„Lyonergate“ sorgt für Aufregung im Saarland

Im Saarland sorgt aktuell das "Lyonergate" für große Aufregung. Was zunächst witzig klingt, ist ein von der Gewerkschaft Verdi verwendetes Schlagwort, das den Frust der saarländischen Pflegekräfte über mangelnde Wertschätzung seitens der Politik zum Ausdruck bringen soll. Das Wort wurde gewählt, weil die Pflegekräfte im Saarland statt angemessener Anerkennung "Dosen-Lyoner" erhalten haben.
Diese Dankestüten des saarländischen Finanzministeriums sorgen aktuell für Diskussionen im Saarland. Foto: Facebookseite "Pflegestreik Südwest"
Diese Dankestüten des saarländischen Finanzministeriums sorgen aktuell für Diskussionen im Saarland. Foto: Facebookseite "Pflegestreik Südwest"
Diese Dankestüten des saarländischen Finanzministeriums sorgen aktuell für Diskussionen im Saarland. Foto: Facebookseite "Pflegestreik Südwest"
Diese Dankestüten des saarländischen Finanzministeriums sorgen aktuell für Diskussionen im Saarland. Foto: Facebookseite "Pflegestreik Südwest"

Saarland-Dankes-Tüten für Pflegekräfte

Eigentlich wollte das saarländische Finanzministerium den Pflegekräften, die sich um Covid-19-Patienten aus der französischen Region Grand Est gekümmert haben, nach eigenen Angaben lediglich ein „saarländisches Dankeschön“ zukommen lassen. Das Dankeschön bestand in dem Fall aus „Essenstüten“, die mit je einem Glas Lyoner und einem Glas Gemüse-Terrine bestückt waren.

Wie die Pressestelle des Finanzministeriums auf SOL.DE-Anfrage mitteilte, gingen insgesamt 107 solcher Tüten heraus. Dabei sollen jeweils 30 Tüten an die „drei saarländischen Kliniken“ gegangen sein, wie es in einem Antwortschreiben des Finanzministeriums heißt. Der Rest ging an weitere Kräfte, die am Transfer der französischen Patienten beteiligt waren.

Pflegekräfte empfinden Dankes-Aktion als spöttischen Hohn

Wie ein aktueller Facebook-Beitrag der Seite „Pflegestreik Südwest“ zeigt, kam die Dankes-Geste allerdings nicht bei allen Pflegekräften gut an. Verdi-Pflegebeauftragter Michael Quetting empfindet die Dankes-Aktion in Anbetracht der immensen Leistungen der Pflegekräfte – insbesondere in der Corona-Zeit – als blanken Hohn. Er berichtet davon, dass die Corona-Intensivstation der SHG-Kliniken in Völklingen beispielsweise lediglich drei solcher Tüten für 40 Personen bekommen habe. Quetting quittiert das sarkastisch mit: „Die können sich nun wahrlich den Magen voll schlagen“.

Bislang kaum nennenswerte Verbesserungen für Pflegekräfte

Dass Verdi-Vertreter wie Quetting, die Aktion nicht als aufrichtigen Dank, sondern fast schon als Jovialität empfinden ist in Anbetracht der folgenden Umstände gut verständlich. Bereits lange vor Corona-Zeiten kämpfte die Gewerkschaft für bessere Bedingungen in der Pflegebranche. Mit Ausbruch der Corona-Pandemie betonte die Politik fast schon überschwänglich die große Bedeutung der Pflegekräfte für die Gesellschaft und versprach den Beschäftigten einen Umbruch und größere Wertschätzung.

Nach Beifallklatschen nicht viel passiert

Doch nach der „Zeit des Beifallklatschens“ sei nicht viel passiert, wie Verdi moniert. Erst am Montag wurden Streitigkeiten zwischen der Uniklinik des Saarlandes und ihren Pflegekräften wegen nicht gezahlter Corona-Zulagen bekannt: „Leere Corona-Versprechen“: Verdi erhebt schwere Vorwürfe gegen Uniklinik des Saarlandes“. Im Zuge der großen Versprechungen und der wenigen Taten ist also nur verständlich, dass die Pflegekräfte die Dankesgeste nicht als angemessene Wertschätzung empfinden.

So erklärt das Finanzministerium die Geschenkauswahl

Wir von SOL.DE haben beim saarländischen Finanzministerium nachgehakt und gefragt aus welchem Grund man gerade Brotaufstriche als Dankes-Geschenke gewählt habe. Die Pressestelle des Finanzministeriums erklärte, dass exzellente Lebensmittel Markenzeichen des Saarlandes seien und diese kleine Aufmerksamkeit ebenso „unsere französischen Freunde in der Region Grand Est“ erreiche, wie es in dem Antwortschreiben des Finanzministeriums heißt.

Finanzministerium bestreitet mangelnde Wertschätzung der Pflegekräfte

Wir haben das Finanzministerium gefragt, was es zu der Verdi-Kritik sage, dass solche Arten von Geschenken – bei gleichzeitig wenig Verbesserungen der Gesamtbedingungen in der Pflegebranche – eine geringe Wertschätzung der Pflegekräfte im Saarland darstelle. Die Pressestelle des Finanzministeriums ließ uns daraufhin die folgende knappe Stellungnahme in schriftlicher Form zukommen:

„Das Gegenteil ist der Fall! Es handelt sich um eine kleine Aufmerksamkeit als Zeichen des Dankes für die Aufnahme von 31 Patienten aus Grand Est.“ Auf die konkrete Kritik ging das Ministerium nicht weiter ein.

Verwendete Quellen:
– Facebook-Beitrag von „Pflegekräfte Südwest“ vom 21.08.2020
– eigene Berichte
– eigene Recherche
– Stellungnahme des saarländischen Finanzministeriums auf SOL.DE-Anfrage vom 21.08.2020