Übergewicht: Warum Sie überflüssige Pfunde loswerden sollten

Abnehmen ohne Sport? Gewichtsprobleme lösen mit Light-Produkten? Pfunde loswerden mit Medikamenten? Dr. Jutta Dick, Ärztin aus Wallerfangen, erklärt, warum Übergewicht gefährlich ist - und wie Sie es erfolgreich loswerden.
Das Foto zeigt eine Frau, die Gewicht abgenommen hat.
Der Weg zum Verlieren überflüssiger Pfunde ist nicht leicht.
Das Foto zeigt eine Frau, die Gewicht abgenommen hat.
Der Weg zum Verlieren überflüssiger Pfunde ist nicht leicht.

Viele Menschen haben Gewichtsprobleme. Das Übergewicht und die Möglichkeiten, ihm zu Leibe zu rücken, sind in aller Munde. In allen Medien werden Diäten oder Institutionen beworben, die beim Abspecken helfen sollen. Sogenannte „Light-Produkte“ und kalorienreduzierte Lebensmittel sind – zumindest in der Werbung – ein Renner. Trotz (zum Teil wohl auch wegen) dieser Angebote kämpfen immer mehr Menschen mit Übergewicht. Und das nicht nur in den westlichen Industrieländern sondern auch vermehrt in den sogenannten „Schwellenländern“ und Entwicklungsländern. Davon zu unterscheiden sind krankhafte Essstörungen.

Was versteht man genau unter Übergewicht?

Das Körpergewicht eines Menschen wird in der Medizin in Beziehung zur Größe gewertet. Nach einer speziellen Formel berechnet sich der sogenannte BMI (Body-Mass-Index). Dazu teilt man den Wert des Körpergewichts in Kilogramm durch die zum Quadrat genommene Körpergröße in Metern. Beispiel: Eine Person wiegt 6o Kilo und ist 1,69m groß. Der BMI berechnet sich aus 60/1,69×1,69 und beträgt in diesem Fall 21.

Zur Vereinfachung findet man im Internet diverse BMI-Rechner, mit denen man sehr schnell den BMI errechnen kann. Bei der Auswertung wird zwischen den folgenden Kategorien unterschieden: Untergewicht, Normalgewicht, Übergewicht und starkes Übergewicht.

Von Normalgewicht spricht man bei einem BMI zwischen 18,5 und 24,9. Bei einem BMI unter 18,5 liegt ein mehr oder weniger ausgeprägtes Untergewicht vor. Bei einem BMI zwischen 25 und 29,9 spricht man von Übergewicht. Ab BMI-Werten von 30 spricht man von Adipositas (Fettleibigkeit, abgeleitet vom lateinischen Wort adeps = Fett), die wiederum in mehrere Schweregrade unterteilt werden kann. Ein BMI von 30-34,9 entspricht einer Adipositas Grad 1, ein BMI zwischen 35 und 39,9 bedeutet eine Adipositas Grad 2 und ab einem BMI über 40 spricht man von einer Adipositas Grad 3

Wieso werden wir immer dicker?

Die Erklärung liegt kurz gefasst in dem sogenannten „modernen Lebensstil“ mit wenig Bewegung und zu viel und oft auch zu hochkalorischem Essen. Besonders problematisch sind die weitverbreiteten „Fastfood“ – und „Light“- Produkte.

Fastfood wird im Körper sehr schnell in Fett umgewandelt. Lightprodukte sind in mehrfacher Hinsicht problematisch. Viele Menschen verzehren sie in zu großen Mengen, weil sie meinen, die Kalorienreduktion erlaube größere Mengen. Ein anderes Problem besteht darin, dass die häufig verwendeten Süßstoffe das natürliche Verlangen des Körpers nach Süßem nur unzureichend befriedigen. Dadurch wird oft zusätzlich zum Lightprodukt noch ein hochkalorisches Lebensmittel verzehrt.

Neben der Über- und Fehlernährung gibt es noch andere Faktoren, die Übergewicht fördern. Dazu gehören eine genetische Disposition, Schlafmangel, Stress, bestimmte Erkrankungen (Depressionen, hormonelle Erkrankungen) und verschiedene Medikamente wie zum Beispiel Kortison oder Antidepressiva.

Das Foto zeigt eine Frau, die Süßigkeiten zurückweist

Wer abnehmen möchte, braucht eine negative Kalorienbilanz.

Was passiert in unserem Körper bei der Entwicklung von Übergewicht?

Nicht nur bei den Finanzen, sondern auch in unserem Körper kommt es auf die Bilanz an, und zwar die Energiebilanz. Wenn sich Kalorienzufuhr und Kalorienverbrauch die Waage halten, bleibt unser Gewicht konstant. Übersteigt die Kalorienzufuhr den Verbrauch, steigt das Gewicht.

Wer abnehmen will, muss den Kalorienverbrauch steigern und/ oder die Kalorienzufuhr reduzieren. Das bedeutet kurz gesagt: weniger essen und mehr bewegen. Durch vermehrte Bewegung bildet der Körper mehr Muskelfasern, die schon in Ruhe mehr Energie verbrauchen als das Fettgewebe. Jede Bewegung verbraucht dann noch zusätzliche Kalorien.

Überschüssige Kalorien sammelt unser Körper in Form von Fettdepots, die sich zunächst in genetisch vorbestimmten Körperregionen ansammeln: bei Männern typischerweise bevorzugt am Bauch unter der Bauchhaut, aber auch im Bauchinneren als sogenanntes „Viszeralfett“ in der Umgebung der inneren Organe.

Bei Frauen unterscheidet man den sogenannten „männlichen“ Fettverteilungstyp mit Fettablagerung vorwiegend am Bauch und im Bauch vom sogenannten „weiblichen“ Fettverteilungstyp mit Fettablagerung vorwiegend an den Oberschenkeln und am Gesäß.

Beträgt der Taillenumfang mehr als 88 Zentimetern bei Frauen beziehungsweise mehr als 102 Zentimetern bei Männern spricht man von einer bauchbetonten Adipositas, die mit einem deutlich erhöhten Risiko verschiedener Folgeerkrankungen einhergeht. Problematisch und gefährlich ist nämlich das „Viszeralfett“.

Warum ist das Viszeralfett so gefährlich?

Viszeralfett speichert nicht nur überschüssige Kalorien, sondern es produziert auch Entzündungsfaktoren und hormonähnliche Stoffe. Dadurch wird die Entstehung und das Fortschreiten verschiedener Erkrankungen gefördert: Dazu gehören Herzinfarkt, Diabetes, Schlaganfall, Krebserkrankungen, Arthritis und Demenz. Besonders der Zucker in den sogenannten „Softdrinks“ Cola und Limo aber auch in Säften wird vom menschlichen Körper großenteils in Fettzellen eingebaut und zwar bevorzugt im Bauch!

Was ist generell das Problem beim Übergewicht?

Übergewicht ist nicht nur ein „kosmetisches“ Problem. Vor allem beeinträchtigt die Adipositas erheblich die Gesundheit der Betroffenen:

  • Die Wirbelsäule und die Gelenke müssen das höhere Gewicht tragen und werden dadurch überstrapaziert. Folge sind unter anderem Rückenprobleme, Hüft- und Kniearthrosen.
  • Das Herz muss mehr arbeiten, um die überschüssigen Kilos zu durchbluten; das Risiko von Bluthochdruck und Herzschwäche ist erhöht.
  • Übergewichtige leiden vermehrt unter Diabetes, Fettstoffwechselstörungen und Gicht. Dadurch steigen auch das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko.
  • Daneben ist auch das Risiko für Unfruchtbarkeit, Krebserkrankungen und Demenz erhöht.
  • Also viele gute Gründe, sich um eine Gewichtsreduktion zu bemühen.

Was kann man tun, um dauerhaft sein Gewicht zu reduzieren und zu halten?

Wenn ich gleichbleibend viel esse, aber ein regelmäßiges Sportprogramm beginne, kann ich mein Gewicht reduzieren. Effektiver und sinnvoller ist es, gleichzeitig weniger zu essen bezeihungsweise die Ernährung umzustellen. Wenn nicht nur 1 oder 2 kg zu viel auf den Hüften sitzen, nutzt eine „Diät“ relativ wenig, denn dadurch lerne ich nicht aus den Fehlern, die zu dem Übergewicht geführt haben. Wenn Gewicht dauerhaft reduziert werden soll, muss dauerhaft weniger beziehungsweise anders (zum Beispiel weniger Fett, weniger Süßigkeiten) gegessen werden.

Dabei gelten 2 Grundsätze:
1.“Jedes Kilo zählt“, das heißt, man sollte eher eine moderate Gewichtsabnahme anstreben, die tatsächlich zu erzielen ist und nicht gleich 40 Kilogramm abspecken wollen.
2. Realistisch und machbar ist eine Gewichtsabnahme von einem Pfund bis maximal einem Kilo pro Woche. In der Werbung teilweise versprochene Gewichtsabnahmen von mehreren Kilogramm pro Woche sind nicht möglich (abgesehen vielleicht von einer eventuellen Ausschwemmung von Wasser zu Beginn einer Fastenperiode).

Energiezufuhr und Energieverbrauch müssen sich in unserem Körper die Waage halten, damit wir unser Gewicht konstant halten.
Essen wir mehr als wir brauchen, und sei es auch nur ein Joghurt oder eine Banane zu viel (es ist nicht unbedingt die Tafel Schokolade als Ursache) werden die überschüssigen Kalorien in Form von Fett im Körper gespeichert. Liegt die Kalorienzufuhr häufig oder immer über dem Kalorienverbrauch, steigt das Gewicht langsam und allmählich an.

Ähnlich langsam und allmählich muß das Gewicht auch wieder abgesenkt werden, und zwar nicht durch eine „Diät“, sondern durch eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und der Lebensweise, das heißt mehr Bewegung und anderes Essen. Um ein Kilo Gewicht zu reduzieren, müssen 7000 (Kilo)-Kalorien eingespart werden. Bei einem Tages-Kalorienbedarf von circa 2000 Kalorien müsste man also 3,5 Tage Nulldiät machen, um dieses Kilo abzunehmen. Daher ist eine wöchentliche Gewichtsabnahme von einem Pfund bis maximal einem Kilo möglich.

Man sollte sich keine unrealistischen Ziele setzen, sondern zunächst kleinere Erfolge anstreben, anstatt unbedingt das Idealgewicht anzupeilen. Generell gilt: Jedes Kilo zählt, und wenn das Übergewicht um 10 bis 20 Prozent reduziert wird, ist das ein toller Erfolg und kommt der Gesundheit zugute.

Übergewicht: Wie stelle ich meine Ernärung um?

Die notwendige Ernährungsumstellung leitet man am besten dadurch ein, dass man einige Tage ein Ernährungstagebuch führt, in dem man alles protokolliert, was man im Lauf des Tages isst und trinkt. Auf diese Weise kann man sehr schnell erkennen, was man eher unbewusst zu sich nimmt, woran man sparen könnte, worauf man verzichten könnte und was man so gerne isst, dass man es nicht entbehren möchte. Abnehmen soll keine Qual sein!

Sinnvoll ist natürlich, kalorienreiche Lebensmittel zu meiden oder weniger davon zu essen. Vielen hilft beim Abnehmen, vor allem abends wenig Kohlenhydrate zu essen. Insbesondere Kohlenhydrate mit einem hohen sogenannten „glykämischen Index“ (Brot, Nudeln, Reis, Kartoffeln) sollten dann gemieden werden. Günstiger sind stattdessen Salate, Hülsenfrüchte und Eiweiß in Form von gegrilltem Fisch, magerem Fleisch oder fettarmen Milchprodukten.

Auch bei der Wahl der Getränke lässt sich einiges an Kalorien einsparen. Cola, Limonade, Säfte, Bier, Wein und andere Alkoholika enthalten meist reichlich Kalorien und sind große „Dickmacher“. Mineralwasser, Tee und Kaffee sind kalorienfrei!

Ein paar kleine „Tricks“ können beim Abnehmen sehr hilfreich sein: zum Beispiel Essen nur an einem festen Essplatz (nicht vor dem Fernseher oder vor dem Kühlschrank), langsam und bewusst essen, nicht hungrig einkaufen.

Vorsicht ist geboten bei „Light-Produkten“. Teilweise verleiten diese Produkte zu einem höheren Konsum, teilweise wird mit Süßstoff-gesüßten Lebensmitteln nicht der „Süß-Hunger“ des Körpers gestillt, sodass im Anschluss doch noch ein hochkalorisches gezuckertes Lebensmittel verzehrt wird. Beachten sollte man auch, dass Fruchtzucker im Obst und die Süße im Honig letztendlich auch Zucker sind, die bei der Kalorienbilanz zu Buche schlagen.

Gibt es Medikamente oder andere Hilfsmittel zum Abnehmen?

In den Medien werden immer wieder Wundermittel angepriesen, die die Pfunde rasant purzeln lassen sollen und quasi „über Nacht“ zu einer Traumfigur führen. Leider gibt es solche Wundermittel nicht. Die angebotenen Mittel sind bestenfalls nutzlos, teilweise sogar gefährlich. Insbesondere die bereits länger auf dem Markt befindlichen „Appetitzügler“ können erhebliche Nebenwirkungen haben; vor einer Nutzung solcher Mittel kann man nur warnen.

Mittlerweile entwickelt die Pharmaindustrie Medikamente, die tatsächlich zu einer Gewichtsreduktion führen ohne gefährliche Nebenwirkungen auszulösen. Für Diabetiker sind solche Medikamente bereits im Handel; die Gewichtsreduktion dadurch ist moderat. Für Nicht-Diabetiker ist im Moment ein solcher Wirkstoff zugelassen, wird aber nicht von den Krankenkassen bezahlt.

Bei ausgeprägtem Übergewicht führt man in Einzelfällen Magenverkleinerungsoperationen mit verschiedenen Techniken durch; diese Eingriffe bleiben allerdings speziellen Patientengruppen vorbehalten und sind nicht geeignet, ein paar Kilo runter zu schaffen.

Fazit

Übergewicht stellt ein großes Gesundheitsproblem dar und sollte am besten schon im Frühstadium angegangen werden. Da die Grundlagen oft schon im Kindesalter gelegt werden, sollten Eltern schon bei Kindern auf gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung achten.

Die gute Nachricht: Mit Ernährungsumstellung und ein bisschen Disziplin lassen sich gute Erfolge erzielen. Und, nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Beim Abnehmen geht es oft um fünf bis sechs Kilogramm. Schon das hilft Ihnen und Ihrer Gesundheit.

Dr. Jutta Dick

Dr. Jutta Dick ist Allgemeinärztin im saarländischen Wallerfangen. Sie verfügt über die Zusatzausbildungen Ernährungsmedizin und Naturheilverfahren. Seit einigen Jahren führt sie die Aktion „Ernährungsführerschein“ in den Wallerfanger Grundschulen durch. Sie ist außerdem Vorsitzende des Arztnetzes GENESA. Darüber hinaus befasst sie sich mit Reisemedizin und fungiert als offizielle Gelbfieber-Impfstelle. Mehr Informationen finden Sie auf Dr. Jutta Dicks Homepage www.dick-dutt.de.

Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland. Mehr unter: www.kvsaarland.de