Jeder Dritte trinkt in der Corona-Krise mehr Alkohol

Ersten Zahlen zufolge bestätigen sich die Befürchtungen von Suchtexperten: Die Menschen in Deutschland konsumieren seit Beginn der Corona-Krise mehr Alkohol. Das könnte langfristig problematisch werden.
Ein Drittel der Deutschen trinkt seit Beginn der Corona-Krise mehr Alkohol. Foto: Annette Riedl/dpa-Bildfunk
Ein Drittel der Deutschen trinkt seit Beginn der Corona-Krise mehr Alkohol. Foto: Annette Riedl/dpa-Bildfunk
Ein Drittel der Deutschen trinkt seit Beginn der Corona-Krise mehr Alkohol. Foto: Annette Riedl/dpa-Bildfunk
Ein Drittel der Deutschen trinkt seit Beginn der Corona-Krise mehr Alkohol. Foto: Annette Riedl/dpa-Bildfunk

Während der Corona-Krise ließen sich die Deutschen einer Umfrage zufolge häufiger zu Alkohol verleiten. In Zeiten von Homeoffice, Kontaktbeschränkungen und abgesagten Veranstaltungen stieg der Konsum bei etwa einem Drittel der Erwachsenen.

35,5 Prozent trinken seit der Corona-Krise mehr Alkohol

Eine Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim und dem Klinikum Nürnberg ergab, dass 35,5 Prozent der über 3.000 Teilnehmer während der Pandemie mehr oder viel mehr Alkohol getrunken haben als zuvor. Die Umfrage wurde online und anonym durchgeführt. Die Erhebung ist zwar nicht repräsentativ, liefert aber dennoch erste Erkenntnisse über die Gewohnheiten während der Ausgangsbeschränkungen.  

Homeoffice, Stress und Sorgen sind Faktoren für Konsum

Der Wechsel ins Homeoffice, ein hohes gefühltes Stressniveau und Zweifel daran, ob die Krise gut gemanagt wird, seien Faktoren für den erhöhten Alkoholkonsum, so Anne Koopmann vom ZI. Für viele sei die Corona-Krise aber auch eine emotionale Krise. „Sowohl gesundheitsbezogene als auch finanzielle Sorgen und Ängste sind für viele Menschen sehr präsent“ so Koopmann. Alkohol sorge für eine kurzfristige Linderung. 

Vor allem sozial Schwächere trinken mehr

Vor allem Menschen mit hohem Stresslevel und geringerem sozialen Status gaben an, seit Corona mehr Alkohol zu trinken. „Hier mehren sich die Sorgen und es gibt weniger Kompensationsmöglichkeiten“, sagte Koopmann. Der Konsum bei Menschen in systemrelevanten Berufen, die weiter arbeiten konnten, blieb dagegen gleich oder sank. 

Ausgangsbeschränkungen machen Alkoholprobleme deutlich

Auch Suchtberatungsstellen und Selbsthilfegruppen berichten von mehr Interessenten. „Die Frequenz bei den Anrufen und bei den schriftlichen Anfragen, dem sogenannten Erste-Hilfe-Button, hat deutlich zugenommen“, sagt Peter K. von den Anonymen Alkoholikern. Die Krise habe bei vielen bereits bestehende Alkoholprobleme sichtbar gemacht.

Viele seien sich erst durch Corona dessen bewusst geworden. „Menschen, die bisher ihr Trinkverhalten verborgen haben – etwa auf dem Weg zur Arbeit, am Arbeitsplatz, in der Kneipe – waren durch Corona gezwungen, zu Hause zu trinken„, sagt er. Die Konflikte hätten sich dann in den Familien und Partnerschaften entladen. 

WHO-Warnung: Lange Quarantäne kann zu Abhängigkeit führen

Die Weltgesundheitsorganisation empfahl zu Beginn der Krise den Alkoholkonsum weitgehend einzuschränken, da Alkohol Risiken für Gesundheit und Sicherheit berge. In den sozialen Medien zeigt sich allerdings, dass die Botschaft nur bedingt ankam. Dort reihen sich Posts von trinkenden Menschen unter Hashtags wie #winemums oder #beerdads. 

Mehr-Trinken muss allerdings nicht zwangsläufig zu Abhängigkeit führen. Das Risiko erhöhe sich allerdings signifikant, erklärte Koopmann. Da die Krise einmalig ist, sei jedoch noch unklar, welche langfristigen Auswirkungen sie haben wird. Studien bei früheren Pandemien ergaben aber, dass Probanden, die länger in Quarantäne waren, mehr Kriterien einer Alkoholsucht erfüllten.

Alkoholkonsum muss ernster genommen werden

Noch könne man dem entgegenwirken. Die Politik müsse, so Koopmann, die Bevölkerung mit spezifischen Maßnahmen mehr für die Problematik der Situation sensibilisieren. „Wenn ich mir über mehrere Wochen und Monate ein gewisses Trinkmuster angewöhne, muss ich schon aktiv dagegen arbeiten, um wieder von diesem Muster wegzukommen“, sagte Koopmann.

Beispielsweise, indem man sein Trinkverhalten in einem Tagebuch dokumentiert und sich gegebenenfalls einem Arzt oder einer Beratungsstelle anvertraut. Laut Peter K. von den Anonymen Alkoholikern sei das Einzige, was helfe, Offenheit, Ehrlichkeit und Konsequenz. Das bedeute für Angehörige oft auch, Konflikte auszuhalten. 

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur