Heiligmorgen in Saarbrücken: Das Saarland kehrt heim – Warum liebt ihr es hier?

Es ist Sonntag, 24. Dezember. Im Kalender heißt dieser Tag ganz offiziell: “Heiligabend”. Doch in Saarbrücken, hier rund um den St. Johanner Markt, ticken die Uhren anders. Vor der Zusammenkunft im Familienkreis kommt der “Heiligmorgen”. Das Saarland kehrt heim.
Saskia Breier, Projektmanagerin bei einer großen Saarbrücker Agentur, freut sich an diesem Morgen, ihre Freundinnen und Freunde - wie Dominik - wiederzusehen. Foto: privat
Saskia Breier, Projektmanagerin bei einer großen Saarbrücker Agentur, freut sich an diesem Morgen, ihre Freundinnen und Freunde - wie Dominik - wiederzusehen. Foto: privat

Heiligmorgen in Saarbrücken: Warum hält es uns hier?

Jana freut sich: Gestern war sie noch in Hamburg. Sie studiert an der Alster Bioinformatik. Heute Morgen trifft sie ihre Freundinnen. Die vier stehen unweit des Sankt J. und prosten sich fröhlich mit Crémant zu.

Der Heiligmorgen in Saarbrücken ist ein bisschen wie die saarländische Seele im Brennglas: Wir Saarländerinnen und Saarländer lieben es, in unser kleines Fleckchen im Südwesten dieser Republik zurückzukehren. Und manche von uns hält es auch für immer hier.

Es regnet ein bisschen: Der Stimmung tut das keinen Abbruch – Heiligmorgen auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücken. Foto: Carina Thome

Was macht das Saarland eigentlich liebenswert?

Was macht dieses kleine Land, das sonst als Flächenmaß für Ölteppiche herhalten muss, so liebenswert? Was steckt hinter diesem saarländischen Magnetismus, der die einen nicht fortziehen und die anderen nach einer Auszeit sonstwo so gerne zurückkehren lässt?

Fragen wir Carina Thome aus St. Wendel. Auf diesen Morgen freut sie sich schon die ganze Woche. Langjährige Freundinnen wiedersehen, auf Weihnachten und das Leben anstoßen! Heute arbeitet Carina bei einem saarländischen Medienhaus. Es hätte auch anders kommen können: BWL-Studium, Bankenbranche, ein halbes Jahr bei der Commerzbank in Frankfurt, ein halbes Jahr in der Hotelbranche in Spanien. „Vielleicht zieht es uns immer wieder ins Saarland zurück, weil wir den Kontakt zu unseren Freundinnen und Freunden hier nie verlieren?“, überlegt sie.

Das Saarland kehrt heim: Erst die Freundschaft feiern auf dem St. Johanner Markt in Saarbrücken, dann abends heim unter den Weihnachtsbaum. Foto: Carina Thome

Man kennt immer jemanden, der jemanden kennt

Für andere Bundesländer könnte das auch gelten. Aber beim Saarland kommt eines dazu: Man kennt sich. Das kleine Land ist ausreichend groß, sodass es ein ordentliches Kultur- und Ausgeh-Angebot gibt. Vor allem in der Landeshauptstadt. Aber es ist auch klein genug, dass man immer jemanden kennt, der jemanden kennt, der jemanden kennt …

Es ist das typische „Saarland-Spiel“: Treffen sich zwei Saarländer:innen außerhalb der Landesgrenzen, dauert es meist nur wenige Minuten, bis aus der gemeinsamen Unterhaltung ein gemeinsamer Freund, ein Arbeitskollege oder mindestens ein entfernter Bekannter herauspurzelt.

Ein Glas Crémant: Auf das Leben und die Freundschaft!

Die Hütten des Saarbrücker Weihnachtsmarkts haben an Heiligmorgen traditionell geschlossen. Der St. Johanner Markt und die umliegenden Gassen füllen sich dennoch mehr und mehr. In Hörweite ploppt der Korken einer Crémant-Flasche. Saskia Breier, Projektmanagerin bei einer großen Saarbrücker Digital- und Marketingagentur, freut sich an diesem Morgen, ihre Freundinnen und Freunde wiederzusehen.

„In welche Orte unsere verschiedenen Lebenswege uns auch gerade verschlagen, unsere Freundschaft bleibt„, sagt sie – und ist genau deshalb an diesem Morgen so gerne hier, um mit ihren Freundinnen und Freunden auf genau diese Freundschaft anzustoßen.

Warum Menschen im Saarbrücker Café Lolo in Massen für Butterkuchen anstehen, bleibt manchen dauerhaft verborgen – sie werden das Saarland allerdings auch nie verstehen. Fotos: Christian Lauer

Coming home: Heimatgefühle in zwei Etappen

Heute kommen alle nach Hause. Erst auf den hübschen Markt rund um den barocken Stengel-Brunnen im Herzen von Saarbrücken. Und danach zu ihren Familien. Ein bisschen beseelt vom Crémant – und den alten Freundschaften.

Am Heiligabend geht es dann zu festlich geschmückten Weihnachtsbäumen. Zu Würstchen und Kartoffelsalat, zu Käse- oder Fleisch-Fondue oder zu anderen kulinarischen Traditionen zwischen Kleinblittersdorf und Perl. „Coming home for Christmas“ – echte Heimatgefühle lösen auf jeden Fall beide Etappen dieser Heimreise aus.

Der tiefere Sinn von Butterkuchen

„Großes entsteht immer im Kleinen“, wirbt das Saarland mit seinem offiziellen Slogan um Unternehmen, die sich hier ansiedeln, Studierende, die hier lernen und Menschen, die hier arbeiten sollen. Vielleicht liegt die eigentliche Wahrheit ja in einem ganz anderen Gedanken – in diesem großen, kleinen Land. Es kennen sich alle! Sei es auch nur über zwei oder drei Ecken.

Auf manche mag das provinziell wirken. Wer eine Weile hier ist und noch immer so denkt, wird das Saarland ohnehin niemals verstehen. Für den wird auch Butterkuchen immer nur ein zuckriges Etwas bleiben. Und Crémant bleibt einfach nur Sekt – und kein Lebensgefühl.

Lässt die saarländische Seele perlen: Anderswo nur Sekt – im Saarland trinkt man Crémant! Foto: Christian Lauer

Warum Großes wirklich im Kleinen entsteht

Alle anderen verstehen: Diese Kleinheit des Landes schafft Verbindungen. Es entstehen Freundschaften fürs Leben. Und aus diesem Kleinen entsteht dann Großes. Das fröhliche Gewimmel auf dem St. Johanner Markt an diesem Heiligmorgen, gerne bei Crémant oder einer Flasche UrPils, schafft dieses gute Gefühl, heimzukommen. Auf jeden Fall für heute. Vielleicht irgendwann für immer.