Zu Besuch auf der Saarbrücker Alpaka-Farm

Alpakas erfreuen sich hierzulande steigender Beliebtheit. Eine Farm im Saarland bietet Wanderungen zu den höckerlosen Kamelen an. Gleichzeitig haben sich die beiden Züchter einen Lebenstraum erfüllt.
Christiane Groß und Rainer Frenkel auf ihrer Alpaka-Farm. Foto: Oliver Dietze/dpa-Bildfunk.
Christiane Groß und Rainer Frenkel auf ihrer Alpaka-Farm. Foto: Oliver Dietze/dpa-Bildfunk.
Christiane Groß und Rainer Frenkel auf ihrer Alpaka-Farm. Foto: Oliver Dietze/dpa-Bildfunk.
Christiane Groß und Rainer Frenkel auf ihrer Alpaka-Farm. Foto: Oliver Dietze/dpa-Bildfunk.

Tinkerbell und ihr zweijähriges Fohlen Teresita sind zum zaghaften Schmusen aufgelegt. Minutenlang stehen sie sich gegenüber und legen einfach nur ihre langen dünnen Hälse aneinander. Mehr passiert nicht. Auch sonst geht es auf dieser Wiese am Rand von Saarbrücken, auf der rund 40 Alpaka-Stuten genüsslich an Grashalmen zupfen, ganz friedlich zu.

Die Ruhe ist Programm bei den ursprünglich aus den Anden in Südamerika stammenden Tieren. «Natürlich ist es verführerisch, sie anzufassen, aber das mögen sie nicht. Gestreichelt zu werden ist nichts, was diese Tiere wollen. Berührungen sind für sie eher komisch», sagt Rainer Frenkel. Seit zehn Jahren halten der 55-Jährige und seine Frau Christiane Groß (50) Alpakas. Bei den ersten acht Stuten, die sie 2009 aus Südwestengland ins Saarland holten, ist es nicht geblieben: Mittlerweile leben 93 Alpakas und Lamas, drei Trampeltiere, fünf Esel und diverse Hunde und Katzen auf ihrer Farm.

Es begann damit, dass Rainer auf einer Dienstreise nachts nicht schlafen konnte und eine Doku über einen Züchter aus England sah. «Ab da war ich infiziert von dem Virus», erzählt er. «Diese Ruhe, die die Tiere ausstrahlen, und diesen Frieden auf der Weide konnte man selbst bei dem Film noch spüren.»

Das Ehepaar tat es dem Mann aus der Doku, einem Berufsaussteiger aus dem Management, der sich einen Lebenstraum erfüllt hatte, nach: Beide verließen ihre Wohnungen in Saarbrücken und Hamburg, kauften acht Tiere und zogen auf einen Hof am Rande von Saarbrücken. «Viele haben gelacht, andere haben gemeint, wir sind nicht ganz dicht», erinnert sich Christiane Groß.

Seit einiger Zeit locken die Tiere nicht nur neugierige Zaungäste an, sondern auch einige Hundert Besucher im Monat. Das Programm mit den besonderen Neuweltkameliden, so der Gattungsbegriff für Lamas und Alpakas, hat das Ehepaar inzwischen auf die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen angepasst: Zusätzlich zu kleineren Schnuppertouren gibt es auch große Wanderungen, gemeinsames Picknick auf der Weide, Kindergeburtstage und in Zusammenarbeit mit professionellen Trainern Teambuilding-Kurse. Die Wanderangebote sind über Monate ausgebucht. «Der ganze Boom hat uns förmlich überrascht. Das ist völliger Wahnsinn», sagt Rainer Frenkel.

Ein Trend, der bei Zuchtverbänden jedoch auch auf große Skepsis stößt. Nach Schätzungen des Tierschutzbundes gibt es aktuell rund 15 000 dieser Tiere in Deutschland – und nicht alle Alpaka- und Lamahalter gingen verantwortungsvoll mit ihnen um. «Ich sehe das alles sehr kritisch. Was wir manchmal erleben, ist teilweise haarsträubend», sagt der Präsident des Vereins der Züchter, Halter und Freunde von Neuweltkameliden in Berchtesgaden, Klaus Finkenzeller. Der Verein zählt mittlerweile knapp 470 Mitglieder.

Das Problem aus seiner Sicht: «Viele finden die Tiere nett und niedlich und wollen in den Touristengebieten einen Streichelzoo aufbauen. Dabei haben sie keinerlei Ahnung von den Tieren.» Dies beginne damit, dass Lamas und Alpakas gar keinen Körperkontakt haben wollten. «Gestreichelt zu werden, ist absoluter Stress für sie», sagt er wie auch die Züchter aus Saarbrücken. Hinzu komme: Wenn die Jungen nicht artgerecht gehalten und stattdessen verhätschelt und geschmust werden, würden sie fehlgeprägt. «Hengste werden dann aggressiv und für die Menschen sehr gefährlich. Dann gibt es nur noch eine Konsequenz: sie einzuschläfern.»

Auch Rainer Frenkel und Christiane Groß kennen das Phänomen der Fehlprägung und achten darauf, dass die Fohlen nicht gestreichelt werden. Besucher auf ihrer inzwischen zwölf Hektar großen Farm erhalten klare Ansagen, wie sie sich im Umgang mit den Tieren zu verhalten haben – auf der Wiese genauso wie bei den Wanderungen.

Die Ruhe, die auch die Teilnehmer gegenüber den Tieren aufbringen müssen, bekommen sie zigfach zurück. Und noch viel mehr, meint Christiane Groß: «Mit einem Alpaka oder Lama geht man ganz anders durch den Wald. Man schaut nach rechts und links, man bleibt auch mal stehen, man lässt sich auf das langsame Tempo der Tiere ein. Man kommt runter und ist einfach im Augenblick.» Vielleicht seien die Kamele daher auch deshalb momentan so beliebt, weil sie in diesen hektischen Zeiten das Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung erfüllten.

Ganz sicher aber auch wegen ihres süßen Aussehens und ihrer besonderen Ausstrahlung. Ein Effekt, der sich nach Ansicht des Ehepaares nicht abnutze: «Wenn ich morgens in den Stall komme, fallen Tonnen an Lasten von mir ab», sagt Rainer Frenkel. Und seine Frau bestätigt: «Beim Anblick dieser Tiere ist es unmöglich, länger als fünf Minuten schlechte Laune zu haben.»