„Man muss auch den Immigranten eine Lösung bieten“: Interview mit OB-Kandidatin Laleh Hadjimohamadvali (AfD)

Laleh Hadjimohamadvali tritt für die AfD zur Oberbürgermeisterwahl in Saarbrücken an. Die gebürtige Iranerin will mithilfe ihrer Muttersprache Brücken bauen und mit klaren Regeln die Sicherheit stärken. Als Treffpunkt für das Interview hatte sie ursprünglich ein Asylantenheim ausgesucht. Aus gutem Grund:
Laleh Hadjimohamadvali tritt für die AfD zur Oberbürgermeisterwahl in Saarbrücken an. Foto: Tobias Ebelshäuser
Laleh Hadjimohamadvali tritt für die AfD zur Oberbürgermeisterwahl in Saarbrücken an. Foto: Tobias Ebelshäuser
Laleh Hadjimohamadvali tritt für die AfD zur Oberbürgermeisterwahl in Saarbrücken an. Foto: Tobias Ebelshäuser
Laleh Hadjimohamadvali tritt für die AfD zur Oberbürgermeisterwahl in Saarbrücken an. Foto: Tobias Ebelshäuser

Wir befinden uns heute aus Wettergründen im Casino der Saarbrücker Zeitung. Ursprünglich wollten wir uns im ehemaligen Asylantenheim in der Brebacher Landstraße treffen. Warum hatten Sie sich diesen Ort ausgesucht?

Als ich in Saarbrücken angekommen bin, lebte ich dreieinhalb Jahre im Asylantenheim in der Brebacher Landstraße. Ich wollte einfach zeigen, wo und wie ich hier angefangen habe. Das sollte verdeutlichen, dass ich sehr viele Probleme verstehe, selbst erlebt habe und dadurch auch eine besondere Motivation für das Suchen von Lösungen habe.

Zum Stichwort „Probleme“: An welchem Ort in Saarbrücken müsste man am dringendsten etwas ändern?

Ich wohne in Malstatt, da fällt einem schon auf, dass viele Häuser vernachlässigt werden und folglich alt und heruntergekommen aussehen. Auch die Straßen sind kaputt. Das finde ich sehr schade. Als ich nach Saarbrücken kam, genoss ich das französische Flair. Alles war schön multikulturell und irgendwie so märchenhaft, wie im Urlaub. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass man nichts mehr macht und nichts mehr pflegt, als hätte man das alles schon aufgegeben. Wofür ich sehr viel tun möchte, ist die Pflege der Straßen und Häuser, damit die Leute sich hier wieder wohler fühlen.

Viele junge, qualifizierte Menschen ziehen aus Saarbrücken weg. Was möchten Sie tun, um die saarländische Landeshauptstadt für junge Menschen wieder attraktiv zu machen?

Während früher eher die Partylaune an erster Stelle war, glaube ich, dass die Jugend heute schon eher heimisch, familiär und auf Zukunft bedacht ist. Da reicht es nicht, dass man in Saarbrücken für ein bis zwei Jahre einen tollen Job bekommt. Deshalb muss man sich als Stadt auf zahlreiche Sachen konzentrieren. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum, bessere Straßen und Schulen, tolle Kindergärten und mehr Sicherheit. Dann kommen Leute auch wieder zu uns. Zudem müssen wir deutlicher betonen, dass wir eine Grenzregion sind. Man ist sehr schnell in Luxemburg und Frankreich. Wie oft fahre ich kurz über die Grenze und kaufe mir ein Croissant oder ein Baguette? Das ist doch wunderbar! Wo hat man das denn sonst?

Sie hatten die Partylaune junger Menschen angesprochen: Letztes Jahr gab es im Nauwieser Viertel einen Konflikt zwischen den Feiernden und den Anwohnern. Wie stehen Sie zu dem Streit?

Ich mache mich wahrscheinlich jetzt total unbeliebt gegenüber den Bewohnern, aber ich habe beispielsweise auch am Markt gewohnt und wusste, wenn ich dort hinziehe, dass es nachts auch mal lauter wird. Wenn das Problem allerdings überhandnimmt, muss man vielleicht einfach wieder über die Einführung einer Sperrstunde nachdenken, die man früher hatte. Damit konnten die Gastronomen leben und die Anwohner wussten, dass sie ab 01.30 Uhr ihre Ruhe haben.

Einige Menschen finden, dass Saarbrücken unsicherer geworden ist. Ist das aus ihrer Sicht ein gefühltes Problem oder ist Saarbrücken tatsächlich unsicherer geworden?

Ich halte das für ein sichtbares Problem, dass es unsicherer geworden ist und das betrifft nicht nur Saarbrücken, sondern das ganze Land. Selbst ich fühle mich tagsüber nicht mehr wohl, wo ich früher keine Probleme hatte. Es ist dann auch einfach die Menge. Was man aber auch sagen muss: Es gibt einige Vorfälle, die würden den Bürgern nicht so schlimm oder gruselig vorkommen, wenn man die Sprache verstehen würde. Ein einfaches Beispiel: Ich bin morgens mit der Saarbahn gefahren und da waren drei afghanische Jungs, die waren angetrunken und dadurch auch verdammt laut. Ich hatte aufgrund meiner Herkunft verstanden, dass sie sich einfach über Mandeln unterhalten haben und wusste, dass sie harmlos sind. Für alle anderen Menschen in der Bahn wirkten die Jungs aber sehr bedrohlich. Aus meiner Sicht kann man aber nicht leugnen, dass sich die Fälle erhöht haben, was es halt früher nicht gab. Das darf man nicht verschweigen, man muss den Leuten Antworten geben. Man muss auch den Immigranten eine Lösung bieten. Die sind auch mit Hoffnungen hergekommen und haben sich eine bessere Welt vorgestellt. Und wissen Sie, auch die werden mit ihren Sorgen allein gelassen. Man hat aufgehört für die Menschen da zu sein, die schon hier sind und für die, die neu gekommen sind. Alle hat man ihren Problemen überlassen. Deswegen kandidiere ich auch, weil ich das Gefühl habe, durch meine Muttersprache viele Brücken bauen zu können.

Wie wollen Sie Saarbrücken wieder sicherer machen?

Was für mich an oberster Stelle steht: Strafe muss für alle gleich sein. Ich kann nicht hingehen und sagen: „Der hat einen orientalischen Hintergrund, zu dem bin ich jetzt ein bisschen zarter als zu dem Deutschen.“ Das geht halt nicht. Ich wette, wenn man den Jungs und Mädels, die neu kommen, zeigt, dass es hier Regeln gibt, an die man sich halten muss, dann machen die das auch. Aber man hat ihnen keine Grenzen gesetzt. Woher sollen die denn wissen, wann Schluss ist?

Ein anderes Thema, das in Saarbrücken immer wieder für Ärger sorgt, ist der Verkehr. Haben Sie eine Vision eines Verkehrskonzeptes, um das Saarbrücker Verkehrsproblem zu lösen?

Ich bin ganz ehrlich: Das habe ich nicht. Ich habe noch nicht mal einen Führerschein, ich fahre mit der Saarbahn. Aber was man aus meiner Sicht machen muss, ist, dass man das, was vorhanden ist, erst mal wieder auf Vordermann bringt. Was soll ich mir jetzt Gedanken machen über neue Autobahnen oder Umbauten, die später ohnehin das Zehnfache kosten? Ein Konzept habe ich also nicht, aber ich würde natürlich mit Experten einen Arbeitskreis bilden, um die bestehenden Probleme zu lösen.

Wir haben jetzt viel über die Innenstadt gesprochen. Was wollen Sie denn für die Stadtteile tun, die sich abgehängt fühlen, wie beispielsweise Dudweiler oder Burbach?

Man muss unbedingt bessere Verbindungen schaffen. Ich wollte beispielsweise nach Dudweiler ziehen. Wie bereits erwähnt, habe ich weder Auto noch Führerschein und bin daher auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Da bringt es mir nichts, wenn ich um acht Uhr bei der Arbeit sein muss und dann schon zwei Stunden früher losfahren muss, um dann noch eine Stunde vor dem Büro zu warten. Oder, wenn ich als Mutter mein Kind zum Arzt bringen muss und nicht so einfach dahin komme. Das sind Gründe, warum ich nicht nach Dudweiler gezogen bin und ich denke, vielen anderen geht es genauso. Deswegen müssen aus meiner Sicht die öffentlichen Verkehrsmittel ausgebaut werden, wenn Geld da ist.

In Saarbrücken mangelt es an bezahlbarem Wohnraum. Haben Sie Ideen, wie man den Wohnungsmarkt in Saarbrücken mieterfreundlicher gestalten kann?

Dafür müsste ich zunächst mal einen Überblick darüber haben, was leer steht, was saniert werden muss und was noch brauchbar ist. Zudem muss ich wissen, welche Gebiete reine Wohngebiete und welche Mischgebiete sind. Mit Sicherheit sind Sachen machbar, wenn man es will, wenn man gescheite Leute hat und sich auch wirklich darum kümmert. Da muss man dann auch die anderen Stadtteile wie zum Beispiel Dudweiler einbeziehen. Dort gibt es super schöne Häuser und super schöne Wohnungen. Eigentlich eine tolle Gegend, die nur wie schon gesagt zu schlecht erreichbar ist.

Wie wollen Sie Saarbrücken für Familien attraktiver gestalten?

Was macht man mit einem Kind in Saarbrücken? Man hat nichts, wo man hingehen kann. Mit kleineren Kindern hat man den Spielplatz am Theater. Es gab eine Zeit lang, da musste man dort aufpassen, dass nicht noch irgendwelche Spritzen von der Nacht im Sandkasten liegen. Man bräuchte mehr Plätze für die jungen Leute. Und die dürfen dann auch nicht alleine gelassen werden. Es gibt doch in Saarbrücken sicher viele Leute, die sich auch ehrenamtlich für Kinder und Jugendliche engagieren würden, sodass die Kinder zusammen malen, tanzen oder etwas gestalten können. Das würde eine Bindung schaffen und Freundschaften bilden. Dann würden auch die Kinder von den Neuankömmlingen leichter die deutsche Sprache lernen. Die hätten dann Anschluss. Die Kinder müssen auf jeden Fall etwas haben, was sie miteinander verbindet, denn so verbindet sich auch die Gesellschaft, weil sich dann auch die Eltern kennenlernen und Gemeinsamkeiten entdecken. Dann bräuchte man auch keine Integrationskurse mehr.

Im vergangenen Jahr haben Unwetter im Saarland für dramatische Überschwemmungen gesorgt. Was kann eine Stadt wie Saarbrücken tun, um den Klimawandel zu stoppen und sich auf Starkregenereignisse vorzubereiten?

Man müsste natürlich überhaupt mal schauen, was machbar ist. Und was, wie und wo saniert worden ist. Und dann gibt es wiederum tausend Bauvorschriften und wieder tausend Vorschriften, weil irgendwas unter Denkmalschutz steht. Das sind so viele Regeln, die miteinander vereinbart werden müssen, da bräuchte man wirklich eine Riesenmannschaft von Bauleitern, Ingenieuren und Architekten, die erstmal einen Stadtplan machen und schauen, was machbar ist. Dann muss man aber auch erstmal gucken, wer das alles bezahlen kann. Wo soll denn das Geld herkommen? Zudem gibt es viele Ideen, die als Klimaschutz verkauft werden, aber hintenrum falsch sind. Ich denke, manchmal wird einfach etwas gemacht und es wird nicht daran gedacht und dann müssen andere Generationen wiederum dafür bezahlen. Und dann sind wir schon wieder bei Kindern, jetzt muss ich ja einen harten Schnitt machen: Verdammt nochmal, wenn es den Kindern so am Herzen liegt, warum gehen sie nicht samstags demonstrieren? Ihnen fehlen so viele Stunden. Die wollen die Welt retten, die brauchen doch auch Wissen! An anderen Orten auf der Welt wären die Kinder froh, wenn sie in die Schule gehen dürften und hier machen die Kinder blau, gehen auf Demos und fühlen sich toll. Bildung ist Luxus und das wissen die Kinder hier nicht zu schätzen. Das sind Sachen, die tun echt weh.

An Saarbrücken mag ich:

die Menschen.

An Saarbrücken mag ich nicht:

den Müll.

Was ist Laleh Hadjimohamadvali privat für ein Mensch?

Ein Partygirl.

Mit Laleh Hadjimohamadvali als Oberbürgermeisterin wird Saarbrücken:

hoffentlich sicherer.

Die bisherigen Interviews mit den OB-Kandidaten:

„Ich bin ein echter Saarbrücker Bub“: Interview mit OB-Kandidat Gerald Kallenborn
„Dudweiler ist mittlerweile regelrecht abgehängt“: Interview mit OB-Kandidat Markus Lein
„Helmpflicht nach Einbruch der Dunkelheit“: Interview mit OB-Kandidat Michael Franke (Die Partei)
„Den Radverkehr mehr als den Autoverkehr stärken“: Interview mit OB-Kandidatin Barbara Meyer-Gluche (Die Grünen)
„Sicherheit beginnt für mich mit Sauberkeit“: Interview mit OB-Kandidat Uwe Conradt (CDU)