Luxemburgs Cannabis-Zeitplan wackelt

Als erstes Land in Europa will Luxemburg den Anbau, Verkauf und Konsum von Cannabis legalisieren. Und zwar bis zum Herbst 2023, das hat Premierminister Bettel angekündigt. Doch Corona könnte auch hier Auswirkungen haben.
Wann Cannabis in Luxemburg legal wird, ist noch unklar. Foto: Oliver Berg/dpa-Bildfunk
Wann Cannabis in Luxemburg legal wird, ist noch unklar. Foto: Oliver Berg/dpa-Bildfunk
Wann Cannabis in Luxemburg legal wird, ist noch unklar. Foto: Oliver Berg/dpa-Bildfunk
Wann Cannabis in Luxemburg legal wird, ist noch unklar. Foto: Oliver Berg/dpa-Bildfunk

Eigentlich soll der Anbau und Verkauf von Cannabis zum Freizeitgebrauch in Luxemburg spätestens bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2023 legal sein. So hat es Premierminister Xavier Bettel in seiner Regierungserklärung nach der Wahl 2018 versprochen.

Premiere in Europa

Sein damaliger Gesundheitsminister Etienne Schneider kündigte einen Gesetzentwurf bis Herbst 2021 an. Viel Zeit bleibt also nicht mehr, um Luxemburg zum ersten Land des legalen Cannabis-Konsums in Europa zu machen. Doch je länger die Uhr tickt, desto ungewisser ist, ob Luxemburg den Zeitplan einhalten kann.

Keine Eile bei Cannabis-Legalisierung

Schneiders Nachfolgerin im Gesundheitsministerium, Paulette Lenert, ist seit Februar für die Gesundheit im Großherzogtum zuständig – derzeit also vor allem für den Kampf gegen die Corona-Pandemie. Die Juristin hat bislang keinen Hehl daraus gemacht, dass sie die Legalisierung von Cannabis – verbunden mit einer strengen Reglementierung – derzeit nicht für vordringlich hält.

„Die Regierung hat sich kein spezifisches Stichdatum gegeben, bis wann die Regulierung in Kraft treten soll“, teilt eine Ministeriumssprecherin jetzt mit. Prioritär sei, „dass sich die Regierung die nötige Zeit gibt, um dieses Unterfangen adäquat und in Ruhe ausarbeiten zu können“.

Noch im Mai 2019 war Minister Schneider gemeinsam mit seinem Justiz-Kollegen Félix Braz von einer dreitägigen Erkundungstour nach Kanada vor die Presse getreten. Wichtige Teile des kanadischen Modells der Cannabis-Legalisierung seien auch für das gut 600.000 Einwohner:innen zählende Luxemburg nutzbar, hieß es damals.

Wer Gras kaufen darf

In einem Eckpunkte-Papier wurde festgeklopft: Wer länger als sechs Monate in Luxemburg wohnt und älter als 18 Jahre ist, soll pro Monat bis zu 30 Gramm Cannabis kaufen dürfen. Und zwar an 14 Verkaufspunkten im Großherzogtum. Das Cannabis soll von zwei speziell zugelassenen und ständig kontrollierten Unternehmen hergestellt werden.

Land soll nicht das „neue Amsterdam“ werden

„Luxemburg wird nicht das neue Amsterdam sein“, versicherte Schneider damals. Es gehe darum, ein öffentliches Gesundheitsproblem zu lösen: Der Schwarzmarkt solle beseitigt, verschmutztes und zu starkes Cannabis ferngehalten werden. Ihm sei bewusst, dass Cannabis sehr gesundheitsschädlich sein könne.

Auch Nachfolgerin Lenert wies in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage darauf hin, dass in den vergangenen fünf Jahren die durchschnittliche Konzentration des psychoaktiven Wirkstoffs in illegal gehandeltem Cannabis (Delta-9-Tetrahydrocannabinol/THC) von 11,6 auf mittlerweile 18,4 Prozent angestiegen sei. Damit seien die „potenziellen Risiken“ des Cannabis gestiegen – „neue Lösungsansätze“ seien nötig.

Das sei aber eine „komplexe Herausforderung“. Das kanadische Modell könne „nicht eins zu eins auf den luxemburgischen Kontext angewendet werden“, sagt eine Ministeriumssprecherin. Auch in den Niederlanden, wo Cannabis nur toleriert wird, gebe es ein interessantes Projekt über die kontrollierte Versorgung mit dem Rauschmittel.

Im Oktober 2018 hatte Kanada als zweites Land der Welt den Anbau, Verkauf und Konsum von Cannabis legalisiert. 2014 hatte Uruguay als weltweit erster Staat den Anbau und Verkauf von Cannabis unter staatlicher Kontrolle erlaubt. Luxemburg wäre nach Angaben des EU-Beobachtungszentrums für Drogen mit Sitz in Lissabon das erste Land in Europa, das diesen Weg geht.

Eine Reihe von Fragen muss in Luxemburg nun geklärt werden. Dabei geht es nicht nur um die Kontrolle des Verkaufs und der Produktion, sondern auch darum, wie hoch oder niedrig Cannabis besteuert werden soll.

Insolvenz von CBD-Geschäften?

Sascha Theis schwant Böses: Der Unternehmer hat in den vergangenen beiden Jahren 19 Läden in Luxemburg eröffnet, in denen er legale Cannabis-Produkte (CBD) verkauft, also solche mit extrem geringem THC-Anteil. Seit Dezember 2019 erhebt der Staat darauf nicht nur 17 statt zuvor 3 Prozent Mehrwertsteuer. Auch werden seit Jahresanfang 33,5 Prozent Tabaksteuer fällig. „Fast alle CBD-Geschäfte werden hierdurch in naher Zukunft in die Insolvenz getrieben“, sagt Theis, der in der Nähe von Idar-Oberstein (Kreis Birkenfeld) wohnt und weiter gegen die Tabaksteuer klagen wird.

Der staatliche Preisaufschlag von insgesamt 50 Prozent führe zu einem Wiederaufblühen des Schwarzmarktes. „Ein Schritt in die komplett falsche Richtung“, meint Theis. Kunden bestellten jetzt online in Deutschland oder Österreich und sparten dadurch die luxemburgische Tabaksteuer. Wenn die Behörden in ähnlicher Weise den Markt für das berauschendere THC-Cannabis legalisieren wollten, dann sei das „völlig unsinnig“: Wegen der hohen Preise werde dann „THC-Cannabis weiterhin auf dem Schwarzmarkt gekauft“.

Die Arbeiten am nationalen Konzept zur Legalisierung von Cannabis seien „noch nicht abgeschlossen“, teilte Lenert dem Parlament mit. Die Regierung strebe deshalb „weiterhin eine adäquatere, zeitgemäßere und lösungsorientiertere Regulierung des weit verbreiteten Cannabis-Konsums für nicht-medizinische Zwecke in Luxemburg“ an.

Verwendete Quellen:
– Deutsche Presse-Agentur