Oberverwaltungsgericht kippt Prostitutionsverbot in der Neunkircher Innenstadt

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat die Verordnung über das Verbot von Prostitution in bestimmten Gebieten der Kreisstadt Neunkirchen sowohl formell als auch materiell für unwirksam erklärt. Vorausgegangen waren Normenkontrollanträge gegen die Verordnung.
Das OVG des Saarlandes hat die Sperrbezirksverordnung der Stadt Neunkirchen gekippt. Symbolfoto: Andreas Arnold/dpa
Das OVG des Saarlandes hat die Sperrbezirksverordnung der Stadt Neunkirchen gekippt. Symbolfoto: Andreas Arnold/dpa
Das OVG des Saarlandes hat die Sperrbezirksverordnung der Stadt Neunkirchen gekippt. Symbolfoto: Andreas Arnold/dpa
Das OVG des Saarlandes hat die Sperrbezirksverordnung der Stadt Neunkirchen gekippt. Symbolfoto: Andreas Arnold/dpa

OVG kippt Sperrbezirksverordnung der Stadt Neunkirchen

Das Oberverwaltungsgericht hat die Verordnung über das Verbot der Prostitution in der Innenstadt von Neunkirchen in Rahmen von zwei Normenkontrollanträgen für unwirksam erklärt. Geklagt hatte eine Frau, die in zwei angemieteten Wohnungen eine gewerbliche Zimmervermietung betreibt sowie der Eigentümer eines Anwesens, das zum Betrieb einer Prostitutionsstätte verpachtet wurde.

Verordnung bereits formell rechtswidrig

Zur Begründung führte das Oberverwaltungsgericht aus, dass die Sperrgebietsverordnung der Kreisstadt Neunkirchen bereits aus formellen Gründen rechtswidrig und daher unwirksam sei. So sei die Verordnung nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden. Die Stadt Neunkirchen hatte die Rechtsverordnung lediglich in Teil II des Amtsblatts des Saarlandes verkündet. Nach der Satzung der Stadt Neunkirchen über die Form öffentlicher Bekanntmachung hätte eine Veröffentlichung allerdings auch im Wochenspiegel erfolgen müssen. Das Rechtsstaatsprinzip gebietet es, dass Rechtsnormen der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können. Die ausschließlich in dem überregional erscheinenden und vor allem nicht allgemein und kostenlos zugänglichen Teil II des Amtsblatts des Saarlandes vorgenommene Bekanntmachung genüge diesen Anforderungen nicht.

Verordnung auch materiell rechtswidrig

Nach Auffassung des OVG erweist sich die Sperrgebietsverordnung auch aus materiellen Gründen rechtswidrig. So beruhe die Entscheidung, den Bereich nördlich des Hauptbahnhofs in den Geltungsbereich der Verordnung einzubeziehen auf sachfremden Erwägungen, denn sie basiere nicht auf Gründen des Jugendschutzes oder des öffentlichen Anstands.

Ferner könne für das unmittelbare Umfeld der Prostitutionsstätten der beiden Antragsteller der Normenkontrollklagen auch nicht von einer besonderen Schutzbedürftigkeit und Sensibilität – etwa als Bereich mit hohem Wohnanteil sowie als Standort von Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen – oder einer zu erwartenden „milieubedingten Unruhe“ ausgegangen werden.

Generelles Prostitutionsverbot in der Innenstadt unverhältnismäßig

Darüber hinaus erweise sich das den gesamten Innenstadtbereich umfassende generelle Verbot der Ausübung der Prostitution als unverhältnismäßig. Eine differenzierte Befassung mit den Erscheinungsformen des Prostitutionsgewerbes und sich daraus möglicherweise ergebenden unterschiedlichen Gefährdungsprognosen sei unterblieben. Aus der Begründung der streitigen Verordnung gehe nicht hervor, dass zwischen den Auswirkungen der Wohnungsprostitution und der Straßen- bzw. Bordellprostitution auf die betroffenen Schutzgüter unterschieden und erläutert worden sei, warum nur ein generelles Verbot jeglicher Form der Prostitution zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstands für erforderlich und angemessen erachtet worden sei.

Urteil des OVG noch nicht rechtskräftig

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Nichtzulassung der Revision kann noch durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

Verwendete Quellen:
– Mitteilung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 08.07.2020