160.000 Saarländer:innen von Armut betroffen: Handeln der Landesregierung dringend gefragt

Rund 160.000 Menschen im Saarland gelten als armutsgefährdet. Das geht aus den Zahlen des jüngsten "Armuts- und Reichtumsbericht für das Saarland" hervor. Da dieser allerdings noch nicht einmal die jüngsten Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs berücksichtigt, ist dringend ein Handeln der saarländischen Landesregierung gefragt.
Rund 160.000 Saarländer:innen sind von sogenannter relativer Armut betroffen. Symbolfoto: picture alliance/dpa | Felix Kästle
Rund 160.000 Saarländer:innen sind von sogenannter relativer Armut betroffen. Symbolfoto: picture alliance/dpa | Felix Kästle

160.000 Menschen im Saarland armutsgefährdet

Rund 160.000 Menschen im Saarland gelten als armutsgefährdet. Das geht aus dem jüngsten „Armuts- und Reichtumsbericht“ des Landes hervor, den der neue Gesundheits- und Sozialminister Magnus Jung (SPD) am heutigen Dienstag (12. Juli 2022) in Saarbrücken vorgestellt hatte. Als armutsgefährdet werden Personen bezeichnet, die lediglich 60 Prozent oder weniger des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung haben. Die Grenze für eine Einzelperson liegt bei 1.108 Euro im Monat. Wer monatlich weniger Geld zur Verfügung hat, gilt demnach als armutsgefährdet. Nach den jüngsten Daten, die aus dem Jahr 2020 stammen, sind das im Saarland 16,2 Prozent. Im Jahr 2005 lag die Armutsrisikoquote noch bei 13,6 Prozent. Damit ist das Armutsrisiko in der Region innerhalb der letzten 15 Jahre merklich gestiegen.

„Das ist eine Zahl, die auch uns alle betroffen machen muss“

„Das ist eine Zahl, die auch uns alle betroffen machen muss“, sagte Sozialminister Jung bei der Vorstellung des insgesamt zweiten Armuts- und Reichtumsberichts unserer Region. Das gilt umso mehr, als die heute vorgestellten Daten aus dem Zeitraum 2015 bis 2020 stammen. Damit sind weder die Corona-Pandemie mit ihren sozialpolitischen Folgen noch die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen Energiekrise mit berücksichtigt. Alles Umstände, die ein Steigen der Armut aller Voraussicht nach noch deutlicher beschleunigen könnte.

Armutsrisiko im Saarland steigt: Handeln der Landesregierung dringend erforderlich

Auch der im Saarland anstehende, wirtschaftliche Strukturwandel verschärft das Armutsrisiko in der Region. Erst im Juni sorgte die Nachricht des Automobilherstellers Ford, sein neues Elektrofahrzeug nicht im Werk in Saarlouis fertigen zu wollen, für große Sorge bei Tausenden Beschäftigten. Das mögliche Aus des Verbrennungsmotors könnte rund 44.000 Jobs im Saarland gefährden. Ein Handeln der saarländischen Landesregierung ist daher dringend geboten.

Transformationsnetzwerk will Zukunftskonzepte für saarländische Autoindustrie entwickeln

Einen ersten Schritt zur Bewältigung des Wandels in der Automobilindustrie ist das Wirtschaftsministerium bereits mit der Schaffung des sogenannten „Transformationsnetzwerks Saarland“ gegangen. Hier sollen Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Gewerkschaften und Kammern zusammenarbeiten, um Strategien und Konzepte für die Zukunft der saarländischen Automobilindustrie zu entwickeln. Ziel ist es, die Region zu einem „hoch qualifizierten Technologielieferanten für die Zukunft des Automotive-Sektors“ zu machen, so die Worte von Wirtschaftsminister Jürgen Barke. Mehr dazu unter: „44.000 Jobs hängen im Saarland an der Autoindustrie – Welche Zukunftsstrategien gibt es?“.

Armutsbekämpfung erfordert Handeln auf vielen Ebenen

Natürlich dürfen sich die Bemühungen der Landesregierungen nicht nur auf den Erhalt der vorhandenen Arbeitsplätze beschränken. Wie vielfältig die Lösungsmechanismen sein müssen, deutete Sozialminister Jung am Dienstag selbst an. Der Minister betonte, dass sich Armut nicht nur durch einen Mangel an finanziellen Mitteln zeige, sondern auch in der Bildung und Gesundheit, der Wohnungssituation sowie der Frage, wie Menschen gesellschaftlich und politisch teilhaben können. In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen seien neue, stärkere Ansätze zur Armutsbekämpfung notwendig.

Neben Instrumentarien des Bundes müsse das Land laut Jung weitere Konzepte erarbeiten, wie man die Armut in der Region verringern kann. „Im Fokus der Arbeit zur Armutsbekämpfung auf Landesebene liegt die Erarbeitung eines quartiersbezogenen und ressortübergreifenden Konzeptes. Armut kann dauerhaft nur überwunden werden, wenn die Menschen gleichberechtigten Zugang zu guter Arbeit, hochwertiger Bildung sowie der Gesundheitsversorgung haben“, so Jung.

Sozialminister Jung beruft Sonder-Arbeitsgruppe ein

Aufgrund des aktuellen Armuts- und Reichtumsberichts will die Landesregierung schnell weitere Lösungen erarbeiten, um die Entwicklung abzudämpfen. So heißt es in einer aktuellen Mitteilung des Sozialministeriums vom Dienstagnachmittag: „Angesichts der aktuellen Steigerungen der Energie und Lebensmittelpreise soll zur Vorbereitung der Sitzungen des Beirats zur Armutsbekämpfung im Saarland eine Ad hoc-Arbeitsgruppe des Armutsbeirates einberufen werden. Zusätzlich ist die Einrichtung eines Winterfonds gegen Hunger und Kälte geplant“.

Hier könnt ihr den aktuellen „Armuts- und Reichtumsbericht im Saarland“ abrufen

Der jüngste Armuts- und Reichtumsbericht des Saarlandes ist auf der Website des Landes in zwei Versionen abrufbar:

Verwendete Quellen:
– Mitteilung des saarländischen Sozialministeriums vom 12.07.2022
– „Armuts- und Reichtumsbericht im Saarland 2022“
– eigene Berichte