Nach Erdrutsch: Wie ein Ort nahe der Saar-Grenze ohne Straße nach draußen klarkommt

Nach einem Erdrutsch ist ein kleiner Ort in Rheinland-Pfalz abgeschnitten. Und das wird noch ein paar Wochen so bleiben. Die Einwohner:innen gehen jetzt neue Wege - nämlich durch den Wald. Aber nur mit Geländewagen.

Mal eben schnell zum Einkaufen fahren – das geht in Kordel-Hochmark gerade gar nicht. Vorher muss man sich erst mal einen Geländewagen organisieren, denn der einzige Fahrweg von der Anhöhe geht derzeit über matschige Waldwege ins Tal. „Man kann nur langsam fahren. 20 Minuten für fünf Kilometer, die brauche ich schon, bis ich in Kordel bin“, sagt Sonja Reuter-Höling auf der Hochmark nördlich von Trier. „Da fährt man nicht für eine kleine Erledigung wohin.“

Einzige Verbindungsstraße gekappt

Die einzige Verbindungsstraße zu dem Ortsteil mit rund 40 Einwohner:innen ist seit Anfang Februar gekappt. Nach heftigen Regenfällen hatte es an der K29 einen Erdrutsch gegeben, der die Straße über eine Länge von rund zehn Meter etwa vier Meter tief einbrechen ließ. Ein Auto und ein unbeladener Holztransporter rutschten an dem Steilhang in den Krater, die Fahrer wurden verletzt.

Geländewagen für Einwohner:innen

Während die Reparaturarbeiten Anfang der Woche begonnen haben, organisieren sich die Einwohner:innen auf der Hochmark inzwischen gut. „Wir sind nicht so von der Außenwelt abgeschlossen, dass sich jemand um uns Sorgen machen müsste“, sagt Reuter-Höling, die die Grundschule in Zemmer-Rodt leitet. Der Landkreis Trier-Saarburg habe einen Geländewagen für die Einwohner:innen zur Verfügung gestellt. „Den kann man sich ausleihen oder Fahrgemeinschaften bilden.“

Zudem gebe es noch privat weitere Geländewagen im Ort. „Man spricht sich ab. Wenn jemand fährt, fragt er bei den Nachbarn ab, ob jemand was braucht“, erzählt Reuter-Höling (46). Oder man schreibe in eine Whatsapp-Gruppe, was man brauche – und der nächste, der fährt, bringe es mit. Auch zur Arbeit schließe man sich kurz. „Es ist alles bisschen komplizierter als sonst, aber es ist machbar.“

Bürgermeister: „Man kennt sich, man hilft sich“

Ortsbürgermeister Medard Roth (parteilos) meint, dass die Extremsituation die Bürger zusammenschweißt. „Wir haben hier in einer ländlichen Region einen anderen Zusammenhalt. Man kennt sich, man hilft sich„, sagt er. „Die Mannschaft da oben (auf der Hochmark), die funktioniert“, sagt der 70-Jährige. „Das sind Leute, die können mit solchen Situationen umgehen. Sie sind es gewohnt, dass sie auch mal einen Tag nicht zu erreichen waren.“

Arbeiten an Straße wohl bis Anfang März

Nun wird es aber wohl ungefähr noch bis zum 8. März dauern, bis die schmale Straße wieder repariert ist. Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) Rheinland-Pfalz hat für die Arbeiten vier Wochen veranschlagt. Voraussetzung: Der Frost macht keinen Strich durch die Rechnung.

So lange sei die Hochmark bislang noch nicht getrennt gewesen, sagt Roth. An der Stelle, wo der Krater klafft, soll der Straßendamm mittels Erdbeton wieder aufgebaut werden. Die Kosten belaufen sich laut LBM auf einen niedrigen sechsstelligen Euro-Betrag.

Corona-Krise spiele den Hochmarkern in die Hände

Vier Wochen sei schon eine Zeit, aber die Corona-Krise spiele den Hochmarkern in die Hände, sagt Reuter-Höling. Man habe derzeit sowieso weniger Termine – und viele seien ohnehin im Homeoffice, ihr Neffe im Homeschooling. Über Karneval sei es dieses Jahr auch ruhig. Klar sei aber auch: „Jeden Tag, den wir wieder ganz normal rauf und runter fahren können, ist eine Erleichterung für uns.“

Unterstützung durch Gemeinde

Die Gemeinde Kordel mit 2.200 Einwohner:innen unterstützt derzeit, wo es nur geht. Die Mülltonnen würden mit einem Radlader plus Anhänger durch den Wald abtransportiert, erzählt Roth. Für den Fall, dass es auf der Anhöhe einen Brand geben sollte, habe die Feuerwehr fürs Erste eine Löschtruppenausrüstung mit Schläuchen und Strahlrohren hochgebracht. Bei Notfällen sei die medizinische Versorgung gewährleistet. „Ist alles in allem in einem guten Verbund.“

Verletzter 18-Jähriger durfte Krankenhaus verlassen

Der 18-jährige Sohn von Reuter-Höling, Niklas Höling, war mit seinem Auto an dem Unglückstag in die Tiefe gerutscht. „Ich habe es psychisch eigentlich alles ganz gut verkraftet. Die Schmerzen werden auch weniger“, sagt er, nachdem er das Krankenhaus wieder verlassen durfte. Die Fahrt sei seine erste Autofahrt alleine zur Arbeit gewesen. „Ich bin aber jetzt schon wieder gefahren. Und es geht noch gut“, sagt der angehende Kfz-Mechatroniker.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur
– eigene Berichte