationen

Babyfenster könnten für Frauen in einer extremen Notsituation nur als „Ultima Ratio“ gelten, teilt das Ministerium auf dpa-Anfrage weiter mit. Deswegen sei wichtig, auf das Angebot der vertraulichen Geburt hinzuweisen, das seit 2014 gesetzlich geregelt ist. Dabei sei Ziel, heimliche Geburten außerhalb von medizinischen Einrichtungen „so unnötig wie möglich zu machen“ und zu verhindern, dass Neugeborene ausgesetzt oder getötet werden, hieß es aus Mainz.

Durch die Angebote der anonymen Entbindung und der Babyklappen gebe es zudem eine Dunkelziffer an präventiv vermiedenen Abtreibungen, sagt Russell. „Frauen treiben dann nicht ab, weil sie wissen, es gibt diesen Weg.“ Laut Ministerium sind Babyfenster aus der Initiative freier Träger entstanden. „Sie bedürfen keiner Konzession und unterliegen auch keiner staatlichen Aufsicht.“ Mütter werden nicht strafrechtlich verfolgt, wenn sie ihr Kind in ein Babyfenster legen.

Babyklappe in Trier wird jeden Morgen kontrolliert

Das Angebot der Babyklappe bleibt in Trier wichtig. „Es ist nicht in aller Munde, aber es wird gefunden, es wird genutzt und eigentlich relativ gleichbleibend“, sagt Psychologin Zupan. Meistens geschehe es nachts. Die Babyklappe werde daher jeden Morgen von innen aus geöffnet und kontrolliert – sicherheitshalber, für den Fall, dass Notklingel und Alarm aus technischen Gründen nicht ausgelöst haben.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur