Warum eine Sulzbacherin (80) gegen ein Sparkassen-Formular kämpft
Kundin – und nicht Kunde
Vor dem Bundesgerichtshof will die Rentnerin für etwas im Grunde Selbstverständliches streiten: Dass sie als Frau „auch als Frau wahrgenommen“ wird. Klingt erst einmal merkwürdig. Doch als sie bei ihrer heimischen Sparkasse ein Formular ausfüllen wollte, machte man sie zum Mann. So sieht es jedenfalls Krämer.
Die Bankformulare wimmeln vor männlichen Bezeichnungen, empört sie sich: „Kontoinhaber“, „Einzahler“, „Sparer“. Sie aber will „Kundin“ sein – nicht „Kunde“. „Obwohl Frauen 52 Prozent der Bevölkerung ausmachen, werden wir ständig geschlechtsumgewandelt.“
Bei der Sparkasse Saarbrücken denke man aber gar nicht daran, was zu ändern. „Zu aufwändig, zu teuer“, habe „Mann“ ihr geantwortet. Dabei könnte die Bank ja „die männlichen Formulare weiter nutzen – für Männer“, sagt Krämer: „Sie müssten nur für Kundinnen neue drucken, das wäre ja auch für die Umwelt besser.“ Die Banker aber blieben stur.
So zog Krämer vors Gericht. „Denn es geht ums Prinzip“, sagt Krämers Anwalt Wendt Nassall. Um Gleichbehandlung, wie es das Gesetz vorschreibt. „Es ist mein verfassungsmäßig legitimes Recht, dass ich als Frau in Sprache und Schrift erkennbar bin“, sagt Krämer mit der ihr eigenen liebenswürdigen Hartnäckigkeit.
Das sagt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband
Jener Verband, der die strittigen Formulare entworfen hat, versteht die Aufregung nicht. Man spreche Kunden grundsätzlich geschlechtsspezifisch an. Nur bei Vertragsmustern sei dies anders. „Es handelt sich dabei häufig um rechtlich komplexe Texte, die im Satzbau durch die Verwendung beider Geschlechter zusätzlich verkompliziert würden. Deswegen wird bei diesen Formularen eine einheitliche Form der Ansprache gewählt“, erläutert ein Sprecher.
Das Landgericht Saarbrücken hat Krämers Klage bereits in zweiter Instanz zurückgewiesen. In Formularen werde das „generische Maskulinum“, also grammatisch maskuline Substantive, verallgemeinernd geschlechtsneutral verwendet, befanden die Richter.
Was wäre, wenn?
Was wäre nun, würde Krämer auch im aktuellen Fall vor dem BGH Recht bekommen? Dann hätten nicht nur über 1600 Kreditinstitute in Deutschland ein Problem, sondern auch viele andere Institutionen und Firmen, die mit dem verallgemeinernden Maskulinum arbeiten.
„Eine Ideallösung gibt es in dem Fall nicht“, meint Kathrin Kunkel-Razum. Die Duden-Redaktionsleiterin würde entweder zwei Formularvarianten oder eine doppelte Anrede („Liebe Kundin“, „Lieber Kunde“) empfehlen – oder die direkte neutrale Ansprache „Guten Tag …(Vorname/Nachname)“.
Mit Verwendung von SZ-Material (Oliver Schwambach und Susanne Kupke).