Margarete Bacher: Ihr legendäres Restaurant in Neunkirchen schließt für immer

Die Hostellerie Bacher in Neunkirchen Kohlhof war eine Legende - wie die Chefköchin Margarethe Bacher selbst. Sie war die erste Frau in Deutschland, die sich den Michelin-Stern erkocht hatte. 2005 starb sie. Ihr Restaurant gab es weiter. Jetzt endet die Ära Bacher endgültig.
Das Foto zeigt Margarethe Bacher
Margarete Bacher war die "Grande Dame" der saarländischen Sterne-Gastronomie. Viele heutige Spitzenköche standen einst als Azubis in ihrer Küche in Neunkirchen-Kohlhof. Fotos/Montage: BeckerBredel/Adobe Stock
Das Foto zeigt Margarethe Bacher
Margarete Bacher war die "Grande Dame" der saarländischen Sterne-Gastronomie. Viele heutige Spitzenköche standen einst als Azubis in ihrer Küche in Neunkirchen-Kohlhof. Fotos/Montage: BeckerBredel/Adobe Stock

Von der Küchenhilfe zu Deutschlands erster Sterne-Köchin

Eine legendäre Adresse der saarländischen Restaurantszene verschwindet für immer. Diese Nachricht wird Gourmet-Fans erschüttern, mindestens aber nostalgisch-wehmütig stimmen. Der Hinweis steht nun auch fast unscheinbar auf der Website des Betriebes: „Ab 1. Oktober stellen wir auf Grund von personellen Umstrukturierungen den Restaurantbetrieb ein. Das Hotel und unsere Räumlichkeiten bleiben weiterhin geöffnet.“

Es handelt sich um die Limbacher Straße 2. Sie liegt im Neunkircher Stadtteil Kohlhof. Dort wirkte bis 2004 die „Grande Dame“ der saarländischen Sterne-Küche – Margarethe Bacher. Ein Jahr später starb sie. Ihr langjähriger Souschef und Ehemann ihrer Nichte, Hermann Wögerbauer, übernahm. Jetzt endet eine ganz besondere Ära auf dem Neunkircher Kohlhof.

Heute Sterne-Köche, bei Margarethe Bacher gingen sie erste Küchen-Schritte: Cliff Hämmerle (Blieskastel) und Alexander Kunz (St. Wendel und Kunz Theatre). Fotos: BeckerBredel

Hummer für die Direktoren des Neunkircher Eisenwerks

Der Name Bacher ist auch heute noch legendär – weit über den Kohlhof hinaus. Margarethe Bacher, 1934 im damaligen Jugoslawien geboren, kam 1953 als Spätheimkehrerin nach Deutschland. Ihre Karriere begann 1958 als Küchenhilfe im Casino der Neunkircher Eisenwerke, zu der Zeit das wirtschaftliche Herz der Hüttenstadt. Ihre genaue Berufsbeizeichnung hieß damals „Herdmädchen“, mit Talent und Fleiß wurde Margarethe Bacher schließlich Küchenchefin des Hütten-Casinos. Damals eine feine Adresse. Der Eisenhütte ging es noch prächtig. Margarethe Bacher bekochte die Hütten-Direktoren und deren Geschäftspartner. In einem Gespräch mit dem „Zeit Magazin“ erzählte sie einst: „Man glaubt das heute nicht, aber damals wurde dort schon so gekocht wie heute: Alles war da: Hummer, Edelfische, Wild, was Sie wollen!“

Die Eisen- und Stahl-Ära endet, die Ära Bacher beginnt

1982 endet die Hütten-Ära in Neunkirchen. Schluss mit Stahl, Eisen – und mit Hummer und Wild. Für Margarethe Bachers Ausnahme-Talent wurde die Casino-Küche schon 1978 zu klein. Sie machte sich mit ihrem Restaurant selbständig und nannte es – selbstbewusst für diese Zeit – nach sich selbst: Hostellerie Bacher. Erst in Neunkirchen, später im Stadtteil Neunkirchen-Kohlhof.

Die anonymen Test-Esser des Guide Michelin entdecken die ambitionierte Köchin sehr schnell: Nur ein Jahr nach der Gründung, 1979, erkochte sich Margarethe Bacher den Michelin-Stern. Sie behielt ihn bis 2004. Ein Jahr davor schrieb die Michelin-Redaktion im „Guide“ von 2013: „Freuen Sie sich auf eine klassische Küche mit viel Geschmack.“ Der Michelin neigt von Haus aus nicht zu Überschwang – so sind die Zeilen als höchstes Lob zu verstehen. Als Spezialität hat den Testern die „geräucherte Gänsestopfleber“ und das „Taubenkotelett mit Trüffel und brauner Zwiebelsoße“ besonders gemundet. Sie freuen sich außerdem über die „bemerkenswerte Weinkarte“.

Margarethe Bacher war die erste Frau in Deutschland, die mit einem Stern ausgezeichnet wurde. Sie galt als Pionierin der Nouvelle Cuisine – war gleichzeitig Vorbild für junge Köchinnen in der stark männerdominierten Welt zwischen Herd und Anrichte. Petra Roth-Püngeler, die später mit ihrem Ehemann Werner das auch bei Saarländer:innen beliebte Restaurant Schneider in Dernbach (südliche Weinstraße) betrieb, ist ein positives Beispiel hierfür: Nach mehreren Stationen kam sie 1986 zu Margarethe Bacher in die Küche. Nur ein Jahr später holte sie als erste Frau den Weltmeistertitel der „Chaîne des Rotisseurs“. Doppeltes Glück: Sie lernte in der Hostellerie auch ihren heutigen Ehemann Werner kennen – ebenfalls ein Bacher-Schüler.

Heutige Sterneköche waren Azubis in Bachers Küche

Gäbe es die saarländische Küche in der heutigen Qualität ohne den Einfluss von Margarethe Bacher? Wahrscheinlich nicht. 1993 verlieh ihr Oskar Lafontaine, damals Ministerpräsident und bekennender Gourmet, den saarländischen Verdienstorden.

Eine ganze Reihe heutiger Spitzenköche der ersten Garde standen als Azubis an Margarethe Bachers Herd oder gingen mit ihr erste wichtige gastronomische Schritte. Cliff Hämmerle, heute Sternekoch in Blieskastel und beliebter SR-Fernsehkoch, lernte bei ihr. Genauso Alexander Kunz, der sich am Saarbrücker Osthafen mit seinem „Alexander Kunz Theatre“ sehr erfolgreich in eine ganz neue Gastro-Liga vorgewagt hat. Seit 1999 verteidigt er dazu noch im heimischen Restaurant in St. Wendel-Bliesen Jahr für Jahr den Michelin-Stern. Wolfgang Quack (Villa Weismüller in Saarbrücken) ist ein weiterer anerkannter Koch, den die frühe Arbeit mit „der Bacher“ geprägt hat.


Alexander Kunz, der Schöpfer der beliebten Dinner-Show, startete einst als Azubi bei Margarethe Bacher. Fotos: Christian Lauer/BuB

Cliff Hämmerle: Bei der Qualität war Margarethe Bacher kompromisslos

Das Buch „Saarbrücken à la carte“ des Saarbrücker Stadtarchivars Hans-Christian Herrmann widmet dem Einfluss Margarethe Bachers auf die saarländische Genusskultur ein großes Kapitel. Cliff Hämmerle sagt darin über seine Lehrmeisterin: „So freundlich und liebenswert sie persönlich war, so kompromisslos war sie bei der Qualität ihrer Arbeit. Was nicht ihren Ansprüchen genügte, musste neu zubereitet werden, selbst wenn es schon nach Mitternacht war.“

Tatkräftiger Einsatz für ihre später prominenten Lehrlinge

Genauso kompromisslos setzte sie sich für ihre Lehrlinge ein – und im Zweifel auch tatkräftig durch: Alexander Kunz erinnert sich im gleichen Kapitel, dass sie nachmittags schon mal den Berufsschullehrer anrief, um Dinge persönlich „zu klären“. Beispielsweise, wenn die in der Schule vorgetragene Theorie nicht mit der gelebten und gelehrten Praxis in Margarethe Bachers Küche übereinstimmte. Meldete sich der Name Bacher am Telefon, machte das seinerzeit ohne Zweifel Eindruck beim Lehrpersonal.

Die Ausbildung junger Köchinnen und Köche war ihr zeitlebens ein Herzensanliegen. Wenn nun ihre alte Wirkungsstätte endgültig schließt, tröstet es ein wenig, dass ihr Einfluss bei den nachfolgenden Generationen weiterlebt und sie in der saarländischen Gourmetlandschaft deutliche Spuren hinterlassen hat. Ihr langjähriger Souschef, der gebürtige Österreicher Hermann Wögerbauer, hatte „ihr“ Restaurant viele Jahre unter dem Namen Hostellerie Bacher-Wögerbauer weitergeführt – mit einer leichten, französischen Küche und einem Einschlag aus seiner Heimat jenseits der Alpen.

Die Sterne-Ambitionen waren zwar mit der Ära der großen Chefin passé – die Küche konnte sich dennoch sehen und schmecken lassen. Dieses Kapitel der saarländischen Gourmet-Geschichte endet jetzt. Nur das Hotel wird es weiter geben.

Korrektur:

In einer früheren Version dieses Beitrags hatten wir geschrieben, dass Margarethe Bacher Chefin des Casinos der Neunkircher Eisenwerke wurde. Chef und Leiter des Casinos war von 1954 bis 1965 Erich Vick. Darauf hat uns seine Tochter hingewiesen. Margarethe Bacher wurde die Küchenchefin der noblen Hütten-Adresse.
Die Tochter des ehemaligen Casino-Chefs schreibt weiter: „Bis zum Tod meines Vaters lebten wir im Casino, und ich hatte bis zum Tod von Frau Bacher noch oft Kontakt zu ihr. Die Hostellerie war immer eine gute Anlaufstelle für mich, wenn ich von meinem jetzigen Wohnort Wiesbaden mal wieder Sehnsucht nach der Heimat bekam.“

Verwendete Quellen:
– eigene Recherche
Saarbrücken à la carte – Die Geschichte der Genussregion Saarland (2012), Stadtarchiv Saarbrücken